top of page

Land der Almen III


Behausungen und Ställe stellen seit Anbeginn der Almwirtschaft in Österreich vor 7.000 Jahren einen wichtigen Faktor für Mensch und Tier dar. Sie bieten gleichermaßen einen Witterungsschutz, Zufluchtsort und Arbeitsplatz. Einfach gesagt: Ohne Schutz und Schirm ist kaum ein Almbetrieb möglich. Im Prinzip geben naturräumliche Gegebenheit und Tradition Konstruktion, Bauweise und Gestalt von Almgebäuden vor. Größe und Aufteilung des Gebäudes orientieren sich an Gegebenheiten der Landschaft und sind von Klima, Höhenlage, Vegetation und Bodenverhältnissen abhängig. Vor allem anderen sind dbei die Sicherheit vor Lawinen und Muren, aber auch das Vorhandensein von Wasser und die Erreichbarkeit der Nutzflächen ausschlaggebend für die Platzwahl.


Josersee am Hochschwab



Bei der gemeinschaftlichen Almnutzung gruppieren sich oft mehrere Almhütten mit jeweils eigenem Personal zu einem Almdorf. Einzelne Schwaigen und Einzelalmen stehen diesen gegenüber. Früher waren die Almhüten bescheiden: Erbaut in lockerer Holzbauweise mit Schindeldach, schwarzer Rauchkuchl und einer warmen Stube waren die Hütten in den vergangenen Jahrhunderten vor allem klein, zugig, dunkel und verraucht. Seinerzeit wurden die Schindeln mit Holznägeln befestigt, sie wurden dann durch die teuren, handgeschmiedeten Eisennägel und schließlich durch die maschinengefertigten Drahtstifte ersetzt. - An vielen Almhütten findet man heute noch hölzerne Dachrinnen, sogenannte „Traufrinnen".


Schindeldach mit hölzerner Regenrinne, sog. Traufrinne an einem Bauernhaus im Schwarzwald



Die Almhütten waren damals nieder, mit wenigen Räumen, kleinen Fensterluken und spärlichen Besitztümern ausgestattet. Gang, Rauchkuchl, Stube und manchmal noch Schlafkammern und ein Keller, so hat sich ein Rundgang bestenfalls gestaltet – egal ob in Vorarlberg, Tirol, Salzburg oder in der Steiermark und in Kärnten. Die Alpenregionen weisen eine ganz ähnliche Architektur auf, und nur das Notwendigste ist auf den beschwerlichen Weg mit Tragtieren zu den höher gelegenen Almgebieten mitgenommen worden. Weil es dort droben vielfach vorhanden und daher kostengünstig ist, wurde zum Bauen viel umliegendes Holz verwendet. Und je höher es hinauf geht, desto schlichter werden die Gebäude. Durch die niedere Raumhöhe, wenigen Lichtquellen und kleinen Fenster war es sehr düster in den Hütten. Lediglich die Stube war ein gemütlicher Ort, ohne Rauch, weniger Zugluft und mit viel Wärme vom Ofen. Neben der Stube war der zweite zentrale Ort die so genannte Rauchkuchl mit offenem Feuer zum Kochen und Milch vorbereiten für das Käsen. Weniger komfortabel war es, wenn sich die offene Feuerstelle in der Stube befand.


In den großen Alphütten Vorarlbergs und Tirols befindet sich häufig inmitten des Dachraumes ein einbruchsicherer Speicher - aus schweren Holzbalken gezimmert, oft noch mit einer kunstvollen Stangenverriegelung. In ihm hinterließ man früher den Winter über Gerätschaften und Inventar. Da in harten Wintern auch Triebschnee in das Innere der Almhütte gelangen konnte, war der Speicher extra mit Bretterschindeln gedeckt, und so entstand ein „Haus im Haus".


Auf der Alm spielte sich der Tag hauptsächlich draußen ab. An dem Türstock am Eingang der Hütte waren früher meist eingekerbte oder gebrannte Segens- oder andere Sprüche sowie Jahreszahlen angegeben. "INRI" war oft eingeritzt oder ein Pentagramm, damit die so genannte Trud nicht hineinkommt. Palmkätzchen sind als Abwehrzeichen gegen Böses ebenfalls dort gerne angebracht worden. Auf dem Dach hat es oberhalb des Einganges oft noch Hauswurzen gegeben, die Pflanzen sollten "gegen Hexen und böse Geistwesen" wirken.


Die Almen sind oft sehr windexponiert. Um das pfeifende Windgeräusch zu brechen, werden an die Dachkante große Fichtenzweige gelegt. Das Dach selbst wird meist aus Holz, etwa aus Lärchenschindeln, angefertigt. Bei Wind werden diese noch zusätzlich mit Holzverzapfungen befestigt oder teilweise Schieferplatten und Steine darübergelegt.


Vor der Almhütte gab es in unmittelbarer Nähe, sofern nicht direkt ein Bachlauf vorhanden ist, einen Brunnentrog, den so genannten "Grand"(altbayrisch Wasserbehälter für draußen). Dieser war allein schon wegen dem Vieh notwendig, und das Wasser zum Kochen und Käsen wurde mit Kübeln in die Almhütte getragen.


Eine Wasserquelle ist die Voraussetzung für das Betreiben einer Alm. Das Vieh muss drei- bis zehnmal täglich getränkt werden, kann pro Minute bis zu 10 Liter Wasser auf einmal aufnehmen und benötigt zwischen 40 und 60 Liter Wasser pro Tag. (Bilder, links: Die Ursprungalm wird durch einen Bachlauf mit Wasser versorgt; Mitte: ohne Wasser kein Leben; rechts: Wassertrog bei der Erlhof-Alm; Bild: Rudi Roozen)


Die umliegenden Wälder boten dem Vieh nachts oder wenn schlechtes Wetter aufzog Unterstand. Der Großteil der Almen hatte damals keinen Stall. Ab und zu gab es eine Art freistehenden Stall, eine so genannte Außen- oder Frühlingsstelle, die man auch als Gras und Heuspeicher für den Winter nutzen konnte.


Links und Mitte: Stallgebäude auf dem Wolfsattel bei Weiz. Diese Ställe befinden sich auf rund 1.100 Meter Seehöhe am Grad des Sattelberges (Wolfsattel, Wachthaussattel und Lärchensattel); rechts: Almgebäude auf der Turrach.




Standort und Material

Die auf den Almen errichteten Hütten wurden seit jeher aus örtlich verfügbaren Materialen, wie Holz und Stein, errichtet. Wichtig war dabei die Standortwahl: Um vor Lawinen und Muren gefeit zu sein, wurden Lagen gewählt, die als am sichersten angesehen wurden. Der Hüttenbauplatz sollte auch nicht gerade am besten Weidegrund liegen, um die Weidefläche möglichst wenig zu verringern. Dazu zählen etwa Schwemmkegel, Geländekuppen und Hanglagen unterhalb von Waldflächen. Wenn möglich wurde auf ebenem Grund gebaut, um Erdbewegungen, die in Hanglagen erforderlich sind, zu vermeiden. In den raren geeigneten Bereichen entstanden daher mitunter ganze Almdörfer. Auf Almen ohne absolute Lawinensicherheit wurden Almgebäude unterhalb von Felsvorsprüngen erbaut oder mit künstlichen Schutzvorrichtungen versehen. In der Regel wurden die Almgebäude am unteren Rand des jeweiligen Almgebietes erbaut, um die kürzeste Verbindung zwischen Heimhof und Alm sicher zu stellen. Auch das benötigte Holz ist am unteren Rand von Almflächen leichter zu gewinnen.


Blitzeinschlag auf der Alm: Dem Lungauer Fotografen Heinz Petelin gelang dieses unglaubliche Bild eines massiven Blitzeinschlag bei Lerchner Alm im Jahr 2017.



Eine besondere Herausforderung stellte der Blitzschutz auf dar. Früher, als es noch keine Blitzableiter gab, bestand stets die Gefahr auf der Alm, Opfer eines Blitzschlags zu werden. Das betraf Gebäude, Mensch und Tier gleichermaßen. Viele Almgebäude, aber auch Viehherden wurden auf diese Weise vernichtet und getötet.


Früher prüften die Menschen, an welchen Stellen der Blitz nicht einschlägt, durch Beobachtung. Man achtete dabei auf den Aufenthaltsort von „Heppinen“ (Kröten). Dort wo sich eine Kröte an einem Gewitter aufhält, wird der Blitz nicht einschlagen.


Blitze sollen besonders gern in Fichten einschlagen, was an deren Höhe und elektrischen Leitfähigkeit liegen könnte. Letzlich sind aber nur etwa 8 % der betroffenen Bäume Fichten. Häufig betroffen sind vor allem Kiefern (14 %) und Buchen (10 %). Noch öfter als all diese sind Eichen vom Blitzschlag betroffen (63 %). Der Rest teilt sich auf auf Pappeln, Lärchen, Birken und Weiden auf. Auch nach altem Volksglauben liegt eine verschieden große Blitzgefährdung der einzelnen Baumarten vor, ein Glaube, vielerorts in den bekannten Reimversen ausgesprochen ist:

Von den Eichen mußt du weichen,
Und die Weiden sollst du meiden,
Vor den Fichten sollst du flüchten,
Doch die Buchen kannst du suchen.



Konstruktion und Funktion

Konstruktionstechnisch mussten Almgebäude zweckmäßig sein, auch wenn sie nur drei bis vier Monate im Jahr Verwendung fanden. Sie wurden und werden daher einfacher gebaut als Gebäude im Talbereich. Die drei Funktionsbereiche des Almgebäudes – der Wohnbereich, der Stall und der Lagerraum – wurden daher so groß wie nötig und so klein wie möglich gehalten.


Für den Almhüttenbau im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde kein Eisen verwendet, nicht weil Metall zu teuer war, sondern weil das Baumaterial mangels Transportmöglichkeiten aus der nächsten Umgebung gewonnen werden musste. Auch die Nägel und Steckzapfen wurden größtenteils aus Holz gefertigt.


Unterhalb der Waldgrenzen stellte man die Gebäude daher in der Regel aus Holz, oberhalb eher aus Stein her. Lange und gerade gewachsene Fichten- und Lärchenstämme, die in den österreichischen Alpen vorkommen, ermöglichten langgezogene Konstruktionen in Blockbauweise. Die meisten Hütten wurden in Rundholz-Blockbauweise errichtet. Die ersten vier Stämme, der „Fußkranz" aus Lärchenholz, wurde möglichst waagrecht auf vier Ecksteine ausgelegt, und die Pfosten wurden aus Rundholzlagen hochgezogen, wobei an den Ecken Kammverbindungen mit vorstehenden Köpfen hergestellt wurden. Untereinander wurden die Stämme häufig mit Holzdübeln verbunden. Die Fugen zwischen den Stämmen wurden mit Moos abgedichtet, und für die Türöffnungen setzte man senkrechte Türpfosten mit Versatzzapfen ein. Die folgenden Rundhölzer hat man dann meist in eine Keilnut des Türpfostens eingelegt. Als Lichtöffnungen wurden in geeigneter Höhe die Fensterluken ausgeschnitten.


In der Regel wurden Almhütten immer sehr stabil gebaut; es gibt Berichte, nach denen Hütten nach Lawinen und Murenabgängen fast unbeschädigt über viele Meter verschoben wurden und einfach zu neuen Hüttenplätzen gezogen werden konnten.

Erst im 20. Jahrhundert hielt neben dem Blockbau auch der Ständerbau Einzug. Obwohl kein Holzmangel bestand, verwendete man womöglich Holz aus älteren Hütten weiter, bzw. erneute dieses, um Baumaterial und vor allem Arbeitszeit zu sparen. Alle Holzverbindungen wurden mit Holzteilen wie hölzerne Steckzapfen hergestellt, ja sogar die Türschlösser waren aus Holz. Lediglich die Schlüssel bestanden aus Eisen.


Alte Türriegel: Alle Bestandteile waren aus Holz, später kamen teilweise Holznägel zum Einsatz. (Foto: Hinter Schloß und Riegel von BERNHARD, SN)


Die winzigen Fenster verfügten über eine einfache Schiebevorrichtung und waren ohne Glaseinsatz. Die Kleinheit der Fensteröffnungen ließ die Gebäude nachts weniger auskühlen. Die Gebäude wurden mit einfachen Zimmermannswerkzeugen meist mit Hilfe von Dienstboten oder der Nachbarn, hergestellt. Die robust hergestellten weitgehend flachen Dächer boten den Witterungseinflüssen wie Schneelast, Wind oder Lawinen wenig Angriffsfläche.


Der Winter setzt den Holzkonstruktionen am meisten zu. Schneelast, Feuchtigkeit und die häufige Stürme nagen an den Almgebäuden, und werden sie nicht gewartet, verfallen sie irgendwann. Oft fällt so viel Schnee in den Alpen, dass nicht einmal mehr die Hüttendächer zu sehen sind, sondern nur noch schemenhafte Erhebungen in der Landschaft. Schitourengeher kennen dieses Bild wahrscheinlich. (Bilder: eigener Fundus)




Gebäudetypen

Die einfachste Form ist die Notunterkunft, die in extremen Hochlagen aus Klaubsteinen errichtet und mit Steinplatten abgedeckt wurde. Die großzügigste Anlage ist die relativ komfortable Almhütte, regional unterschiedlich auch Sennhütte oder Kaser genannt, die über Wohnraum für das Almpersonal, Arbeitsraum zur Verarbeitung der Milch, Lagerraum zur Lagerung der Milchprodukte und eine ausreichende Stallfläche verfügt. Die Grundrisse wiesen oft quadratische Form auf.


Scherm am Wildkogel im Pinzgau, Salzburg (Bild: meinbezirk.at)





Dachformen

Ansdach

Die Dächer ergaben sich in ihrer Form aus der Gesamtkonstruktion des jeweiligen Gebäudes. Die ursprüngliche Form war das sogenannte Ansdach. Hier wurden die Blockwände bis zum Giebel hinauf gezogen. Die waagrecht verlaufenden Pfetten, die das Dach tragen, wurden auf die immer kürzer werdenden Querbalken der Blockwände aufgelegt.

Pfettendach

Heute ist nicht mehr das Ansdach, sondern das materialsparende Pfettendach üblich. Hier liegt die Dachlast auf drei bis fünf starken, waagrechten Balken, die Pfetten genannt werden, auf. Sie sind gegenwärtig in Form flacher Dachkonstruktionen mit weit vorspringenden Dachsäumen die charakteristischen Almgebäudedächer.

Sattel- und Pultdach

Neben den oben erwähnten Dachformen kommen auch das symmetrische Satteldach und das asymmetrische Pultdach auf Almen vor. Letzteres wird vor allem dann aufgesetzt, wenn das Gebäude aus Sicherheitsgründen direkt an einem Felsen errichtet werden muss.




Dacheindeckungen

Legschindeldach

Die Eindeckung der Dächer erfolgte in der Regel mit Holzschindeln ohne Verwendung von Nägeln, abgesehen von den Dachkanten, wo die Schindeln mitunter vernagelt wurden. Die Schindeln wurden auf einem Lattenrost sehr dicht verlegt und mit Bruchsteinen auf querliegenden Latten beschwert. Dieses Legschindeldach, auch Schwerdach genannt, ist aber an flache Dachneigungen gebunden.


Sogenanntes Schwerdach, beschwert mit querliegenden Latten oder geschälten Stämmen und Steinen. An diesem Beispiel lässt sich das Weiterverwenden von alten Baubestandteilen, wie etwa dem Steinkamin, in den ein neuer Kamin eingesetzt wurde, sehr gut erkennen. Auch ein Anbau weist neuere Bauelemente auf. Die Lärchenschindeln verfügen zu Beginn über ein fast goldenes Erscheinungsbild, bis sie mit der Zeit ergrauen.


Von Hand gespaltene Lärchenschindeln sind sehr langlebig und halten 50 bis 70 Jahre oder länger. Zu Beginn geben sie den Anschein eines goldenen Daches. Wird auch das restliche Gebäude mit Schindeln verkleidet, steht eine goldene Hütte da.


Nagelschindeldach

Erst das später aufkommende Nagelschindeldach, bei dem die Schindeln vernagelt werden, erlaubt steilere Dächer. Die Schindeln bestanden üblicherweise aus Lärchenholz. Bemerkenswert ist, dass handgeklobene Schindeln eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren, Lärchenschindeln sogar bis zu 70 Jahren erreichen können.


Steinplattendach

Viel seltener und erst weit oberhalb der Waldgrenze finden sich Steinplattendächer. Diese sind aber an das Vorkommen plattig brechender Gesteine gebunden. Für einen Quadratmeter Dachfläche benötigt man ca. vier Quadratmeter an Steinplatten.

Steinplattendach in den Schweizer Alpen.


Exkurs: Das Holzschindeldach

Schindeln sind eine alte Form der Dachdeckung. Durch Ausgrabungen zeigte sich, dass der Mensch auch vor vielen tausend Jahren – zum Errichten der Zelte und Hütten – Holz als Baustoff verwendete. Mittels Baumrinde (Birke, Fichte u. ä.), Fellen, Lehm, Reisig, Stroh und Schilf schirmte er Dächer und Wände der Behausungen gegen Wind und Kälte ab, schuppenartig auf dem Dachstuhl ausgelegt, so dass Wasser nicht in den Innenraum eindringen konnte.


In der Vorantike wurden – je nach Region – flache Steinplatten oder Holzschindeln verwendet. Die Holzschindel ist in den ganzen nördlichen und mittleren Breiten der Alten Welt verbreitet. Ein Beispiel aus der Eisenzeit zeigt das Herrenhaus der Heuneburg bei Hundersingen (Baden-Württemberg). Die Schindeln wurden damals teils mit Holznägeln befestigt, teils mit Lederriemen festgebunden. Die bislang älteste Schindel wurde bei den Ausgrabungen der Wasserburg Buchau bei Bad Buchau (Baden-Württemberg) gefunden, eine ca.3.000 Jahre alte (ca. 950 v.Chr.) gespaltene Eichenschindel, die im Moor konserviert wurde. Zu etwa gleicher Zeit wurden in Zug-Sumpf (Schweiz) gespaltene Weisstannenschindeln verwendet. Cornelius Nepos versicherte, dass Rom 470 Jahre lang bis zur Zeit König Pyrrhus (um 275 v.Chr.) mit Schindeln eingedeckt war – zumindest unterschied man Stadtteile nach Wäldernamen. Bereits Plinius und Tacitus berichteten von schindelgedeckten Holzhäusern germanischer Völker. Im Römerkastell Saalburg in Hessen sind bei Ausgrabungen eine Klotz- oder Schindelhacke und runde Eichenzierschindeln gefunden worden. Bis ins frühe Mittelalter war die Holzschindel in fast ganz Europa das am weitesten verbreitete Dachdeckmaterial. Bis zur Zeit der Karolinger waren Schindelbedachungen selbst bei vornehmen Gebäuden allgemein üblich. Bei einfachen Häusern und in holzarmen Gebieten wurde auf örtlich vorhandene Materialien wie Reet (Schilf) zurückgegriffen. Einige mittelalterliche Kirchen – vor allem im Süden Europas – waren mit flachen Steinplatten (französischlauzes) gedeckt. Im hohen Norden schützen kunstvoll verlegte Holzschindeln seit Jahrhunderten die mit Zimmermannskunst erbauten Stabkirchen. Auch in der Neuzeit, noch im 18. Jahrhundert waren Weichdächer die überwiegende Bedachungsform. Eine Ursache für den Rückgang des Schindeldaches war das Brandrisiko. In den immer größer werdenden Städten entstanden wegen unzureichender Löschmöglichkeiten und enger Bebauung immer häufiger große Brände. Dies führte regional zum Verbot des Schindeldaches. Auch infolge der Holzknappheit der kleinen Eiszeit wurde das Schindeldach immer mehr von dem aus Ziegel und Schiefer verdrängt.


Den Besuchern der Almen fallen aber besonders die Bedachungen auf, und es gibt eigentlich nichts Schöneres und Harmonischeres als das Holzschindeldach. Wird es aus der Lärche hergestellt, dann hat es eine Lebensdauer von 50 bis 70 Jahren. Die Schindeln werden dreifach übereinander verlegt und sind pro Stück meist 40 cm lang. Mit einem solchen Dach erspart man sich eine Volldachschalung, und auch die darunterliegende Dachpappe ist nicht notwendig. Für 15 m² Schindeldach wird allerdings viel Holz benötigt.


Die Schindeln sollten an der Seite des Daches immer mit Überstand verlegt werden. Um das Abfließen des Regenwassers zu erleichtern, sollte die Seite eine sogenannte Wassernase aufweisen. Die seitlich quer aufgestellte Bedeckung wird bei klassischer Verlegung ebenfalls mit einer Wassernase ausgerüstet.


Die Arbeitsmethode der „Schindelmacher" hat sich seit Jahrhunderten bis auf den heutigen Tag unverändert erhalten. Sie fällen einen Baum, von dem sie vermuten können, daß er gut spaltbares Holz aufweist. Der brauchbare Stammteil wird entrindet und in Teilstücke zerlegt, die in den „Bretterbock" passen. Mit einem speziellen Stemmeisen, dem „Kietzeisen", werden nun die Holzstücke „übers Brett" gespalten und die bessere Brettseite mit dem Reifmesser „geputzt". Die Bretter (Schindeln) haben eine Länge von 40 cm bis 1,20 Meter und müssen längere Zeit vor dem Aufdecken getrocknet werden. Hiezu wird der Stapel mit Steinen beschwert, damit sich die Bretter nicht verziehen. Beim Spalten bleibt der natürliche Faserverlauf des Holzes weitgehend erhalten, was die gespaltene Schindel haltbarer macht als eine gesägte.


In der Regel wurden zur Schindelherstellung die vor Ort verfügbaren Baumarten verwendet: im Norden Deutschlands hauptsächlich Eichen, im Erzgebirge, Böhmerwald und Schwarzwald Fichte, in Hessen Buche und im Alpenraum vornehmlich Lärchen. (Vitruv berichtet: In Frankreich, Hyspanien, Portugal und Aquitania decken sie mit Aichenschindeln.)

Bei Nadelholz sind nur Bäume mit Linksdrehung geeignet, damit sich das Holz nach dem Bearbeiten gleichmäßig verdreht und seine Form behält. Bei Nässe streckt sich das Holz durch seine natürliche innere Verspannung und liegt flach auf dem Dach, beim Trocknen hingegen dreht es sich leicht, und es entstehen Spalten, die das Trocknen begünstigen. Durch diesen „Tannenzapfen-Effekt“ und die Tatsache, dass Brett- und Spaltschindeln nie satt aufeinanderliegen, ist eine optimale Lebensdauer für das sonst witterungsanfällige Holz erreicht worden.

Bei Verwendung von ausgesuchtem Holz konnten Spaltschindeln aus Fichten- oder Lärchenholz eine Haltbarkeit von 30 bis 40 Jahren bzw. 50 bis 70 Jahren erreichen. Schindeln aus schnellgewachsenem Bauholz halten im Dachbereich zwischen 12 und 25 Jahren.




Almgebäudefunktionen

Alle Almgebäude stehen in Zusammenhang mit der Viehwirtschaft, wobei drei Nutzungsgrundtypen zu unterscheiden sind. Auf Sennalmen und gemischten Almen – früher die am meisten verbreitete Almnutzungsform – ist die zentrale Gebäudeform die der Sennerei. Auf den Ochsen-, Jungvieh- und Pferdealmen war früher die sogenannte Halterhütte üblich. Sie diente mangels Milchverarbeitung nur als Wohnraum und Unterstand für den Hirten. Darüber hinaus gibt es auf den Bergmahdflächen neben einfachsten Mähderhütten auch Heustadel und Tristen zur Lagerung des gemähten Grases.


Sennhütte des Jahres 1520 von der Schweizer Axalp, nun im Freilichtmuseum Ballenberg. Das umzäunte Vordach diente als witterungssicherer Melkstand.


Innenraum der oben gezeigten Hütte im ursprünglichen Zustand mit gestampftem Erdboden


Almgebäude haben meist vielfältige An- und Umbauten hinter sich. Die Gebäudeteile sind daher unterschiedlich alt. Ehemalige Schweineställe wurden zu Geräteschuppen oder Holzlagen umfunktioniert. Meist ist das Errichtungsdatum eines Almgebäudes nicht bekannt, da nichts dokumentiert wurde. Auch über das Ende der Nutzung heute verfallender Almhütten weiß man wenig. Der Bauzustand bzw. das Verfallstadium sagt wenig aus, da das extreme Klima in Hochlagen den Gebäuden zusetzt und außerdem Teile alter Hütten abgetragen wurden und anderweitig Verwendung fanden.


Von Zeit zu Zeit müssen einzelne Bestandteile von Almgebäuden ersetzt werden, wie hier bald die Dachschindeln. Die Dächer und die Wetterseite der Gebäude sind der Witterung am stärksten ausgesetzt.


Wohngebäude

Die zentralen Bestandteile eines Wohngebäudes auf der Alm sind Bettstatt, Feuerstelle und ein stabiles Dach über dem Kopf. Je nach Region und nach Funktion entwickelten sich zahlreiche Varianten an Wohngebäuden. Wohngebäude und Stall sind entweder unter einem Dach vereint oder wurden als eigenständige Bauten in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander errichtet. Sennereien sind aufgrund ihrer mehrfachen Funktion die größten Almgebäude.

Die Böden in den Hütten und Ställen waren einfach gehalten. Am einfachsten ist der gestampfte Erdboden. Weiters gab es in Wohngebäuden einfache Bretterböden oder sog. Stöckelböden, auch als Holzpflaster oder Holzstöckelpflaster bezeichnet. Im Gegensatz zum Parkett stehen beim Holzpflaster die Holzfasern vertikal, d. h. Holzpflaster wird auf Hirnholz gesetzt, also mit sichtbaren Jahresringen. Neben quadratischem Format ist – insbesondere im Gartenbau – auch Rundholz üblich. In Graz und Linz wurden vor Regen geschützte Hausdurchfahrten um 1850–1920 mit Stöckelholzpflaster ausgestattet. Pferdehufe und eisenbereifte Holzräder von Wagen bewegen sich bedeutend leiser als auf Stein. Das würfelige Format hat 8–12 cm Seitenlänge und besitzt an der Nutzseite rundum eine Fase von etwa 5 mm. Durch Trocknung werden die Würfel mit der Zeit schlanker und können radiale Risse entwickeln. Früher wurden einheimische Holzarten wie Eiche, Kiefer, Lärche und Tanne verwendet, die etwas widerstandsfähiger sind als Fichte. Im Freien ist die Lebensdauer von unbehandeltem Holzpflasters relativ gering. Früher wurde das Holz in Pech getränkt, um seine Widerstandsfähigkeit zu verbessern.


Halterhütten

Mangels Milchverarbeitung dienten diese zur Übernachtung eines oder zweier Halter, der Zubereitung von Mahlzeiten und als Zufluchtsort bei schlechter Witterung. Sie waren daher einfach und klein und in der Regel aus Holz auf einem Steinfundament errichtet. Bei sehr alten Halterhütten bestehen auch die Grundmauern aus Trockensteinschlichtungen. Die Zimmerung war üblicherweise roh und die Wände bestanden aus wenig behauenen Balken.


Halterhütte auf der Brach, Nähe Gemeindealpe. Die Gemeindealpe, der höchste Aussichtsberg im Mariazeller Land, liegt 5 km nördlich von Mariazell in der niederösterreichischen Gemeinde Mitterbach am Erlaufsee. Zwei moderne Sesselbahnen bringen Sie bequem und schnell zum Gipfel auf 1.626 Meter Seehöhe.


Stall

Der Stall ist das Rückgrat der Vieh- und Milchwirtschaft auf den Almen. Er diente (und dient) in erster Linie zum Melken der Kühe. Die Ställe sind entweder mit einem eigenen Trakt oder im Untergeschoß der Sennhütten untergebracht oder stehen frei neben dem Senngebäude. Der Boden bestand früher aus fest gestampfter Erde oder aus dem sogenannten "Stecklboden" (Stöckelboden, Holzpflaster), der aus Aststücken, die senkrecht in den Boden getrieben wurden, gestaltet wurde. Der frei errichtete Stall wurde in ähnlicher Bauweise wie das Senngebäude konstruiert. Frei stehende Ställe verfügten meist über große Grundflächen. Sie sind heute meist verfallen. Die kleineren Ställe hatten eine Grundfläche von bis 25 m². Sie dienten als Kälber- oder Schweinestall, oder auch als Unterstand für Ziegen und Hühner. Rinderställe waren bis zu zehnmal so groß.


Auf dem Hochwechsel beim ein alter Stall/Unterstand: Die Bauern am Wechsel haben kleine Eigenalmen, auf denen Kalbinnen oder Mutterkühe mit ihren Kälbern gehalten werden. Diese werden mehrmals wöchentlich aufgesucht und mit Salz versorgt. Dieser alte Stall für das Vieh ist der Unterstand bei schlechter Witterung.


Pferche

In Pferchen (auch Pfrenger) wurde das Vieh zu seinem Schutz und um es zusammenzuhalten, nachts, bei Schneefall, während Gewittern und vor dem Viehtrieb untergebracht.

Großflächige ehemalige Pferchanlage im Großglocknergebiet (Bild: Christine Nöbauer, Creative Commons)


Ihre Bauweise orientierte sich am Gelände und war nicht streng rechteckig. Sie lagen an einem zentralen Punkt der Almfläche und in der Nähe einer Wasserstelle. Pfrenger sind letzte Reste ursprünglichster Almwirtschaft, in der es noch keine überdachten Stallgebäude gab. Beispielsweise im Tauerntal bei Mallnitz sind die Überreste von alten Pferchen meist in Höhen von 2 000 Meter Seehöhe. zu finden. Sie markieren dort die oberste Stufe der Almwirtschaft.


V.l.n.r.: Auf etwa 1.200 bis 1.500 Meter Seehöhe finden sich auf dem Hochwechsel alter Mauerreste auf den kleinen Hochweiden. Viele Bauern haben am Wechsel kleine Eigenalmen mit zwei Wechselweiden, d.h. ist eine Weide abgegrast, wechselt das Vieh auf die andere. (Fotos: eigener Fundus) Links: Beim Kreuzhag werden zwei sich kreuzende Stangen in die Erde gesteckt. In die Gabel werden Längsstangen gelegt. Am Fuß des Zaunes werden Steine zur Stabilisierung und zusätzlichen Absperrung gelegt. In Großraming (Oberösterreich) wird dieser Zaun als Schrankghag bezeichnet. (© Wolfgang Danninger)


Einfacher Unterstand

Einfache Unterstände für Hirten und für Mäher in der Zeit der Bergmahd dienten meist nur für wenige Tage ihrem Zweck und waren mehr als schlicht. Solche Unterstände sind die einfachsten Formen von Almgebäuden. Hirtenunterstände bestanden aus einem einzigen Raum, oft nicht größer als 2 m² und kaum mannshoch.


Mähderhütten waren bis zu zehn Quadratmeter groß. Geschlafen wurde auf einer mit Erlenreisig bedeckten Bettstatt. Im vorderen Hüttenbereich befand sich die Feuerstelle. Der Rauch zog kaminlos durch das Dach ab. Der Hüttenboden bestand aus gestampfter Erde. Im Lungau gab es eine Sonderform der Mähderhütten, die "Mankai-Hütten". In ihrer einfachsten Form bestanden sie aus einem Erdloch von 0,5 bis 0, 75 cm Tiefe, das entweder völlig flach oder mit vorne etwas aufgestützten Brettern bedacht und innen mit Heu ausgelegt war. Bei einer zweiten Form wurden kleine rechteckige Rasenstücke zu einer Mauer oder einem kleinen Erdwall aufgeschichtet, darauf kamen die Dachbrettter zum Liegen. Bei einer dritten Form wurde außer den Rasenstücken kaum Erdreich ausgehoben und diese Hütte misst dadurch etwa 80 cm Höhe über dem Erdboden. Mankai-Hütten dienten ausschließlich zum Schlafen. Es wurden daher daneben sogenannte Kochhütten gebaut: eine Feuerstelle, mit zwei beidseitig in die Erde gerammten Pflöcken, mit einem Querbalken verbunden, von dem zwei Stangen schräg nach hinten auf den Erdboden führten, auf denen dann die Deckbretter befestigt wurden, die einen primitiven Schirm bildeten.

Im Felbertal und im Amertal bestanden oft überhaupt keine Unterstände für Mäher. Sie mussten daher unter Felsvorsprüngen oder unter einer "Scherm-Tax", einer bis zum Boden beasteten Fichte, Schutz suchen und dort die Nacht verbringen.


Bei rauhem Wetter in den Bergen ist es in Hochlagen oft nicht einfach, einen Unterstand zu finden.


Heustadel und Heutriste

Ein einst der Bergmahd dienender Heustadel auf einer Alm bei Hollersbach im Pinzgau

Heustadel oder Heuhütten und Heutristen dienten als Zwischenlager von der Mahd bis zum Abtransport im Winter. Hütten und Tristen waren nicht für die Almwirtschaft gedacht sondern für den Heimhof. Sie zeigen heute noch an, wie weit verbreitet einst die Bergmahd war. Heuhütten sind einfach gezimmerte Rundholz-Blockbauten. Erst im 20. Jahrhundert wurden sie auch in Ständerbauweise errichtet. Abgesehen vom Fundament sind es reine Holzbauten.


Triste auf der Hochmahd. Oft ist die Hochmahd nur zu Fuß erreichbar und, oberhalb der Waldgenze, wo kein Holz für Stadel vorhanden oder das Gelände zu steil ist. Dann werden für die Lagerung des Heus bis zum Abtransport im Winter "Tristen" aufgestellt. Tristen zu bauen erfordert Geschicklichkeit und Können. Um einen zentralen Pfosten wird das Heu so aufgeschlichtet,dass Wasser nicht eindringt, sondern außen abrinnt. Das oberste Heu wird mit einem Seil oder Draht fixiert, das Seil mit einem Stein beschwert. Im Hintergrund des Bildes die ruhige, wohl-intakte Seite der Dreitausender der Zillertaler Alpen in Tirol. Die Bauern sagen, sie müssen das Heu von oben mit etwa der doppelten Menge von "normalem" Heu mischen, damit es den Kühen nicht zu "raß" (scharf, intesiv) wird.


In Heutristen wurde das Heu unter freiem Himmel gelagert, wobei zum Schutz vor Bodennässe entweder Fichtenreisig oder Steine ausgelegt wurden. In der Mitte der Triste befand sich eine Triststange, die senkrecht in den Boden gerammt war und der Triste so die nötige Stabilität verlieh. Auf das Fundament schichtete man das Heu in Kegelform auf und bedeckte die Spitze des Kegels mit einem Rasenziegel.

Mit dem Ende der Bergmahd, das im Bundesland Salzburg nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte, verloren diese Heuhütten ihre Funktion.


Besondere Gebäude

Zusätzlich zu den geschilderten Gebäuden fanden sich auf Almen viele Gebäude, die mit almwirtschaftlicher Nutzung nur mittelbar zu tun haben und heute meist nur mehr als Almwüstung bemerkbar sind. Es waren dies vor allem der Viehwirtschaft dienende Schwaighöfe, dem Schutz von Berggehern dienende Berghäuser, die einst dem Bergbau dienten oder Wachthäuser zwischen Herrschaftgrenzen.


Verlassen liegen die Hochweiden im Winter da. Nur die Viehzäune erinnern in der kalten Jahreszeit an das regen Leben auf der Alm im Sommer. Hier: Fuchskogel am Zirbitz auf 2.200 Meter Seehöhe.




Quellen:














Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page