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Schaltjahr und der 29. Februar


Das Schaltjahr ist im Volksglauben, wie alles Abweichende vom Normalen und Geregelten, Unglück bringend. Es bringt viel Unglück und auch viele Gewitter. Wichtige Unternehmungen gedeihen in einem Schaltjahr nicht. Wer in einem Schaltjahr oder während der Zeit der Zwölften heiratet, hat in der Ehe kein Glück. Auch was man in einem Schaltjahr baut oder anpflanzt, gerät nicht.




Ein Schaltjahr, auch bekannt als ein Jahr mit einem Schalttag oder einem Schaltmonat, unterscheidet sich vom regulären Gemeinjahr durch die Hinzufügung eines zusätzlichen Tages oder Monats im Kalender. Wenn man über einen Schaltmonat, einen Schalttag oder eine Schaltsekunde spricht, meint man normalerweise die spezifische zusätzliche Zeitspanne (Monat, Tag, Sekunde), die eingefügt wird. Im Unterschied dazu bezeichnet ein Schaltjahr kein zusätzliches Jahr, sondern ein Jahr, das sich durch zusätzliche (Schalt-)Tage oder (Schalt-)Monate von einem regulären Gemeinjahr unterscheidet. Da unser Kalender die Einschaltung eines ganzen Monats nicht kennt, fehlt auch der Begriff Schaltmonat in diesem Sinne.


Der Astrologische Kalender von Wurmprecht stammt aus dem Jahr 1373 und befindet sich in der Stiftsbibliothek Rein, Codex 204. Auf dem Bild sind der Monat Februar (Das Manod Hornung) und März dargestellt. Der Kalender enthält Gebete und kontemplative Texte. Der Erstbesitzer und Verfasser des Kalenderteils war Wurmprecht aus Wien. Die Schreibsprache ist mittelbairisch. In den Illustrationen sind Städte mit vielen Türmchen dargestellt, die von einer Stadtmauer umgeben sind und sich entlang eines Flusses erstrecken. Über die Flüsse führen Brücken, in denen Fische schwimmen, und durch die Stadttore kommen Menschen in Booten. Diese Darstellungen zeigen, wie wichtig die Kalenderrechnungen als Grundlage für Reise-Prognosen sind, wie es im Text erklärt wird. Bevor man eine Reise antrat, orientierte man sich an den Sternen und Planeten, wie zum Beispiel dem Stand des Mondes im Tierkreiszeichen, um eine sichere und gesunde Fahrt oder Rückkehr zu gewährleisten. Es ist nicht bekannt, wann die verschiedenen Teile des Kalenders zusammengebunden wurden. Im 17. Jahrhundert wurde der Kalender neu gebunden, wobei der Einband das Wappen des Reiner Stifts zeigt. Es ist unklar, wie die Handschrift nach Rein gelangte. Einige wenige weitere Handschriften, wie z. B. Codex 205 (mit einem Parzival-Fragment aus dem 13. Jahrhundert) und Codex 206 (sog. Wolfgang-Missale), wurden direkt beim Abt in der Prälatur aufbewahrt. Im 19. Jahrhundert wurden diese Werke in den Handschriftenbestand der Stiftsbibliothek überführt. (Quelle: Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Calendar_of_Wurmprecht,_February_and_March.jpg, Lizenz: Public Domain).


Schon im Althochdeutschen ist das Wort "scaltjār" belegt (8. Jahrhundert) und im Mittelhochdeutschen dann "schaltjār". Es bezieht sich ursprünglich auf ein "Jahr, in dem ein Tag eingestoßen oder eingeschoben wird", wodurch das Jahr durch den zusätzlichen 29. Februar um einen Tag verlängert wird.


Während der Herrschaft von Julius Caesar wurde der römische Kalender umfassend reformiert, beginnend mit dem "Verworrenen Jahr" von 47 bis 45 v. Chr., um die Diskrepanz zwischen den Kalenderdaten und den ursprünglichen Sonnenständen auszugleichen. Ab dem Jahr 45 v. Chr. wurde der julianische Kalender fix eingeführt, der alle vier Jahre einen Schalttag im Februar einfügte, um das Jahr zu korrigieren. Dadurch hat der Februar 29 Tage anstelle von 28, und ein solches Jahr hat 366 Tage anstelle von 365.


Bruchstück eines Fasti-Kalenders, der „Fasti magistrorum vici“ aus Rom. Ursprünglich waren die Fasti, auch als Fasten oder F-Tage bekannt, eine römische Liste von Gerichtstagen, zu der später weitere Festtage, genannt Feriae, hinzugefügt wurden. Im Laufe der Zeit entstand durch die Ergänzung besonderer Ereignisse ein früher Kalender. Der Begriff "Fasti" leitet sich von "fari" (sprechen) ab, was wiederum mit "fas" (göttliches Recht) in Verbindung steht. Die Fasti sind im Gegensatz zu den "dies nefasti" Tage, an denen kein Recht gesprochen werden durfte. An den dies fasti konnte ein Prätor gemäß göttlichem Recht Gericht halten.



Diese Praxis wurde beibehalten, als der gregorianische Kalender im Jahr 1582 unter Papst Gregor XIII. eingeführt wurde. Zehn Kalendertage wurden ausgelassen, um die Differenz zwischen dem Sonnenjahr und dem Kalenderjahr zu korrigieren. Neben der julianischen Regelung wurden im gregorianischen Kalender drei Regeln für Schaltjahre eingeführt:


  1. Alle Jahre, die durch 4 teilbar sind, sind Schaltjahre, außer...

  2. ...die Jahre, die ein Jahrhundert abschließen (z.B. 1800, 1900, 2100), es sei denn...

  3. ...das Jahr ist durch 400 teilbar, wie zum Beispiel 2000.


Der 29. Februar wird für den eigentlichen Schalttag gehalten, während der gregorianische Kalender den 24. Februar, wie dies auch schon bei den Römern üblich war, als Schalttag einsetzt und die Reihe der Heiligennamen zwischen dem 1. bis 23. und dem 25. bis 28. Februar durch diesen eingeschobenen Tag trennt. Und da der 24. Februar sonst der Matthiastag ist (in einem Schaltjahr jedoch der 25.), so verband die Menschen auch die Begriffe Matthiastag und Schalttag in der Weise, dass es heißt, Matthias sei an Judas Stelle als Apostel eingeschaltet worden.




Aberglaube im Schaltjahr

Es besteht ein Aberglaube, der besagt, dass Schaltjahre Katastrophenjahre sind. Es heißt, dass man in solchen Jahren keine Häuser bauen oder Ehen schließen sollte. Kinder, die am Schalttag geboren werden, können nur alle vier Jahre ihren richtigen Geburtstag feiern. Die meisten Schalttagskinder feiern ihren Geburtstag am 1. März, viele jedoch auch am 28. Februar.



Im Zusammenhang mit der bevorzugten Stellung der Frau im Frühling und besonders im Februar steht das in einem Schaltjahr geltende Vorrecht der Frauen. Der Februar wurde unter anderem nämlich auch als "Weibermonat" bezeichnet. Heidnische Opferfeste waren einer weiblichen Gottheit geweiht und hatten als Mittelpunkt das bei Frühlingsfesten so wichtige Motiv der Fruchtbarkeit, mit dem Hinweis auf das Auftauen und Öffnen der Erde.


In einigen Gegenden Deutschlands im Frühling ist es Tradition, dass Männer einen Maibaum zum Haus ihrer Angebeteten bringen. Doch in Schaltjahren kann sich das ändern: Dann stellen die Frauen einen Maibaum auf, um ihre Zuneigung zu zeigen.


Im rheinischen Karneval wird der Elferrat in einem Schaltjahr ausschließlich von Frauen besetzt. Der Elferrat fungiert als das Parlament des Narrenreichs während des Karnevals. Normalerweise erlauben einige männerdominierte, traditionelle Vereine nur Männern den Zugang zum Elferrat.



In einem Schaltjahr ist manches im Vergleich zu gewöhnlichen Jahren verkehrt. So sind die Bohnen mit dem verkehrten Ende in den Hülsen angewachsen. In einem Schaltjahr muss am Neujahrstag der Glückwünschende ein Geschenk machen, und während man sonst einem anderen das neue Jahr "abzugewinnen" sucht, also mit den Glückwünschen zuvorzukommen versucht, lässt man in einem Schaltjahr anderen den Vortritt.


Selbst die Natur bleibt vor einem Schaltjahr nicht verschont: Aus Frankreich stammt die Überlieferung, dass Obstbäume nur alle vier Jahre Früchte tragen, wenn der Landwirt sie in einem Schaltjahr veredelt. Eine weitere Bauernregel besagt:


"Schaltjahr ist Kaltjahr."


In den Jahren, in denen der Februar einen Tag mehr hat, ist das Wetter generell schlechter, und die Felder und Wiesen gedeihen langsamer und werfen weniger Ertrag ab, so die landläufige Meinung. Trotz ihres abergläubischen Charakters sind diese Vorhersagen teilweise bis heute weit verbreitet.


Diese Regel gründet sich auch darauf, dass der Winter durch den zusätzlichen 29. Februar im Schaltjahr verlängert wird. Jedoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass Schaltjahre im Durchschnitt nicht kälter sind als andere Jahre.


In Luxemburg haben dann die Mädchen das Recht, die Männer zu freien. Auf der Isle of Man und in England gilt dasselbe, und die Mädchen können jeden Mann, der ihnen gefällt, um die Ehe fragen. Die Galanterie verbietet es jedem, Nein zu sagen; man kann sich jedoch durch ein Geschenk wieder loskaufen. Im Jahr 1924 versuchten die Besitzer großer Hotels in London, diesen alten Brauch am 29. Februar in etwas abgewandelter Form wieder zu erneuern.




Nach französischem Glauben tragen die in einem Schaltjahr gepfropften Apfelbäume nur alle vier Jahre Früchte. Darauf bezieht sich eine österreichische Schrift aus dem Jahr 1682, die besagt, dass man in Schaltjahren kein junges Vieh abnehmen oder Bäume pflanzen solle.


In Griechenland stehen Verliebte im Dezember vor einem Schaltjahr regelmäßig Schlange vor den Standesämtern. Kirchen und Gotteshäuser sind bereits Monate im Voraus restlos ausgebucht. Der Grund dafür liegt im altgriechischen Aberglauben, dass Eheschließungen in einem Schaltjahr großes Unglück bringen. Viele Bewohner glauben bis heute an diesen Mythos, weshalb vor jedem Schaltjahr in Griechenland traditionelles Hochzeitsfieber ausbricht.




Schalttag 29. Februar

Auch der 29. Februar selbst ist von Aberglauben und Ritualen umgeben. Seit Jahrhunderten fasziniert dieses ungewöhnliche Datum die Vorstellungskraft der Menschen, und es ist daher nicht überraschend, dass es in vielen Ländern rund um den Schalttag zahlreiche abergläubische Bräuche gibt.


Nach Aberglauben in Deutschland sehen die am 29. Februar Geborenen Geister und müssen sie oft ertragen.


Nach einer Tiroler Sage sonnt sich alle 100 Jahre am 29. Februar ein Schatz. Ähnlich zeigt sich auch nur im Frühling eines Schaltjahres die Weiße Frau einem kleinen Mädchen in der verfallenen Barbarakirche bei Langensteinbach.


Im Mittelalter betrachteten Schottland und England den Schalttag nicht als offiziellen Tag, was zu einigen rechtlichen Schlupflöchern führte. Frauen nutzten diesen Tag, um selbstbestimmt in den Bund der Ehe zu treten. Alle vier Jahre wählten heiratswillige Damen an diesem Tag ihre zukünftigen Ehemänner selbst – ein Vorgehen, das im täglichen Leben ungewöhnlich war.


Eine heute seltsam anmutende "Strafe"war die Tradition, dass ein Mann, der den Heiratsantrag einer Frau am 29. Februar ablehnte, ihr als Strafe zwölf Paar Handschuhe kaufen musste. Die Frauen sollten dadurch die Möglichkeit erhalten, ihre Finger und die damit einhergehende Peinlichkeit für jeden Monat im Jahr zu verbergen, da es für sie in vergangenen Zeiten eine große Schande war, keinen Verlobungsring zu haben. Andere Überlieferungen berichten von Kleidern oder Geldgeschenken anstelle von Handschuhen, wenn ein Mann den Heiratsantrag einer Frau am Schalttag ablehnte.



Außerdem gibt es in Großbritannien zum Schaltjahr einen weiteren Brauch: Am 29. Februar ist es für viele Briten Tradition, Froschschenkel zu essen. Die ansonsten verspottete Spezialität aus dem ewigen Rivalen Frankreich bietet jedoch weniger einen genussvollen Anreiz als vielmehr einen symbolischen Charakter. Denn in Großbritannien wird das Schaltjahr "Leap Year" genannt – Sprungjahr.


Schalttage galten schon bei den alten Mexikanern als Unglückstage, an denen man nichts arbeiten durfte. Wer zu dieser Zeit geboren wurde, galt als Unglückskind.




Schalttage als Ersatz für die früheren Rauhnächte?

Früher hat man allgemein die Zeit der Zwölften, also der Rauhnächte, als eine Schaltperiode zum Ausgleich zwischen dem Mondjahr von 354 Tagen und dem Sonnenjahr von 366 Tagen angesehen, an die sich sehr viel Aberglaube geheftet hat.


Die griechischen Kirchenväter bezeichnen diese Zeit als Dodekahemeron (Dodekameron), was "die Zwölf Tage" bedeutet. Dieser Zeitraum — beginnend mit der Wintersonnenwende — führte zur Einführung des erweiterten Weihnachtsoktavs auf die 12 Tage des Dodekahemeron. Auf dem Konzil von Tours 567 wurde der Zusammenhang dieser Zeitspanne mit dem kirchlichen Dodekahemeron gebildet, jenen zwölf Tagen (Nächten), die als besonders verehrungswürdig galten.



Es ist ein Zyklus von Festen, angeführt von Weihnachten, gefolgt von Sylvester in der Mitte und dem Dreikönigstag, Hochneujahr oder Oberneujahr am Ende. Das vorchristliche Verständnis der "Rauhnächte" war bis zum Jahr 567 an einen beweglichen Zeitraum gebunden, der sich nach bestimmten Mondphasen richtete. Diese 12 Tage in den germanisch-heidnischen Reichsteilen des Frankenreiches, insbesondere bei den Ost-Hessen, Thüringern, Alemannen und Bajuwaren, wurden von Anfang an durch den typischen dämonisch-heidnischen Rauhnacht-Charakter überlagert, wie er zum Teil bis heute verinnerlicht ist.


Hier liegt die Vorstellung zugrunde, dass mit dem Konzil von Tours 567diese 12 Heiligen Tage einer bereits vorhandenen heidnischen Vorstellung der Rauhnächte einen klaren christlichen Inhalt verleihen sollten.





Quellen


Hanns Bächtold-Stäubli, Eduard Hoffmann-Krayer: Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. 1927–1942, Berlin: De Gruyter.



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