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Walpurgisnacht und Maibaum


In fast jeder Gemeinde in Österreich wird am Abend des 30. April oder am 1. Mai ein Maibaum aufgestellt und mit grünen Kränzen und bunten Bändern geschmückt - als Ausdruck von Fruchtbarkeit und Lebensfreude. Seinen Hof schützte früher man in der Walpurgisnacht durch nächtliches Peitschenknallen, ausgelegte Besen und Maibüsche. Manchmal werden auch Maifeuer entzündet. Der Monat Mai gilt als beliebter Hochzeitsmonat, und so wurde einst aus dem Maibaum der sogenannte Brautstab geschnitzt, der das Paar ein Lebenlang begleitete.




Heilige Walpurga

Die Namensgeberin für die Walpurgisnacht, die Heilige Walpurga, war eine angelsächsische Adelige, die im 8. Jahrhundert (* um 710 in Devonshire in England, † 25. Februar 779 oder 780 in Heidenheim in Mittelfranken in Bayern) lebte. Sie kam als Missionarin mit ihrem Onkel, dem Hl. Bonifatius, nach Süddeutschland, wo sie als Klostergründerin und Äbtissin am 25. Februar 779 starb. Am 1. Mai 870 wurden ihre Reliquien nach Eichstätt in Bayern übertragen und danach das Fest auf diesen Tag gelegt. Aus ihrem Steinsarg soll wundertätiges Öl fließen. Deshalb wird sie mit einem Ölfläschchen abgebildet. Drei Ähren in ihrer Hand verweisen auf die Legende, dass sie Kinder vor dem Hungertod bewahrte. In Wiener katholischen Kirchen befinden sich Darstellungen im Stephansdom, in der Peterskirche und Breitenseer Pfarrkirche.


Walburgas Hochgrab in der Kirche des ehemaligen Klosters Heidenheim, 13. Jahrhundert.


Als Äbtissin des deutschen Doppelklosters Heidenheim war sie eine der bedeutendsten Frauen des christlichen Europa ihrer Zeit. Ihre Heiligsprechung erfolgte am 1. Mai (vermutlich 870 durch Papst Hadrian II.) anlässlich der Umbettung ihrer Gebeine nach Eichstätt, wo sich ein starker Reliquienkult entwickelte. Walpurgis ist die Patronin der Kranken, Wöchnerinnen und Bauern und gilt als Schutzheilige gegen Pest, Husten und Tollwut.




Der Maibaum


Kurze Geschichte des Maibaums

Die Tradition, einen Maibaum aufzustellen, ist also in einer Vielzahl von Regionen verbreitet. Von Bayern über das Rheinland, Saarland, Emsland, Ostfriesland, Nordrhein-Westfalen, Franken, Baden, Schwaben, der Pfalz, Teilen Sachsens, Sachsen-Anhalts, Thüringens und der Lausitz bis nach Österreich, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Ungarn und Teilen von Rumänien wird der Maibaum am 1. Mai aufgestellt. In anderen Regionen geschieht dies auch zu Pfingsten. Besonders in Baden-Württemberg, Bayern, der Pfalz und Österreich ist das feierliche Aufstellen eines Baumstammes auf dem Dorfplatz üblich, während in Schweden der Brauch eher zu Mittsommer (bzw. am Johannistag) praktiziert wird. In der Schweiz ist das Maibaumaufstellen vor allem in ländlichen Gemeinden anzutreffen.


Erste Belege für den Maibaum in Österreich findet man am Babenbergerhof in Wien erstmals  im Jahr 1230. In Wien hatten die Babenberger Herzöge die Aufgabe, einen Baum aufzustellen und zu schmücken und die Maifeiern für die Bevölkerung auszurichten. Diesem Umstand verdanken wir eine der ältesten schriftlichen Erwähnungen des Maibaums aus dem Jahre 1230. Damals beklagten die Untertanen von Herzog Leopold IV. dem Glorreichen wie folgt:

„Wer singet uns nu vor / zu Wienn auf dem Chor […] Wer singet uns nu raien / wer zieret uns nu die maien?“

Erst später übernahmen Burschengruppen diesen Brauch, wobei schon damals das Stehlrecht galt. Heute heißt es noch in manchen Gegenden, dass ein liegender Baum nicht gestohlen werden darf. Es gilt auch als Regel, dass nur der Maibäume stehlen darf, der auch selber einen aufgestellt hat.


Ansicht Wiens Ende des 15. Jahrhunderts auf dem Babenbergerstammbaum in Klosterneuburg


Der älteste schriftliche Hinweis auf einen Maibaum stammt von Caesarius von Heisterbach, einem Zisterziensermönch, der um 1222 in seinem Kloster bei Königswinter in der Nähe von Bonn eine Abhandlung über die Sitten- und Kulturgeschichte seiner Zeit verfasste. Er verurteilte das Aufstellen eines Maibaums in Aachen und prangerte es als heidnisches Ritual an. Caesarius verband den im "Reineke de Vos" vorkommenden, bis dahin unerklärten Satz "dar hadde hî werf alse meibôm tô aken" mit dem von ihm berichteten Vorgang und deutete diesen Satz so: Ebensowenig wie ein Maibaum nach Aachen gehört, hatte der Fuchs im heiligen Land zu schaffen. Am 1. August im Jahr 1224 ereignete sich in Aachen auch eine Feuersbrunst, welche damals die Stadt einäscherte. Das ist also das Jahr, in dem die Aachener um den "Maibaum" tanzten und ihren pflichtgetreuen Erzpriester misshandelten. Der Stadtpfarrer Johannes bekämpfte damals also in dem Baum einen Rest heidnischer Anschauung, denn die Tradition der Maibaumaufstellung entstammte der Vorstellung nach alten heidnischen Bräuchen. Weitere einzelne Überbleibsel des Heidentums mussten von der Kirche damals noch bekämpft werden. Neben dem Maibaum wurden auch Prozessionen veranstaltet, die ihren Ursprung in heidnischen Vorstellungen hatten.


Auch Martin Luther übersetzte in Psalm 118: "Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars." Die heutige Form des Maibaums, ein hoher Stamm mit belassener grüner Spitze und Kranz, ist seit dem 16. Jahrhundert überliefert.


Etwa um 1650 wurde erstmals ein Maibaum gemalt, wie Biegel berichtet.


Während des Dreißigjährigen Krieges zu Beginn des 17. Jahrhunderts begannen Soldaten damit, am 1. Mai "Ehrenbäume" für Offiziere und Fürsten zu errichten. Diese Geste der Anerkennung für ihre Vorgesetzten gewann schnell an Beliebtheit, sodass die Behörden gezwungen waren, das "Maienschlagen und Maiensetzen" zu verbieten. Trotz der Verbote erwiesen sich diese jedoch als weitgehend wirkungslos, da die Tradition eine starke Anziehungskraft ausübte.



Im 19. Jahrhundert sollte dann der "Hexenbaum" in der Walpurgisnacht dazu dienen, böse Geister zu vertreiben. Sein Stamm musste glatt geschält sein, um zu verhindern, dass sich die Hexen unter der Rinde festsetzten.




Der Baum

Der Maibaum war früher meist eine Birke, weil diese als erster Baum aus ihrer Winterstarre erwacht. Die Birke gilt außerdem als Symbol für Kraft und Anmut, Lebenswillen und Trost, Licht sowie Heiterkeit. Heute wird meist eine Fichte oder Tanne gewählt. Fichten treiben im Wonnemonat Mai aus und gelten als festliches Symbol für die Ankunft des Lichtes wie der Wärme.


Der Baum wird traditionell etwas vor der Walpurgisnacht geschlagen. Er muss so fallen, dass die Spitze unbeschädigt bleibt. Ein ungeschriebenes Gesetz schreibt vor, dass das Aufstellen allein mit Muskelkraft und mit Hilfe von Stangen zu geschehen hat.



Den Dieben scheint es sichtlich Spass zu machen, den Baum aus dem Wald zu stehlen...


Üblicherweise wird der Baum aus dem Wald gestohlen, entweder einige Tage vorher oder am 30. April selbst. An diesem Tag nach dem Mittagessen machen sich die Burschen auf den Weg in den Wald. Dort wird ein Baum gefällt, der meist schon zuvor dazu bestimmt wurde. Unmittelbar nach dem Fällen wird der Baum bis auf den Wipfel abgeschält und schnell entastet, entrindet und geglättet, damit sich die Maibaumkraxler nicht verletzen und damit er noch etwas trocknen kann. Der Stamm des Maibaums strahlt dann weiß wie seine Vorgängerin, die Birke. Manchmal wagen sich die Diebe an besonders große Bäume mit 30 bis 40 Metern, was eine große Herausforderung darstellt. Während einige den Baum schnell umschneiden und abschälen, kommen andere nach, um ihn abzutransportieren. Sobald der Baum aufgeladen und auf der Straße ist, gehört er ihnen. Dann wird der Maibaum rasch in eine Tenne gebracht, wo er verziert und geschmückt wird. Es werden unterschiedliche Muster in die Rinde des unteren Teils geschnitten, zum Beispiel die Jahreszahl, und der obere Teil noch genauer geschält. Schließlich werden zur Verschönerung des Baums ein oder drei Kränze unter den Wipfel gehängt und Fahnen, bunte Bänder und Schleifen daran befestigt. In vielen Ortschaften darf ein Birkenbüschel nicht fehlen, vielleicht ein Relikt aus der Zeit, als Maibäume oft noch Birken waren. Manchmal hängt eine Weinflasche am Baum, die von einem geschickten Burschen erklommen werden kann. Die Gestaltung ist regional unterschiedlich.


Dann erfolgt der feierliche Einzug des Maibaums auf den Dorfplatz unter musikalischer Begleitung.




Das Maibaumaufstellen

Um seine segensreiche Wirkung auf Mensch, Vieh, Häuser und Felder zu entfalten, wird der Maibaum zentral auf dem Dorfplatz aufgestellt, damit er sein Strahlen über das gesamte Dorf ausbreiten kann.

Das Maibaumaufstellen am Vorabend zum 1. Mai ist nach den Osterfeuern das erste gesellschaftliche Ereignis am Land, an dem die dörfliche Gemeinschaft teilnimmt. Oft war es früher die erste Gelegenheit für Mädchen, in die Öffentlichheit zu treten und Heiratsbereitschaft zu zeigen. Das eigentliche Aufstellen beginnt in der Abenddämmerung und dauert oft bis tief in die Nacht hinein, besonders wenn es sich um einen großen Baum handelt.  Bereits am Nachmittag wurde das Loch für den Baum gegraben. Für das Hochhebeln des Baums werden wie in der Vergangenheit „Schw(o)abeln“, „Gabeln“ oder „Spateln“ als Hebel verwendet. Diese werden geschickt mit dem Baum verbunden, um beim Tragen des Gewichts zu helfen. Schritt für Schritt wird der Baum höher geschoben und die „Schwabeln“ entsprechend nachgerückt. Bei einem großen Baum kann das Aufstellen 5—6 Stunden dauern. Die gesamte Dorfgemeinschaft schaut gespannt zu und hilft mit. Wenn der Baum endlich aufgerichtet ist und steht, erfolgt großer Jubel. Für das Volksfest wird oft ein Tanzboden in der Dorfmitte aufgebaut. Dabei spielt die Musikkapelle zum Maientanz, bei dem auch um den Baum getanzt wird, und Mailieder werden gesungen. Es ist ein festliches Ereignis, das die Gemeinschaft zusammenbringt und für Unterhaltung sorgt.


Maibaumaufstellen in St. Lorenzen am Wechsel 2018 (Bild: FB Schuhplattler St. Lorenzen)



Auch in Hartberg war es üblich, dass Burschen hie und da der Liebsten einen Maibaum setzten, entweder einen bis zur Krone abgerindeten Nadelbaum vor das Haus oder ein Waldbäumchen auf den Dachfirst. Bunte Bänder schmückten die Zweige und bedeuteten Ehr' und Lieb als Zeichen heimlicher Huldigung.

Maibaumsetzen in Steiermark. Originalzeichnung von Fritz Bergen, um 1877.


Andererseits konnte eine Verrufene oder Wenigschöne Strohkränze und Fetzen von ihrem Maibaume holen. Auch vor Wirtshäuser wurden Maibäume gesetzt, wofür der Wirt die Burschen unentgeltlich bewirtet und "Maibaumsteigen" veranstaltet. Dabei waren Musik und Tanz, und der behendeste Bursche, der den Wipfel als erster erklimmt, trinkt in den Lüften die Flasche Wein aus, die ihm als Belohnung am Wipfel winkt.



Bandltanz – der Tanz um den Maibaum

In einigen Gegenden wird auch heute noch der sogenannte Bandltanz aufgeführt. Dabei werden die am Wipfel des Maibaums befestigten Bänder in einem Muster um den entrindeten Stamm geflochten. Die verschiedenen Farben ergeben ein buntes Geflecht, das die Paare beim Gegentanz wieder auflösen. Ähnliche Tänze sind auch aus dem Odenwald und dem Taunus in Deutschland sowie aus Frankreich, England, Spanien, Südamerika und Ostindien bekannt. Es wird angenommen, dass das Umtanzen eines Baumes als Symbol des Lebens auf vorchristliche Rituale zurückgeht, doch die genaue Entstehungszeit des Bändertanzes ist nicht bekannt.


Bei dem Bändertanz drängt es sich fast auf, an die Redewendung "bei jemandem anbandeln", d.h. mit jemandem eine Beziehung anbahnen, zu denken.

Bandltanz in Altenmarkt


Deutung und Symbolkraft des Maibaums

Die Volkskundlerin Elisabeth Schiffkorn erklärt, dass der Maibaum seit dem Mittelalter ein starkes Symbol ist, das zeigt, dass man den Winter überstanden hat. Es steht für Wachstum und Fruchtbarkeit und soll eine Lebensrute darstellen.


„Junge starke Männer errichten ein unübersehbares Symbol, um zu zeigen, wir haben den Winter überlebt“,

so die Interpretation der Volkskundlerin.


Die Wurzeln liegen im vorchristlichen Zeitalter. Vorerst dürfte er Sinnbild für die Vertreibung böser Geister, für Lob und Tadel für Mädchen in den Dörfern oder Ehrenbekundung für Persönlichkeiten gewesen sein. In früheren Zeiten war er auch ein Rechtssymbol, das auf das Betretungsverbot der Felder und Wiesen zwischen 1. Mai und der Ernte aufmerksam machte.





Der Brautstab

Aus dem Maibaum wurden früher Brautstäbe geschnitzt, wie sie als Zeichen der Würde des Ehestandes getragen worden sind.


Peter Rosegger schrieb 1875 darüber und damals war er wohl nicht mehr so Recht in Gebrauch. Ältere Ehegatten hatten aber den Brautstab noch und bewahren ihn in ihrem besten Schrank im Haus wie ein Heiligtum auf. Einst ging der Bräutigam ohne diesen Stab nicht zum Traualtar.


Es ist ein etwa vier Fuss hoher Stock mit Knauf und Quaste daran; er bedeutete die Würde und wohl auch die Herrschaft des Mannes über die Frau, so Rosegger. Der Stab wurde nur bei großen Gelegenheiten und wichtigen Familienfesten vom Hausvater getragen, und manch einer ließ sich den Stab auch mit ins Grab legen. Früher galt die Aufnahme eines Stabs als Aufnahme einer Verpflichtung. Das Wegwerfen eines Stabes entspricht der Symbolik der Lossagung und konnte verstärkt werden durch ein Zerbrechen des Stabes, wie bei der "Entsippung". Entsprechend gab es zumindest seit dem Frühmittelalter einen sog. "Thingstab". Auch den Stab über jemanden zu brechen, war einmal ein Brauch bei Gericht, und bedeutet als Redewendung heute noch, über jemanden urteilen; jemanden negativ bewerten.



Eine wichtige Rolle bei der Brautwerbung spielte der Bidlmann. Wenn die Burschen und Mädchen heiratsfähig wurden, begann auch das Brautwerben. Um die Vorgespräche mit der zukünftigen Braut und ihren Eltern einzuleiten, schickten der heiratswillige Bursch und seine Eltern einen "Bidlmann" (Bittelmann, Werber) als Kundschafter. Im Stodertal trug er beispielsweise eine blaue Hose, und wenn jemand eine blaue Hose trug, wurde er oft gefragt: "Gehst du bideln?" Der Bidlmann besuchte die Eltern der Auserwählten und versuchte herauszufinden, wie sie zu einer Hochzeit ihrer Tochter mit seinem Auftraggeber standen. Brachte der Bidlmann gute Nachrichten, besuchte der zukünftige Bräutigam mit seinem Vater oder seinem Paten die Auserwählte, um die Hochzeit zu arrangieren. Der Bräutigam schenkte seiner Braut und der Zubraut (Hochzeitshelferin der Braut) Schuhe. Dafür erhielten der Bräutigam und der Zubräutigam (Helfer des Bräutigams) ein Hemd, von dem eines von der Braut angefertigt sein musste. Der Bidlmann wurde mit einem Geldgeschenk oder Kleidungsstücken belohnt.


Ähnlich wird auch aus dem Mürztal in Blätter für Heimatkunde 3 (1925) von Pfarrer Johann Tippl berichtet:


Soll nun aber die Sache ernst werben, so sucht sich der angehende Bräutigam einen Fürsprecher ober Bidlmann, der die heikle Aufgabe hat, die Eltern und das Mädchen für die Sache der Brautwerbung zu gewinnen.
In alter Zeit war die Brautwerbung durch die Förmlichkeit eines Kuhhandels eingeleitet worden.
Es gingen nämlich der Bräutigam und der Bidlmann zusammen in das Haus der Braut und fädelten zuerst einen scheinbaren Kuhhandel ein, der auf das eigentliche Vorhaben überleiten sollte. Ging man auf die Sache ein, so folgte freundliche Aufnahme und Bewirtung, sonst aber eine kühle Abweisung, da sich beide einen „Korb"
geholt hatten.


Die Tradition der Brautwerbung unter Anwesenheit eines Bidelmanns war früher weit verbreitet. Selbst wenn die Eltern und Brautleute bereits einverstanden waren, war es üblich, dass gesandte Werber oder Brautboten, oft Verwandte oder Freunde des Bräutigams, feierlich um die Braut warben. Sie wurden im Althochdeutschen "pitil", im Mittelhochdeutschen "bitd" genannt, daher der Begriff "Bidelmann", "Brautknecht" oder "Brautführer". Diese Praxis ist zum Beispiel aus der alten Heldensage bekannt, wie beispielsweise Tristan, der als "Bitel" zu Isolde fuhr, um für König Marke zu werben. Auch im Skírnismál, einem Teil der "Edda", findet sich ein Lied über die Brautwerbung. Freyrs treuer Knecht Skírnir (der Reiniger) bot sich an, die Brautwerbung um die Riesin Gerðr für den Gott Freyr zu übernehmen.


"Brautwerbung", Franz v. Defregger (1835-1921)


In der Zeit unserer Ururgroßväter schickte jeder bürgerliche Bräutigam seine Werber zum Haus der Braut. Nun ist es schon lange her, dass dieser Brauch in bäuerlichen Kreisen erhalten war. Dort hat er sich oft noch in seinem ursprünglichen Sinn als echte und manchmal überraschende "Werbung" erhalten und gleichzeitig als Einführung in den rechtlichen Ehevertrag zwischen den beiden Familien. Denn jede Ehe beruhte ursprünglich auf einem Rechtsvertrag zwischen den Familien. Deshalb wurde die Brautwerbung in Tirol beispielsweise früher "Richtig machen" genannt. Oft gab es altes Zeremoniell: Die Werber erscheinen festlich gekleidet mit Blumen und Bändern an Hut und "Bitelstecken" (dem alten Botenstab). Oft wird die Werbung in verblümter Form vorgebracht, wie etwa in Form eines Kuhhandels oder einer Bitte um Tabakfeuer. Besonders feierlich ist die Werbung im Burgenland, wo sie als "Brautmachen" bekannt ist und in der Regel zwei Wochen vor der Hochzeit an einem Samstag stattfindet. Dabei gehen zwei oder mehr "Betmänner" aus der Verwandtschaft des Bräutigams zum Haus der Braut, alle festlich gekleidet. Die Verhandlungen finden nicht mit den Eltern der Braut statt, sondern mit den "Ausgebern", die die Braut vertreten. Die Gespräche werden von den Rednern beider Seiten geführt, und manchmal wird die ganze Angelegenheit wieder rückgängig gemacht. Erst wenn alles in Ordnung ist, genießen sie Brot und Wein, bevor der nächste Schritt erfolgt.



Auch im Dresdner Journal vom 26.09.1875 wird über den Brauch des "Bidelmanns" berichtet: Bei jungen und unerfahrenen Brautpaaren begleitet dieser oft solche Gänge, um sich um sämtliche Belange rund um Heirat und Hochzeit zu kümmern.


Brautpaar aus Ober-Oestreich. Steyersches Brautpaar und Oberösterreich Brautpaar Tracht Original Lithografie Völkergalerie 1840 


In der Steiermark trug auch der Bidelmann mit seinem langen würdigen Hochzeitsrock früher am Hochzeitstag einen bebänderten "Brautführerstock" mit. Der Bidelmann hatte beim Hochzeitsessen auch die Aufgabe, den Spruch auf die Gesundheit des Brautpaares auszubringen:


"Gesundheit, Brautleut', zur Lust und Freud für die Lebenszeit und für die Ewigkeit!"

konnte so ein Spruch lauten. Der Bidelmann war auch für die Vermittlung des ersten Tanzes zuständig.


Wenn in einer Ehe über die ganze Lebenszeit die Goldene Hochzeit gefeiert wurde, stützte sich der greise Ehemann auf seinen Brautstab, der die Form eines Pilgerstabs hatte, und blickte auf die Festgesellschaft und die Früchte seiner Saat.


Süderoog in der Nordsee


Auch auf Süderoog, einer Hallig im nordfriesischen Wattenmeer vor der Westküste von Schleswig-Holstein, gehörte es zu den regionalen Hochzeitsbräuchen, dass der Brautführer mit dem Brautstab um Einlass ins Hallighaus bittet.




Der Maibaum bei Peter Rosegger:

Im Frühsommer durch das schöne steirische Land fahrt, seht ihr in den Dörfern die weißen Schäfte mit den buschigen Wipfeln hoch aufragen über die Dächer. Ihr wisst nun, dass sie entweder einen frommen Sinn bezeugen oder helles Liebesglück bedeuten. Auch die Wirtshäuser stellen mitunter Maibäume auf, um Gäste herbeizulocken. In einzelnen Gegenden pflegt man mit Wein gefüllte, gut verkorkte Flaschen an den Wipfel zu hängen, die dann im Frühherbst, wenn der Baum umgelegt wird, ausgetrunken werden sollen. Solcher Trunk ist für allerlei Herzweh gut.


Das Haus wird beschützt von einem stattlichen Fichtenbaum, der im Sommer die Blitze abwehrt, im Winter die Stürme, und im Frühling ein grüner Tummelplatz ist für all die munteren, jubelnden Vögel, die das stille häusliche Glück hell hinausschmettern unter dem blauenden Himmel über die blühende. Der Bauer wird im Wald einen jungen schlanken Baum schlachten, wird ihn bis an den Wipfel entrinden, an diesem die grünen Zweige schmücken mit bunten Bändern und roten Rosen aus Papier. Manch Bauer wird diesen Baum an der Dreifaltigkeitskapelle aufrichten, dass es ein öffentliches Dankopfer ist.


Manchmal sind auch schlimme Sachen an dem Wipfel, Dinge zu Hohn und Spott, denn so ein Maibaum verdankt seinen Ursprung mitunter der Eitelkeit, der Eifersucht, der Tücke etc.; das Bauernherz hat mehr Kammern als vier. An Maibäumen ist schon manche fröhliche und manche tragische Dorfgeschichte gewachsen. Von schlimmer Bedeutung ist ein verstümmelter Maibaum. Es geschieht oft, dass er schon in der ersten Nacht, oder in einer späteren – denn er steht über den Hochsommer hinein – von boshafter Hand, zumeist aus Eifersucht, beschädigt wird. Da hängt er am Morgen entweder nach einer Seite hin – schief und quer, wie ein Strich durch die Rechnung, oder der weiße Stamm ist befleckt, es flattern an ihm schmutzige Fetzen, oder er ist gar aus seinen Grundfesten gehoben, auf den Boden geworfen worden, und sein Wipfel ist zerzaust, geplündert, ist vielleicht vom Stamm getrennt, auf den Dünghaufen gepflanzt und geziert mit zweideutigen Symbolen. Und der Baum, der von einem lieben Burschen dem Dirndl zur Ehre aufgestellt worden, wird nun ihr zum Schimpf, der nimmer vergeht.


Ein Maisträußlein von Veilchen und Rosenknospen, das in heimlicher Nacht der Bursche der Auserwählten ans Fensterlein steckt, hat für manche mehr Wert als der hochragende weiße Baum. Der Strauß welkt aber, und wenn man seine dürren Blätter ins Gebetbuch legt und sie in späteren Tagen wieder ansieht, so muss man dabei weinen. –




Der Maibaum im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens:

I. Schon im griechisch-römischen Altertum versah man zu bestimmten Zeiten und Gelegenheiten Häuser und Ställe mit Zweigen und Bäumchen zum Schutz gegen Krankheiten und böse Geister. Bis in die Jetztzeit hat sich dieser Brauch in ganz Europa vor allem am 1. Mai und zu Pfingsten erhalten. Im Abendland erscheint er schon in Urkunden des 13. Jahrhunderts. Aber auch zu Johanni ist er in mannigfacher Gestalt zu treffen. Andererseits kommen solche Zweige und Bäumchen in gleichem Sinne schon zu Mittfasten (Lätare), am Gregoriustag (12. März), zu Lichtmess und in der Neujahrsnacht vor, und auch der Weihnachtsbaum ist der Sache nach verwandter Art. Die Absicht des Brauchs ist, Haus und Hof der Menschen und diese selbst durch die unmittelbare Berührung mit den Sprösslingen der neuerwachten Frühlingskraft ebenfalls mit neuer Lebensfülle und Stärke zu sättigen, dagegen alles Böse und Lebensfeindliche zu verscheuchen. So wird das frische Grün – sei es nun in Gestalt bloßer Zweige oder mehr oder weniger großer Büsche und Bäume – an den Wohnungen der Menschen und des Viehes angebracht. Für das Einholen dieses Grüns wird oft der Ausdruck "den Mai suchen" verwendet. Kinder tragen es von Haus zu Haus, und in der Grafschaft Mark werden die Träger, die unter dem Gesänge "Hi breng'k ink den ersten Mai in't Hös" umziehen, mit Wasser begossen. In Ungarn schmückt man die Dachfirste mit solchen Zweigen, damit "der heilige Geist einkehre". Der Brauch vor den Ställen macht die Kühe milchreich und schützt vor Beschwörung. Die Behauptung, dass die Hexe die Blätter der aufgestellten Bäumchen erst zählen müsse, bevor sie ihr schlimmes Werk beginne, hat den ursprünglichen Sinn vergessen. An der Lenne befestigt man an die vor den Häusern aufgesteckten Birken ganz weiße Besen aus geschältem Holz. Auch auf den Düngerhaufen setzen manche Bauern eine grüne Birke, damit sie das Vieh vor Schaden behüte. Die Leute auf dem Walde von Welzheim und Gschwend pflanzen in der Nacht vor dem 1. Mai oder vor Pfingsten ebenso viele Tannenbäume auf die Miststätte vor jedem Hause auf, als Pferde, und ebenso viele Birkenstauden, als Stücke Rindvieh im Stalle sind. Die aufgehende Sonne muss diese Szene beleuchten. Auch die Brunnen werden geschmückt, in Südungarn, damit keine Dürre eine Mißernte verursache. An vielen Orten Siebenbürgens stellt man am 1. Mai vor dem Haus kranker Leute Lindenzweige auf, aus deren Rinde man nach drei Tagen einen Brei kocht, dessen eine Hälfte der Kranke verzehrt; die andere Hälfte wird in fließendes Wasser gegossen, damit seine Krankheit "wegfließe". Der Pfingststrauch, der zuerst ausgesteckt wird, ist der beste. Er wird aufbewahrt, und seine Blätter sollen schlimme Wunden heilen. Wenn man eine Pfingstmaie im Hause aufbewahrt, so schlägt der Blitz nicht ein. In Ovenstädt (Kreis Minden) aber dürfen die Pfingstmaibäume und -sträuße nicht so lange im Hause bleiben, bis sie trocken geworden sind, sonst schlägt der Blitz ein. Dagegen trug man in Anhalt die Pfingstmaie auch, wenn ihre Blätter längst vertrocknet waren, um das Ackerstück herum, um Ungeziefer von den Kohlfeldern zu vertreiben. Im Kreis Nienburg bleiben die Zweige bis zum nächsten Pfingstfest am Hause. Sie halten Blitzschlag, Unglück und Hexen fern.


2. Auch den Mädchen wird ein Maibaum vor ihr Fenster oder vor die Tür oder aufs Dach gesetzt, entweder als Zeichen der Achtung von allen Burschen zusammen oder der Liebsten von einem einzelnen. Bei den Mährern pflanzen die Burschen in der Mainacht das Tannenbäumchen für die Geliebte auf den Düngerhaufen, auch in Schwaben. Wo mehrere Mädchen im Hause sind, erhält jedes sein Bäumchen. Der Baum gilt als Sinnbild des geehrten Mädchens wie auch des Ehrenden, der damit seine Liebe und sogar Werbung und Heiratsantrag zu erkennen geben will, weist aber auch schon auf die künftige Fruchtbarkeit des Verhältnisses hin. An einigen Orten im Gebiet der oberen Nahe besteht jedoch die Ansicht, die Maisträuße stammten von den bösen Hexen. Darum erhalten sie die Leute, die man im Ort nicht leiden mag. Weit gewöhnlicher freilich werden leichtfertige und missliebige Mädchen durch einen dürren Baum mit Lumpen, einen Strohmann und andere hässliche Gegenstände gebrandmarkt, mitunter auch nur durch die Verschiedenartigkeit der Zweige. Verlassene Mädchen ihrerseits rächen sich an untreuen Burschen dadurch, dass sie ihnen an Schnüren aufgereihte Eierschalen oder Schneckenhäuschen vors Fenster hängen.

Oft obliegt es den Frauen, die Einholung des Maies aus dem Walde vorzunehmen, mitunter haben sie das ausschließliche Recht dazu.


3. Eine reine Ehrenbezeugung ist der Mai, der dem Bürgermeister, dem Pfarrer und anderen Standespersonen, ja sogar der Jungfrau Maria und dem lieben Gott gesetzt wird.


4. Von besonderer Würde und Bedeutung als Gegenstand öffentlicher, durch Umtanzen dargebrachter Verehrung ist der von der ganzen Gemeinde errichtete Maibaum. Wir begegnen ihm nicht nur im gesamten deutschen Sprachgebiet, sondern auch in Frankreich, England, Russland, Schweden, Dänemark, bei Wenden, Esten und Circassiern, in Mexiko, Indien und Afrika. Das älteste deutsche Zeugnis vom Jahre 1225 stammt aus Aachen. Der Baum wird am 1. Mai und zu Pfingsten errichtet, aber auch am Mittsommer,

Fronleichnam und am Johannistag. Von da ist er dann auch in die Kirchweih, in die Schützenfeste und andere Feiern hineingeraten.


Auch der Dorfmaibaum ist Vertreter des Frühlings- und Sommersegens und wird dementsprechend gewertet und behandelt. Der Bursche, der bestimmt ist, ihn aus dem Wald zu holen, schmückt Hut und Ranzen mit bunten Bändern. Die Gemeinde muss vollkommen einig sein, wenn man ihn einholen will. Er wird im Wald unter Hersagung alter Sprüche und unter besonderen Bräuchen gefällt. Gewöhnlich nimmt man eine Birke oder eine geschälte Tanne, der man ihre Gipfeläste lässt; auch befestigt man oben an dem Tannenstamm wohl ein Birkenbäumchen. Die Einholung muss vor Sonnenaufgang erledigt sein. Beim Anbruch des Tages soll der Baum noch grün und unversehrt im Wald stehen, und oft beginnt man die Arbeit schon um 1 Uhr nachts, um rechtzeitig zur Stelle zu sein. Im Rheinland legt man vielerorts darauf Wert, dass das Einholen um Mitternacht beendet ist. An manchen Orten gilt es als durchaus notwendig, dass der Baum gestohlen wird. In England zogen im 16. Jahrhundert 20 oder 40 Joch Ochsen den Mai unter dem Geleit von 200–300 Menschen nach Hause. In Anhalt, wo sich die ganze Gemeinde am Sonnabend vor Pfingsten an der Einholung des Maies beteiligt, fällen die Burschen erst eine für die Häuserzahl des Dorfes hinreichende Menge kleinerer Birken; zuletzt schlagen sie einen stattlichen Baum und bringen ihn allein auf einem besonderen Wagen auf den Dorfplatz. Doch ist öfter auch vorgeschrieben, dass der Baum nicht gefahren werden darf, sondern getragen werden muss. Im Rheinland tragen ihn oft hundert Burschen auf ihren Schultern. In Bochum muss er ohne Wagen und Geschirr vor Sonnenuntergang in der Stadt sein. Gewöhnlich wird der Maibaum abgeschält, "damit die Hexen sich nicht unter der Rinde festsetzen", und nur der oberste Wipfel, der eigentliche Träger der Segenskraft, bleibt stehen und wird mit Blumen, Kränzen, silbernen Kettchen und aufgereihten Eierschalen geschmückt, auch mit Esswaren. In Oberbayern trägt der entrindete Stamm die verschiedenartigsten Figuren. Oberhalb des grünen Wipfels weht oft eine Flagge, unterhalb mehrere. Auch ihnen wohnt Heilkraft inne. Wenn ein Kind mit dem bösen Blick behaftet ist, weil der Priester bei seiner Taufe gestammelt hat, so muss es, um davon befreit zu werden, mit einem Lappen einer solchen Fahne am ganzen Leib abgerieben werden. Abends wird der Baum hier und da mit Kerzen oder Lämpchen erleuchtet. Auch wird er mit Wasser begossen. Seine Höhe ist oft ganz gewaltig. Die Burschen klettern wetteifernd an ihm empor und suchen eine der Fahnen oder andere an der Krone befestigte Gegenstände, Band oder Tuch, zu gewinnen. Auch Wettläufe und -rennen zu Pferde nach dem Baum finden statt.


Früh übt sich... der junge Mann will es wissen (Bild: Tschepp Markus, Kronen Zeitung)#


Das Klettern sowohl wie der Lauf betonen recht die Absicht, den "Sommer zu gewinnen" und das segensverleihende Heiltum in kraftvoller Handlung sich anzueignen. Um es in ihren Besitz zu bringen, suchen die Burschen der Nachbarorte den Baum oft zu stehlen, der deshalb scharf bewacht werden muss. Daher war der Maibaum in Ellbach bei Tölz und wohl auch anderswo ganz unten mit Armbrüsten versehen, die drohend nach allen Seiten gerichtet sind. Bei der Entwendung darf keiner der Stricke, die den Baum halten, zerschnitten werden, und wenn die Pfingstsonne über ihm aufgegangen ist, darf er überhaupt nicht mehr entführt werden. Neben dem Mai werden auch Hütten errichtet, die ursprünglich dem siegreich Einziehenden Frühlingsgeist bestimmt sind, und nicht selten wird die im Baum wirkende Kraft durch die gleichzeitige Verkörperung in einem irgendwie mitwirkenden Menschen noch verdoppelt.


In einer Nacht- und Nebelaktion verladener und zum Abtransport bereiter, entwendeter Maibaum


5. Die Liebe der Geschlechter wird in das lenzhafte Treiben mit hineingezogen (vgl. oben 2.). Aus dem Jahr 1585 wird aus England erzählt, dass die Ausgelassenheit bei der Einholung des Maubaums unter zahlreichem Geleit so groß war, dass von den zum Walde mitgehenden Mädchen der dritte Teil die Ehre verlor. Die Mailehen werden oft vor dem Maibaum versteigert, und in Småland (Schweden) umreitet jedes Brautpaar auf dem Zuge zur Trauung dreimal die vor dem Wohnhaus aufgepflockte Maistange. Im Allgäu wird allen denen, die im letzten Jahr geheiratet haben, am Abend vor dem 1. Mai ein Maibaum gesetzt, wofür sie ein Fass Bier stiften. Im Unterinntal bleibt dieser Baum stehen, bis dem Paar das erste Kind geboren wird, und wird dann von den Burschen in aller Stille nachts abgeschnitten. Bleibt das Paar kinderlos, so lässt man ihn stehen. In Bayern unterbleibt das Setzen, wenn die Frau ihrer Niederkunft nahe ist. Der Mann hat sich dann "selbst einen Maibaum gesetzt". Hier und da stiftet umgekehrt der jüngste Hochzeiter den Maibaum. Doch ist es Sitte, dass am Tanz um den Maibaum nur jungfräuliche Mädchen teilnehmen, und wenn ein Mädchen, ohne dessen würdig zu sein, mitgetanzt hat, so wird der Maibaum heimlich umgesägt, so wie die Dorflinde, die am 1. Mai eine gefallene Dirne mitgeschmückt hat, gewaschen und der Rasen oder das Pflaster um sie herum erneuert werden muss.


6.  Der Maibaum wird an manchen Orten noch am Tag seiner Errichtung nach der Umtanzung gestürzt. Beim Fällen wird Bier auf die Säge gegossen. In Deslawen stürzen ihn nach Sonnenuntergang zwei Burschen nieder, und alle streben nach den Bändern. Anderswo bleibt er bis zum nächsten Sonntag stehen. Besonderer Wert wird auf die grüne Krone gelegt. Bei den Wenden in der Lausitz bleibt der Maibaum bis zum Himmelfahrts- oder Pfingsttag stehen. Beim Ausgraben des Bodens um den Baum wird er umtanzt, und der Bursche, der den grünen Wipfel erhascht und abbricht, ist der Held des Tages und wird zum Tanz in die Schenke getragen. Oft bleibt der Maibaum aber auch länger stehen. Der bunte Aufputz des oberbayrischen Maibaums bleibt darauf, bis er von Wind und Wetter zerstört wird oder im nächsten Mai einem neuen Platz macht. An böhmischen Orten bleibt der Maibaum den ganzen Mai hindurch an seinem Standplatz und wird, wie er gesetzt wurde, nächtlicherweise weggeschafft; hier und da bleibt er auch über den Sommer stehen. Im Chiemgau und im Inntal wird er alle 3 bis 5 Jahre erneuert. In Questenberg im Harz wurden Baum und Kranz ursprünglich jährlich erneuert. Später nahm man nur alle 7 Jahre einen neuen Baum, und heutzutage wird ein neuer nur dann geholt, wenn der alte umfällt. Die Aufhängung des Kranzes aber geschieht noch jährlich. Auch in England und anderswo ist die Sitte, den Maibaum nicht jährlich zu erneuern, sondern mehrere Jahre stehen zu lassen, erst jünger. Im 17. Jahrhundert galt es in Frankreich als übles Vorzeichen, wenn der Maibaum von selbst umfiel. Der Fall des Maibaums vor dem Louvre sagte den Tod Heinrichs IV. voraus. Oft wird der Maibaum auch verbrannt. In den Hoch-Pyrenäen bewahrt man den am 1. Mai gesetzten Baum bis zum 23. Juni auf, wälzt ihn dann auf einen Hügel, rammt ihn in die Erde und setzt ihn in Flammen. Im Inntal wird der Maibaum meist zur Nahrung des Sonnwendfeuers verwandt. In Südungarn verbrennt man ihn, damit man das Jahr über vor Hungersnot bewahrt bleibt. Im Prager Kreis brechen sich die jungen Leute Zweige des gemeinschaftlichen Maibaums ab und stecken sie in der Stube hinter den Heiligenbildern fest, wo sie bis zur nächsten Maitagsfeier aufgehoben und dann auf dem Herd verbrannt werden. Mannhardt denkt beim Verbrennen an einen Sonnenzauber. Auch ein Regenzauber wird gelegentlich vorgenommen. In Reichenbach warf man am Johannistag den umtanzten und geplünderten Maibaum schließlich ins Wasser, suchte aber vorher jemanden aus, mit dem man dasselbe tat. Diese Person hieß der Johannes.


Maifeuer


7. Der Ausdruck "Maie", "Maibaum" kommt wohl vom Mai, ist aber an keine Zeit gebunden, und bei den verschiedensten Gelegenheiten als Brautmai, Richtmai, Erntemai usw. erscheinen die grünen Sinnbilder und Träger der Fruchtbarkeit und des Glücks. Über all diese Formen gibt vor allem der erste Band von Mannhardts "Wald- und Feldkulten" sowie die verschiedenen in Betracht kommenden Stücke dieses Handwörterbuchs Auskunft.







Bauernregeln

Regen in der Walpurgisnacht, hat stets ein gutes Jahr gebracht.
In der Walpurgisnacht Regen, bringt uns reichen Erntesegen.
Walpurgisfrost ist schlechte Kost.
Walpurgisfrost ist schlechte Kost.
Sturm und Wind in der Walpurgisnacht, hat Scheune und Keller vollgemacht.


Quellen




Tippl, Johann. "Mürztaler Hochzeitsgebräuche." Blätter für Heimatkunde 3 (1925).

Fischer, Rosa. "Oststeirisches Bauernleben". Mit einer Vorrede von Peter Rosegger. Österreichische Verlagsanstalt Wien. Linz, 1903.

Bächtold-Stäubli, Hans, Hoffmann-Krayer, Eduard : Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. 1927–1942, Berlin: De Gruyter.

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