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Wer den Winter liebt — die Geschichte des Wintersports V


Schneeschuhe dienen dazu, sich in schneebedeckten Gebieten fortzubewegen und sind seit Tausenden von Jahren in vielen schneereichen Regionen verbreitet. Sie ermöglichen eine gleichmäßige Verteilung des Körpergewichts über eine größere Fläche, wodurch ein Einsinken der Füße in den Schnee verringert wird. In vergangenen Zeiten wurden die sperrigen Schneeschuhe vor allem von Jägern und Bauern genutzt, um sich in den schneebedeckten Landschaften mühsam fortzubewegen, ohne im Schnee zu versinken. Besonders im Spätwinter, wenn der Schnee alt, harsch und firnig ist, trägt er besonders gut.





Am Gurgler Eisjoch (3151 m ü. A.) in den Ötztaler Alpen wurde 2003 ein Schneeschuh entdeckt, der älter als Ötzi zu sein scheint. Der Schneeschuh, der bei Vermessungsarbeiten des italienischen Militärs gefunden wurde, besteht aus einem ca. 1,5 m langen Birkenast, der zu einem rund-ovalen Rahmen mit 32 cm Durchmesser gebogen wurde. Im Inneren sind mehrere Stränge gespannt. Zwei unabhängige Radiokarbondatierungen ergaben, dass der Schuh aus der späten Jungsteinzeit stammt, also zwischen 3.800 und 3.700 vor Christus. Der Schneeschuh wurde dem Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen übergeben. Die Existenz des Schneeschuhs liefert einen Beleg dafür, dass sich Menschen bereits in der Jungsteinzeit im Bereich des Alpenhauptkammes aufhielten und auch unter extremen Bedingungen Mittel und Wege fanden, die unwirtlichen Höhen des Alpenkamms zu überqueren. Bis vor wenigen Jahrzehnten trugen Menschen in der Region Schneeschuhe, die nahezu identisch mit dem rund 6.000 Jahre alten Fund vom Gurgler Eisjoch waren.


Der 5.800 Jahre alte Schneeschuh vom Gurgler Eisjoch aus Birkenholz (c) Amt für Archäologie der Provinz Bozen / Südtiroler Archäologiemuseum


In der Urgeschichte gab es verschiedene Gründe, warum Menschen sich im Hochgebirge aufgehalten haben könnten, und Spekulationen sind möglich:


  1. Jagd: Hochgebirgsregionen waren oft reich an Wildtieren, die für die Ernährung der Menschen wichtig waren. Jagdexpeditionen könnten eine häufige Aktivität gewesen sein.

  2. Viehweidung: Nomadische Gemeinschaften könnten ihre Herden zur Weide in höhere Gebiete gebracht haben, um frisches Gras und Wasser zu finden.

  3. Kultstätten: Viele Kulturen betrachteten Berge als heilige Orte und haben möglicherweise Pilgerreisen zu Gipfeln oder besonderen Stätten in den Bergen unternommen.

  4. Handelsreisen: Hochgebirgsregionen könnten als Verbindungswege zwischen verschiedenen Regionen gedient haben. Menschen könnten Handelsreisen unternommen haben, um Waren zwischen Tälern und über Pässe zu transportieren.

  5. Flucht vor Feinden: In Zeiten des Konflikts oder der Verfolgung könnten Menschen in die Berge geflohen sein, um sich zu verstecken oder sich zu verteidigen.


Diese Gründe könnten einzeln oder in Kombination dazu geführt haben, dass Menschen in der Urgeschichte das Hochgebirge aufgesucht haben. Die tatsächlichen Beweggründe hängen wahrscheinlich von der spezifischen Kultur, den örtlichen Gegebenheiten und den sozialen sowie ökonomischen Bedingungen ab.



Im Norden trugen in der Wikingerzeit aber nicht nur Menschen Schneeschuhe: So fand man

während des Rückzugs eines schmelzenden Gletschers in Zentralorwegen entlang eines Bergpfades am Pass einen Schneeschuh für ein Pferd.



Ein Schneeschuh für Pferde, der auf fast 2000 Metern Höhe auf dem Eis liegend gefunden wurde

© Cover Images/Espen Finstad/secretsoftheice.com / Picture Alliance



Auch der griechische Historiker und Philosoph Strabon (ca. 63 v. Chr. – ca. 24 v. Chr.) erwähnte, dass die Bewohner des Kaukasus flache Lederflächen und Armenier runde Holzflächen benutzten, um im Schnee nicht zu versinken.


Die Bauarten antiker Schneeschuhe unterscheiden sich regional. Die Verwendung von Holzbrettchen ist auch in den Alpen bis in die nahe Vergangenheit bekannt.


Schneeschuhe im Rätischen Museum, Graubünden, Schweiz: Dieser Schneeschuh aus Eschenholz wurde um 1940 für die Naturfreunde Landquart hergestellt. Er stammt aus Malans. (Rätisches Museum, Graubünden)



Auch das Militär verwendete Schneeschuhe, zum Teil aus Metall.



Auch heute noch sind beim Österreichischen Bundesheer im Winterkampf, besonders die Aufklärung, Schneeschuhe im Einsatz.





Das Schneeschuhwandern erfreut sich besonders im Spätwinter großer Beliebtheit, da zu dieser Jahreszeit oft noch ausreichend Schnee liegt und die Landschaft eine zauberhafte Kulisse bietet. Es ist ein beliebter Freizeitsport, der es den Menschen ermöglicht, die winterliche Natur in ihrer vollen Pracht zu erleben und abseits der ausgetretenen Pfade zu wandern. Die Stille der verschneiten Wälder und die frische Luft machen das Schneeschuhwandern zu einem besonderen Erlebnis für Natur- und Sportbegeisterte gleichermaßen.


Impressionen vom Schneeschuhwandern in den steirischen Bergen (Bilder aus dem eigenen Fundus)




Schnee im Spätwinter

Firnschnee entsteht durch vielfaches Auftauen und Wiedergefrieren und wird dabei körnig. An sich wird als Firnschnee Schnee in Hochgebirgslagen bezeichnet, der mindestens seit einem Jahr liegt [althochdeutsch firni bedeutet „vorjährig“, „alt“] und somit eine Ablationsperiode überstanden hat. Daher bezeichnen wir landläufig „alten“ Frühjahrsschnee ebenfalls als Firn, was im weiteren Sinne richtig ist. Als Harsch bezeichnet man Altschnee mit einer verfestigten Schneedecke infolge wechselnder Witterungsperioden (Tauwetter, Frostperioden). Bruchharsch ist oberflächlich angetauter und plattig überfrorener Tiefschnee und tritt auf, wenn eine verhärtete Schicht über einer weichen Schicht liegt und nicht mehr trägt. Windharsch entsteht durch die windgetriebene Verdichtung des oberen Bereichs der Schneedecke.

Übereister Windharsch am Hochwechsel, teils mit Überwehungen


Sonnenharsch entsteht durch das wechselnde Antauen durch die tagsüber vorhandene Sonneneinstrahlung und das anschließende nächtliche Gefrieren. Der Begriff "Harschdeckel" bezeichnet die oberste Schicht des Schnees, die nachts durch die Abstrahlung gefriert. Die Dicke des Schmelzharschdeckels variiert je nach Temperatur und Abstrahlung und bestimmt, wie lange man im Frühjahr auf Schnee unterwegs sein kann. Der entstandene Deckel ist in der Früh oft pickelhart, manchmal griffig, aber gelegentlich auch glatt und rutschig. Durch Sonneneinstrahlung und warme Umgebungsluft wird der Harschdeckel oberflächlich aufgeweicht. Als Sulz bezeichnet man schweren und nassen Schnee, der stark zusammenklebt. Sulzschnee wird auch als Faulschnee bezeichnet und befindet sich oft unter dem Harschdeckel. Er besteht aus großen Schmelzkörnern und, un tiefer, schwerer Sulzschnee ist beim Schifahren ideal zum "Haxenbrechen".




Eisige und schneeige Wortherkünfte

Harsch

Das Adjektiv harsch bedeutet 'hart, rauh, eisig', im übertragenen Sinne 'barsch, unwirsch' und wurde Ende des 17. Jahrhunderts in die Literatursprache aufgenommen. Daneben gibt es das verwandte Substantiv Harsch, das 'gefrorener Schnee, Schneekruste' bedeutet und ein altes Wort in den oberdeutschen Mundarten ist, das im 19. Jahrhundert in die Literatursprache eingegangen ist. Frühere Ableitungen sind das Verb harschen, das bedeutet 'hart, krustig werden' (vom Schnee) und das verstärkende Verb verharschen, das 'verkrusten' bedeutet (vom Schnee oder von der Wunde), seit Anfang des 15. Jahrhunderts nachweisbar. Die Wortgruppe gehört mit dem Mittelniederdeutschen harst 'Harke' und der nordischen Gruppe von dänisch harsk, schwedisch härsk zumiindoeuropäischen kars- 'kratzen, striegeln, krempeln'.


Harschschnee in Kitzbühel in Tirol (Bild: Klaus Kogler, meinbezirk.at)



Sulz

Sulz stammt vom Althochdeutschen sulza ab, was 'Salzwasser, Sülzwurst' bedeutet (9. Jahrhundert). Sülze bedeutet 'Salzwasser, Sole, Brühe, gallertartige Speise' und steht in Zusammenhang mit Salz. Das indoeuropäische Wurzelwort sal-, səl- für 'Salz' kommt in verschiedenen Sprachen vor: Indoiranisch, Armenisch, Phrygisch/Dakisch, Griechisch, Illyrisch, Albanisch, Italienisch, Keltisch, Germanisch, Baltisch, Slawisch, Tocharisch. Gemeint ist gallertartiger Schnee.


Firn

Firn bezeichnet 'vorjährigen Schnee im Hochgebirge' oder 'ewigen Schnee'. Das Substantiv Firn ist verwandt mit dem Adjektiv firn im oberdeutschen Dialekt, das in temporaler Bedeutung auftritt und 'letztjährig' bedeutet (firner Wein war bis ins 20. Jahrhundert üblich). Dies ist vergleichbar mit dem althochdeutschen firni für 'alt, hinfällig' (8. Jahrhundert). In bairisch-österreichischem Dialekt existiert Firner oder Ferner für 'mit ewigem Schnee bedeckter Gipfel, Gletscher', wobei es sich um eine substantivierte Kürzung aus firner oder ferner Schnee handelt.


aper

Das Wort "aper" bedeutet "schneefrei" und wird vor allem im süddeutschen, österreichischen und schweizerischen Raum verwendet, um zu beschreiben, dass etwas nicht mehr vom Schnee bedeckt ist. Die etymologische Herkunft des Wortes "aper" liegt im Althochdeutschen "abar" mit der Bedeutung "besonnt, sonnenbeschienen, warm, trocken", wie auch mittelhochdeutsch "aber", was in gleicher Bedeutung verwendet wurde. Die genaue Herkunft ist jedoch unklar. Eine mögliche Ursprungslinie wäre das germanische af, Adv., Präp., was "ab, weg" bedeutet, oder indoeuropäisch apo-, pō̆, apu für "ab, weg"; in der Bedeutung von "wo der Schnee weg ist".


hal

Wenn angetauter, harscher Schnee überfriert, ist es hal. Das bedeutet rutschig, glitschig, glatt, eisig und wird im joglerischen Dialekt noch verwendet. Das Wort "hal", auch "haal", ist ein uraltes Wort, das auf das Althochdeutsche "hāli" und das Mittelhochdeutsche "hæl(e)" zurückgeht.

Im Althochdeutschen hatte es die Bedeutung von glatt, schlüpfrig, glitschig, hinfällig, fallend machend, gleitend, strähnig, unbeständig, flüchtig, unsicher.

Im österreichischen Dialekt wird oft "hāl" verwendet, wobei das "ä" zu "a:" wird, wie in Wörtern wie "Kas", "Jager" oder "Madl". Heutzutage findet sich eine ähnliche Verwendung im Schwedischen, wo "hal" für "glatt, schlüpfrig" steht, sowie für "glattzüngig".

Auch in alemannischen Dialekten hat es als "häl" überlebt und bedeutet "glatt" oder auch "schlau" bzw. "falsch". Das Wort "hal" existierte auch im Altenglischen.

Ursprünglich stammt es vom germanischen Wort "hēla-", "*hēlaz", "*hǣla-", "*hǣlaz", "*hēlja-", "*hēljaz", "*hǣlja-", "*hǣljaz", das sich auf Eigenschaften wie "erfroren" oder "glatt" bezieht, und stammt urspunglich von der indoeuropäischen Wurzelwort "*k̑el-" (1) und "*k̑elH-", das mit dem Verb "frieren" sowie den Adjektiven "kalt" und "frostig" in Verbindung steht.


Eis

Das Wort "Eis" ist seit dem 8. Jahrhundert belegt. Im Mittelhochdeutschen wird es als "īs" geschrieben, im Althochdeutschen als "īs", und im Urgermanischen als "*īsan". Es findet sich auch im Niederdeutschen als "ies" und im Englischen als "ice".

Die indogeuropäische Wurzel dieses Begriffs ist "*h₁eiH-so-"in der Bedeutung von ‚Eis, Frost‘, die sich im Sanskrit als "ina" zeigt.


Schnee

Das Wort "Schnee" stammt aus dem Althochdeutschen und wird dort als "snē" bezeichnet.

Die germanische Wurzel dieses Begriffs lautet "*snaiwa-", "*snaiwaz", "*snaigwa-", "*snaigwaz" und bezeichnet ebenfalls "Schnee". Die indoeuropäische Wurzeln von Schnee sind "*sneigᵘ̯ʰ-", snigᵘ̯ʰ- , *snoigᵘ̯ʰos.

Die indoeuropäische Wurzel "*sneigᵘ̯ʰ-" ist die Ursprungswurzel für das Verb "schneien" oder "ballen". Diese Wurzel findet sich in verschiedenen indoeuropäischen Sprachzweigen, einschließlich des Indoiranischen, des Griechischen, des Italienischen, des Keltischen, des Germanischen, des Baltischen und des Slawischen.


Altschnee auf der Tauplitz im Mai 2019






Quellen






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