Die Osterbräuche beginnen mit der Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem am Palmsonntag. In vielen Regionen Österreichs ist es üblich, am Palmsonntag bei einer Prozession durch den Ort oder vor der Kirche Palmbuschen zu weihen. Später die gesegneten Palmzweigen weiteren Verwendungen zugeführt, etwa werden kleine Kreuze gefertigt , die als Segenszeichen an der Stalltür befestigt werden, beim Räuchern in der Pfanne die Kätzchen mitverbrannt oder die Palmzweige in den Ackerboden gesteckt. Alle diese Handlungen sollen in Haus und Hof Segen bringen und Unheil abwehren. Am Palmsonntag beginnt auch die Karwoche.
Teil aus dem Leben von Jesu Christi, Fresko, Giotto di Bondone, 1303; Cappella degli Scrovegni (Scrovegni-Kapelle oder Arenakapelle), Padua.
Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag der Fastenzeit. Mit ihm wird auch die Karwoche eingeläutet. Ein religöses Brauchtum zeichnet diesen Tag ganz besonders durch die Segnung der Palmbuschen aus. Die Palmbuschen wurden zuvor aus sieben- oder neunerlei Pflanzen gebunden, die früher alle eine starke Beziehung zum Volksglauben und zur Volksmedizin hatten.
Gebunden werden die Palmbuschen von den einzelnen Familien oft am Freitag oder Samstag vor dem Palmsonntag.
Die Palmbuschen oder -stangen können auf kunstvolle Art gebunden sein und regional unterschiedlich auch Anderes enthalten, z.B. Buchs, Obst, Brezel oder Säckchen mit Saatgut (in Kärnten). In Wallsee-Sindelburg (Niederösterreich) trägt man lange Stangen, die mit Buchs, bunten Maschen und Ketten aus ausgeblasenen Ostereiern verziert sind. Die für die Palmen benötigten Weidenzweige werden schon eine Zeit vor dem Feste abgeschnitten, um zu verhindern, dass die Kätzchen weiter austreiben.
Früher wurde die Kunst des Palmbuschenbindens jeweils von den Vätern an die Söhne weitergegeben. So wie auch das Besenbinden, war das Binden des Palmbuschens reine Männersache. Auch das Tragen war traditionell Burschenarbeit. Hatte jemand keine Kinder oder Jugendlichen in der Familie wurden meist Patenkinder gebeten die Palmbuschen in die Kirche zu tragen, was natürlich eine Aufbesserung des Taschengeldes mit einbrachte. Früher gab es für die tüchtigen Träger als Belohnung eine Eierspeise, ein rotes Ei oder einen „Eierschmarrn“ mit besonders vielen Eiern. Am Palmsonntag gab es unter den Kindern und Jugendlichen ein Wetteifern, wer den längsten Palmbuschen hatte. So konnte es schon vorkommen, dass der Palmbuschen bis zum Chorgestühl reichte.
Danach wird der Palmbesen bis Ostern gut vewahrt.
Als Sakramentalien sollten die Palmbuschen in Haus und Hof Segen bringen und Unheil abwehren. Der in der Kirche geweihte Palmbuschen wird an verschiedenen Orten mit unterschiedlichen Wünschen und Bitten aufgestellt. So soll er zum Beispiel im Feld die Ernte schützen, das Getreide vom Unwettern verschonen, unterm Dach vor Unwetter und Feuer bewahren, im Stall Krankheiten abwehren und im Herrgottswinkel zur Ehre Gottes angebracht werden. Teilweise wurden die Palmkätzchen vom Mensch gegessen und an Tiere verfüttert - zum Schutz vor Krankheiten und anderen Übeln. Bis vor kurzem war es noch üblich, jeweils drei Palmkatzerl zu essen, das sollte vor Halsweh schützen.
Geschichtliches
Die Palmweihe und Hl. Messe kennzeichnen den Palmsonntag als Tor zur Osterfeier. Die Liturgie beginnt mit der Palmweihe und der Prozession in die Kirche. Um das Jahr 400 gab es in Jerusalem Umgänge, bei denen Kinder Palm- und Olivenzweige trugen. Im 8. Jahrhundert ist der Brauch vor der Messfeier in Gallien und Spanien bezeugt. Im Lauf des Mittelalters kamen spielerisch-dramatische Elemente zur Prozession. Die Gläubigen tragen Zweige, in südlichen Ländern von Palmen oder Ölbäumen, bei uns meist Weiden (Palmkätzchen).
Da nach dem biblischen Bericht (Joh 12, 12-19) Jesus auf einem Esel einritt, wurde diese Szene nachgespielt. Seit dem 13. Jahrhundert waren geschnitzte, reich geschmückte Esel mit einer Jesusfigur Teil der Prozession. Kinder durften nach der Feier auf dem Palmesel reiten, wovon man sich Gesundheit versprach. 160 Exemplare haben sich in Mitteleuropa in Museen und Kirchen erhalten, u. a. in Puch bei Hallein (Salzburg) in 3/4 der natürlichen Größe, Hall und Thaur (Tirol). Vernichtet werden musste 1782 der berühmte Nonnberger Palmesel (Salzburg), von dem es heißt, dass er mit Gold, Silber und Edelsteinen im Wert von 800 Gulden behängt war. Ein Modell davon bewahrt das Klostermuseum. Legendär war der Pfarrer von Thomatal, Salzburg, Valentin Pfeifenberger (1914-2004), der auf einem Esel reitend die Palmprozession anführte.
Ursprung und Alter der Palmweihe*
Alte Aufzeichnungen belegen, dass die erste dokumentierte Palmprozession in der lateinischen Kirche um die Wende des 7. zum 8. Jahrhundert stattfand. Diese Prozession verlieh den Palmzweigen eine heilende Wirkung für diejenigen, die sie in ihren Häusern aufbewahrten. Bereits im 9. Jahrhundert war die Palmweihe in Deutschland bekannt, und bis zum Beginn des 10. Jahrhunderts hatte sich der Ritus der Palmweihe voll entwickelt. Die Behauptung, dass die Palmzweige lediglich eine christianisierte Version der heidnischen Lebensrute sind, ist jedoch nicht korrekt. Obwohl einige dieser Bräuche miteinander vermischt sind, haben sie unterschiedliche Ursprünge und Bedeutungen. Beim Schlagen mit den geweihten Zweigen während der Palmsonntagsfeier vermischten sich offenbar jüdisch-christliche Einflüsse mit alten einheimischen Bräuchen, die mit Frühlingszweigen Lebensenergie und Schutz symbolisierten. Wenn die "Lebensrute" durch den Schlag befruchtend wirken sollte, so ist das manchmal geübte Schlagen mit den geweihten Zweigen keineswegs als Unfug zu bezeichnen. Der Reformator Osiander (geboren 1498) beschrieb, wie die Palmzweige verwendet wurden, um jegliche böse Kraft zu vertreiben, und dann gesegnet wurden, um den Träger vor den Anfechtungen des Teufels zu schützen. Vor der Reformation berichtete man aus Biberach:
Die eingeweichten Palmzweige und Buchszweige wurden nach Hause gebracht und aufbewahrt, und wenn es im Sommer gestürmt hat, wurden sie ans Feuer gelegt, um das Wetter zu beschwichtigen.
Ähnliche Berichte stammen auch von Geiler von Kaysersberg (geboren 1445) und Thom. Naogeorgus (geboren 1511), und im 16. Jahrhundert wurde in Kräuterbüchern ebenfalls über den Glauben an die Kraft der Palmzweige berichtet. Luther lehnte energisch das Schießen mit Palmzweigen, die Palmzweigweihe, die Herstellung von Palmkreuzen und das Schlucken von Palmzweigen ab.
Weitere Verwendung und Behandlung*
Die Behandlung der Palmzweige nach ihrer Weihe und ihre Aufbewahrung variierten je nach Region. In Norddeutschland wurden die Palmzweige während des Singens von Palmliedern herumgetragen. In der Grafschaft Bentheim war es Brauch, den Palmzweig zum Nachbarn zu bringen. Gelingt es dem Nachbarn nicht, den Palmzweig zu begießen (möglicherweise ein Fruchtbarkeitsritus?), so war er verpflichtet, am Ostersonntag ein Osterei zu spenden. Im Aischtal (Oberfranken) wurde der Palmzweig auf die Haustürschwelle gelegt, und alle Familienmitglieder mussten darüber treten. In Oberbayern (Ostermünchen) durfte der Palmzweig nicht durch die Haustür getragen werden; er musste von außen auf den Balkon geworfen werden. Der Palmzweig wurde auf das Dach geworfen, musste aber vor Sonnenaufgang am Ostersonntag wieder hereingeholt werden, "sonst holte der Fuchs die Henne".
Generell durfte der Palmzweig nicht direkt ins Haus gebracht werden. In Georgenberg (Schlesien) war es am Palmsonntag nicht gestattet, mit den geweihten Palmzweigen ins Zimmer zu treten, da dies im Sommer viele Fliegen anziehen könnte. Auch die Rumänen in der Bukowina brachten den Palmzweig nicht ins Haus, sondern steckten ihn unter die Dachbalken. Oft wurde der Palmzweig zuerst in den Garten gebracht und erst hereingebracht, nachdem es darüber gedonnert hatte. In Nordtirol (Brixental, Penningberg) blieb der Brauch, den Palmzweig bis zum Ostersonntag im Garten stecken zu lassen; wer an diesem Tag nach dem Hauptgottesdienst als Erster nach Hause kam, nahm ihn heraus und steckte ihn unter das Dach auf den sogenannten "Dillabn" (oberen Dachboden), wo er das ganze Jahr über blieb.
In Altbayern wurde der Palmzweig gelegentlich am Karsamstag verkohlt. Im Odenwald wurde das Feuer am Karsamstag mit Palmzweigen entzündet. Ansonsten wurden die geweihten Palmzweige in Wohnräumen, Ställen und Scheunen verteilt; oft wurde der Palmzweig hinter dem Kruzifix in der Raumecke (Herrgottswinkel) platziert, und die Palmkätzchen wurden auch als Amulette getragen.
V.l.n.r.: Bauernfamilie aus dem Joglland Ender 1950er Jahre am sog. Jogltisch, im Eck der Herrgottswinkel geschmückt mit Tannenzweigen; vermutlich entstand die Aufnahme in der Weihnachtszeit (Fotoaufnahme weist Beschädigungen auf); Mitte: Herrgottswinkel mit Blumenschmuck; rechts: Kruzifix im Herrgottswinkel zu Ostern.
Außerdem werden über Weihnachten im Herrgottswinkel entweder kleine Fichten- oder Tannenzweige (vom Christbaum), die man in den Rauhnächten auch zum Sprengen mit Weihwasser verwendet, aufgesteckt.
"Drudenfüße" wurden aus der Rinde des Palmzweigsteckens hergestellt und dann an die Bettlatten genagelt. In Gottschee (Krain) wurden Kreuze aus den Palmruten geschnitten und an Türen genagelt, um Hexenzauber abzuwehren. Da die alten Kreuze nicht entfernt wurden und jedes Jahr neue darauf genagelt wurden, waren die Türen oft vollständig damit bedeckt. Aus einer Bemerkung von Rochholz ging hervor, dass der Brauch, Palmzweige im Haus aufzubewahren, weit verbreitet war. Er sah im Münchner Königsschloss über den Betten der Töchter von König Max Joseph I. (gestorben 1825) Tapeten mit geweihten Palmzweigen. In einigen Regionen wurden die Palmzweige auch auf Gräber gesteckt.
Unheilabwehr*
Der Palmzweig war vor allem für seine apotropäischen Wirkungen bekannt, die ihm nach dem Glauben durch die kirchliche Weihe verliehen wurden. An den Fenstern des Hauses, an denen Palmzweige steckten, konnte keine Hexe eindringen. In den Mauerspalten des Stalls gesteckt, sollte er am 1. Mai (Walpurgisnacht) die Hexen fernhalten. Palmholz galt als Mittel gegen das Schratl in der Steiermark. In Böhmen glaubte man, dass man mit dem Palmzweig den Wassermann bezwingen könne. Bei der wilden Jagd legte man geweihte Palmhölzchen auf den Tisch, um sich vor denen zu schützen, die von der wilden Jagd zurückgeblieben waren. Früher wurden in Vorarlberg Palmzweige in die vier Ecken des Fundaments beim Hausbau gelegt. Gegen Ungeziefer warf man Palmkätzchen in den Schöpfbrunnen und mischte sie ins Saatgetreide. Den Palmzweig legte man unter das Krautheu, um das Eindringen von Fliegen zu verhindern. Der Palmzweig wurde auch gegen dämonisches Ungeziefer eingesetzt. Am Karfreitag bestrich man die Kühe damit, um sie vor Ungeziefer zu schützen. Die Wanzen vertrieb man, indem man die Zimmerwände mit dem geweihten Palmzweig während der Mette am Heiligen Abend peitschte und dazu rief: "Hinweg, hinweg, ihr höllischen Tiere, der Heilige Abend ist gekommen" (Uri). In den Abruzzen schlug man das Bett, um die Wanzen mit dem Palmzweig zu vertreiben. In Böhmen und Ungarn wurden Flöhe und Stubenfliegen mit dem Palmzweig bekämpft. Der Palmzweig diente auch als Mittel zur Hexenabwehr. Ein Palmkätzchen unter der Zunge am Palmsonntag sollte helfen, Hexen während der Wandlung in der Kirche zu erkennen. Nach einer Tiroler Sage konnte ein Schwarzkünstler einer Bäuerin das Geldstück nicht aus der Hand zaubern, weil sie ein Palmkätzchen dazu gelegt hatte. Die Braut steckte geweihte Palmkätzchen in ihre Tasche oder Schuhe, und im Brautbett wurden Palmzweige eingenäht, um Hexerei zu verhindern. Im Gailtal (Kärnten) trug der Bräutigam vier geweihte "Palmwuzeln" in den Schuhen. Es war auch üblich, sie heimlich der Braut zuzustecken, um späteres Hexenwerk zu verhindern. Es wurde geglaubt, dass es apotropäisch wirkte, wenn man dem Toten einige geweihte Palmzweige in die Tasche steckte oder in den Sarg legte. Nach altem Aberglauben (15. Jh.) machte der Palmzweig seinen Träger unverwundbar; dasselbe galt, wenn man am Palmsonntag während der Passion aus den geweihten Palmzweigen einen Kranz bildete.
Zauberkraft*
Auch Gegenstände erlangen Zauberkraft, wenn man sie mit den Palmzweigen weiht (manchmal versteckt, damit der Priester sie nicht sieht). In einem Hexenprozess in der Steiermark von 1647 gesteht eine Hexe, dass sie Wurzeln zu "Stupp" pulverisiert und das Pulver in ein Säckchen getan habe; dieses Säckchen habe sie in den Palmbaum versteckt und weihen lassen. Man lässt mit dem Palmzweig ein Säckchen Weizen weihen, den man den Hühnern füttert, damit sie nicht vom Fuchs oder Habicht geholt werden. Der Palmzweig wird mit einer neuen Geißelschnur umwickelt, mit der dann an Walpurgisnacht die Hexen ausgepeitscht werden; auch wird der Palmzweig in diese Geißel eingeflochten. Fuhrleute haben Glück mit den Peitschenschnüren, die mitgeweiht wurden; ihr Gespann bleibt gesund, und sie können leichter bergan fahren, ohne dass am Wagen etwas bricht. Um das Buttern zu beschleunigen, muss man das Butterfass mit einer gleichzeitig mit dem Palmzweig geweihten Haselrute schlagen. Man lässt drei Kreuzlein aus den Zweigen der Hasel, des Elsbeerbaums und des Holunders mit dem Palmzweig weihen und bewahrt sie im Stall oder Haus auf. Die Kälber, denen man die Palmzweige gibt, werden nicht lausig. Auch der mit dem Palmzweig geweihte Apfel besitzt besondere Heilkraft.
Gelegentlich werden Palmzweige auch für zauberische Praktiken verwendet. "Wenn du ein Fass Wein schnell ausschenken möchtest, nimm den ersten Palmzweig, den der Priester auf die Matten wirft, und lege ihn darauf". Mit einer geweihten Palmrute kann man Diebe "stellen" (Wipptal). Wilderer hatten in einer kleinen Lade des Gewehrkolbens geweihte Palmzweige. Wenn man der Braut, während sie zur Kirchtür geht, ein Haar aus dem Kopf reißt und dieses um einen Palmzweig wickelt und damit verbrennt, wird sie angeblich wahnsinnig. Stellt man am Palmsonntag frisch geweihte Palmzweige auf den Dünger, so kommen in der Nacht Hasen und legen Eier darunter, offenbar eine Anspielung auf die fruchtbarkeitbringenden Palmzweige.
Vieh- und Stallzauber*
Palmzweige wurden oft im Vieh- und Stallzauber verwendet. Wenn man die Palmzweige von der Kirche mit nach Hause nahm, legte man sie oft in den Kuhstall oder unter das Dach, damit die Kühe das ganze Jahr über gerne nach Hause kamen. In einem Hexenprozess in Luzern von 1544 wurde erwähnt, dass einer verhexten Kuh gesegnetes Salz und ein gesegneter Palmzweig gegeben wurde. Um das Vieh vor bösen Geistern zu schützen, nahmen die Senner den Palmzweig mit auf die Alm. Drei geweihte Palmkätzchen wurden in die Türschwelle gebohrt, wenn eine Kuh verhext war, und die Kühe sollten angeblich mehr Milch geben, wenn man drei Palmzweige in ihre Krippe bohrte. In Ungarn wurden Palmzweige unter die Querbalken der Stube gesteckt, um denselben Zweck zu erfüllen, und beim ersten Auslauf im Frühjahr mussten die Tiere über die geweihten Palmzweige schreiten.
Die aus der Rinde des Palmbaums gefertigten Kreuzlein, genannt "Drudenhaxeln", wurden sogar an die Stalltür genagelt. Dem Vieh gab man gerne drei Palmkätzchen zwischen Brotstücken oder als Pulver zerrieben zu fressen, und legte man drei Palmkätzchen unter die Bruthenne, blieb sie besser sitzen. Ein alter und weit verbreiteter Brauch war es, nach der Palmzweigweihe dreimal um das Haus zu gehen; dann griff der Fuchs oder der Habicht die Hühner nicht an. Zu demselben Zweck mischte man einige Palmkätzchen ins Hühnerfutter, steckte sie ins Loch, wo die Hennen ein- und ausgingen, oder schlug einen Pflock vom geweihten Palmbaum in die Mitte des Hofes. Die Reichweite des Schalls beim Einschlagen des Pflocks bestimmte, wie weit der Fuchs verbannt war. Auch auf die Bienenstöcke wurden gerne Palmzweige gesteckt.
Ackerschutz*
Häufig wurden Palmzweige auch auf den Acker gesteckt, um sicherzustellen, dass die Feldfrucht gedieh, vor Hagel und Getreidebrand geschützt wurde usw. In Altbayern und im Saarland nannte man dies "Palmen", im Allgäu "Maien" der Felder. In Niederbayern wurde am Karsamstag der "Brand" auf das Weizenfeld getragen. Man schnitt ein etwa spannenlanges Hölzchen vom unteren Teil des Palmzweigs ab, das im Karsamstagsfeuer angebrannt war, spaltete es oben und klemmte einen Zweig vom Palmzweig hinein. Dieses Kreuzlein wurde "Brand" genannt und in die Mitte des Weizenfeldes gesteckt. Um das Kreuzlein herum wurden im Quadrat weitere Kreuzlein aus den Zweigen des Palmzweigs und des Wacholders (Juniperus Sabina) gesteckt. Dann wurde der Weizen nicht vom Brand befallen. Auch der "Drudenfuß", hergestellt aus der Rinde des Palmzweigs, wurde auf den Acker gesteckt. Der Palmzweig wurde am Palmsonntag oder Ostermontag auf den Kartoffelacker gesteckt.
Die Kartoffelernte von Herman Hartwich
In Böhmen wurden zur Abwehr von Mäusen Kreuzchen aus geweihten Palmzweigen auf die Felder gebracht. Auch in Italien wurden Palmzweige auf die Felder gebracht. Im Allgäu wurde das "Maien" der Felder mit Palmzweigen am Vorabend des Johannisfestes nach Sonnenuntergang durchgeführt. Je höher die Palmzweige im Flachsfeld gesteckt waren, desto höher wurde der Flachs. Ebenso wurde am Johannistag das Bohnenfeld mit dem Rauch des auf einer Pfanne liegenden Palmzweigs gegen Blattläuse geräuchert. Der Brauch, die vier Ecken des Kornfeldes mit Palmzweigen zu bestecken, erinnerte an den antiken Brauch, Oleanderzweige gegen Unkraut an die vier Ecken des Feldes zu stecken. Jahn vermutete, dass das Bestecken der Felder mit Palmzweigen einen Ersatz für ein altes Opfer darstellte. Der Dünger wurde fruchtbar, wenn man Palmzweige auf den Misthaufen oder auf den ersten Wagen voll Dünger, der im Frühjahr hinausfuhr, steckte. Eine besonders gesegnete Ernte gab es, wo der erste Palmzweig in den Garten gesteckt wurde. Es war auch ein Fruchtbarkeitszauber, wenn man den Osterbrei mit dem Palmzweig umrührte.
Schutz vor Unwetter*
Die geweihten Palmzweige wurden traditionell verwendet, um den Blitz abzuwehren. Bei drohendem Unwetter warf man sie ins Feuer; der aufsteigende Rauch sollte das Gewitter vertreiben. Auch auf den Feldern wurden die Palmzweige gegen Unwetter wie Hagel eingesetzt.. In Hödingen (Überlingen) umging der Bauer nach dem Gottesdienst mit den Palmzweigen sein Gehöft, um es vor Blitzschlag zu bewahren. Gelegentlich wurden auch geweihte Palmkätzchen verschluckt, um nicht vom Blitz getroffen zu werden. In Altbayern wurden sie auch unter das Kopfkissen gelegt, um sich vor Gewitter zu schützen. Allerdings zog der Palmzweig, wenn er vor dem Ostersonntag ins Haus gebracht wurde, das Gewitter an. Alte Quellen, die besagen, dass der Palmzweig als Blitzableiter diente, finden sich neben den bereits angegebenen Stellen auch bei Paracelsus und in einem "Papistenbuch" aus dem 16./17. Jahrhundert. Als blitzabwehrend galten die Palmzweige auch in Frankreich, Piemont, Ungarn, Kleinrussland und bei den Slowenen.
J. V. Zingerle betrachtete die Sitte, bei Gewitter Palmkätzchen ins Feuer zu werfen, als ein Feueropfer. Der Palmzweig wurde auch sonst mit dem Feuerkult in Verbindung gebracht; daher entzündete man in Oberhenneborn (Regierungsbezirk Arnsberg) am Ostersonntag und in Eidenberg bei Gramastetten (Oberösterreich) am Florianstag das erste Feuer mit dem geweihten Palmzweig.
Fruchtbarkeitssymbol*
Der Palmzweig zeigt deutliche Bezüge zur "Lebensrute", insbesondere wenn damit das Vieh zum ersten Mal im Frühjahr auf die Weide getrieben wird, um sicherzustellen, dass es gesund bleibt oder nicht verhext wird. Im Böhmerwald wird das Vieh beim erstmaligen Austrieb mit einem Palmzweig abgekehrt oder abgewischt. Ähnliche Praktiken finden sich auch in Solnhaus (Westböhmen), wo man unter die Palmzweige grüne Haselzweige legt und beides mit Peitschenriemen zusammenbindet. Diese Riemen werden dann vom Hirten beim erstmaligen Austrieb der Herde verwendet, um sicherzustellen, dass die Tiere nicht "hießen" werden (das heißt, dass sie nicht scheu werden vor dem Summen der Dasselfliege).
Am 1. Mai, beim Viehaustreiben, wird in Solnhaus ein Stück des Palmzweigs in den "Zwick" der Geißel eingebunden. Das Austreiben des Viehs mit dem Palmzweig ist auch bei den Slawen eine verbreitete Praxis. In Ostpreußen schlägt der Bauer am Ostermorgen nicht nur das Vieh, sondern auch seine Frau, Kinder und Gesinde mit dem Palmzweig. In Westböhmen wiederum schlägt man sich gegenseitig mit dem Palmzweig, um Faulheit zu verhindern oder um keine Kreuzschmerzen zu bekommen.
Volksmedizin*
In der Sympathiemedizin war es üblich, drei Palmzweige zu verschlucken, oft am Palmsonntag nach der Weihe, um Halsweh, Fieber, Rheumatismus, Hämorrhoiden, Schlaganfälle, Schluckauf und generell gegen alle Krankheiten vorzubeugen. Dieser Brauch deutet auf eine kultische Bedeutung hin, da betont wird, dass das Verschlucken der (drei) Palmzweige nüchtern geschehen und sie nicht zerbissen werden dürfen. Außerdem sollte das Verschlucken vor Sonnenaufgang erfolgen, ohne vorher ein Wort zu sprechen.
Die Praxis des Palmzweig-Schluckens ist aus dem 15. bis 17. Jahrhundert bekannt. In Vintlers "Blumen der Tugend" heißt es: "So sind einige, die da schon sind - Drei Palmen an dem Palmsonntag." Aus Schlesien ist es um das Jahr 1440 belegt. In einem Merkzettel für die Beichte aus dem Kloster Scheyern (um 1468 niedergeschrieben) ist die Rede von denen, "qui in die palmarum degluciunt palmam benedictam vel imponunt eam in aures", letzteres offenbar als Vorbeugungsmittel gegen Ohrenkrankheiten. Auch Luther war gegen das Verschlucken der Palmzweige.
Bei Haustieren wurde das Mittel gegen Halskrankheiten angewendet, indem die Stallmeister bzw. der Pferdeknecht am Palmsonntag Brotschnitten in Weihwasser tauchten, diese mit Palmzweigen bespickten und sie den Kühen oder Pferden zu fressen gaben. Das Verschlucken der drei Palmen am Palmsonntag sollte im Sommer vor einem bösen Trunk und im niederösterreichischen Waldviertel vor dem Ertrinken schützen.
Der Palmzweig wurde auch in der Volksmedizin verwendet. Im Ansbachischen (Mittelfranken) wurde damit im 18. Jahrhundert das Gesicht bestrichen, um Sommersprossen zu vertreiben; Warzen verschwanden, wenn man sie mit dem geweihten Palmstock beklopfte. Gegen Blähungen beim Vieh band man ein Band von der Palmrute um den Bauch (Thurmannsbang in Niederbayern). Gegen die "Rotlauf" wurde das rote Seidenband, das am Palmzweig befestigt war, aufgelegt, und gegen Krämpfe wurden "Rystä" (Hanffasern), die mit dem Palmzweig geweiht wurden, um die Unterschenkel gewickelt.
Orakel*
Die Palmzweige spielen auch eine Rolle im Orakelwesen. Wenn die Palmzweige in der Sonne geweiht werden (was bedeutet, wenn das Wetter am Palmsonntag schön ist), sollte man die Ostereier hinterm Ofen essen oder "Palmzweige im Klee, Ostern im Schnee". Ähnlich lautet es im Italienischen: "Se non piove sull'ulivo (= Palmzweig), piove sull'uovo" ("Wenn es nicht auf den Palmzweig regnet, regnet es auf das Ei"). "Wenn es am Palmsonntag auf die Palmzweige schneit, dann schneit es im Sommer ins Korn und ähnliches." Jeder Bauer holt sich am Palmsonntag vom Pfarrer einen Palmzweig; so viele Kätzchen dieser hat, so viele Schober Getreide erntet er. Im Oberengadin brachen Knaben und Mädchen am Palmsonntag Weidenzweige mit so vielen Kätzchen, wie sie Jahre zählten. Diese Zweige wurden in ein Brötchen gesteckt, das in der Karwoche gebacken war. Wurden die Kätzchen schwarz, so bedeutete es Tod im laufenden Jahr. An Ostern pflückt man Palmzweige und gibt jedem den Namen eines Familienmitglieds; dann streut man die Palmzweige auf das Wasser, und wessen Palmzweig zuerst untergeht, der stirbt noch im selben Jahr. Wer beim Schneiden des Korns auf einen dürren Palmzweig (der am Palmsonntag ins Feld gesteckt wurde) trifft, der stirbt bald; hat aber der Palmzweig ausgetrieben (was bei Weidenzweigen möglich ist), so folgt bald Hochzeit (oder ein langes Leben). Nach der Palmzweigweihe laufen die Giggelberger (bei Gossensaß) mit dem Palmzweig so schnell wie möglich bergauf; wer zuletzt oben ist, wird später auf der Alm mit dem Vieh der Letzte sein.
Weitere Verwendungen*
wurden in die erste Furche beim Anbau gesteckt, um eine gute Ernte zu gewährleisten. Als Abwehrmittel wurden sie ins Feuer geworfen, um Rauch zu erzeugen, der böse Geister vertreiben sollte. Auch bei Fronleichnam und am Johannistag kamen sie zum Einsatz, um Felder zu schützen und Blattläuse fernzuhalten. Beim Austreiben des Viehs im Frühjahr wurden die Tiere mit Palmruten geschlagen, und der Palmzweig durfte nicht verloren gehen, sondern musste zurück in den Stall gebracht werden. Außerdem wurden Palmkätzchen und geweihte Gegenstände verwendet, um Tiere vor Hexen zu schützen. Palmzweige dienten auch als Schutzmittel gegen Hexen, indem man sie als Kreuze an Stall- und Kellertüren nagelte. Diese Praxis wurde oft während der Karwoche durchgeführt. Die Kätzchen der Palmzweige wurden auch den Tieren zu fressen gegeben, um sie vor Krankheiten zu schützen. Palmruten wurden sogar als Blitzschutz unter das Hausdach gelegt. Kinder hielten die Palmzweige während ihrer Weihe hoch, um sie besser zu segnen. In Südtirol wurden kleine Kreuze aus Palmholz zum Bienenstand gegeben. Das Verbrennen von Palmzweigen bei herannahenden Gewittern war eine gängige Praxis in ganz Österreich.
Quellen
*Hanns Bächtold-Stäubli, Eduard Hoffmann-Krayer: Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. 1927–1942, Berlin: De Gruyter.
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