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Land der Almen I


Zwei Drittel unseres Landes liegen in den Alpen, und heute sind die Alpen ein Naturraum. Für viele Menschen waren und sind die Alpen aber vor allem auch eines: ein Lebensraum. Die Geschichte der Alpenbesiedelung reicht weit zurück. Viele Bräuche, Rituale, Sagen und Eigenarten entwickelten sich hier und blieben lange Zeit bewahrt. Wie lange Menschen ihr Vieh in der Sommerzeit schon in höhere Lagen bringen, um die Nutzflächen im Tal der Vorratsbe­schaffung für den Winter zuzuführen, kann niemand genau sagen.


Alm im Ennstal in der Nähe vom Ödensee



Österreich ist für viele eine beliebte Urlaubsdestination und zieht alljährlich viele Besucher an – nicht zuletzt aufgrund seiner wunderschönen Bergkulisse. Heute schlägt der Puls des Lebens in den Städten, Niederungen und Tälern Österreichs, und die Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich in den Becken- und Mittelgebirgslandschaften sowie den großen Alpenlängstälern. Allein im Ballungsraum der Hauptstadt Wien leben 20 % aller Österreicher. Doch das war nicht immer so.


Die Ursprungalm bei Schladming-Preunegg. Sie liegt auf einer Seehöhe von 1.610 Meter am Fuße der Steirischen Kalkspitze in den Schladminger Tauern. Die Ursprungalm ist die älteste urkundlich erwähnte Alm im oberen Ennstal. 1180 wurde die Alm an das Erzstift St. Peter in Salzburg unter dem Namen alba nostra Witegoz urspring verkauft. Die wunderschöne, unberührte Bergwelt, die 1993 Schauplatz für Szenen im Heidi-Film war oder eine erholsame Wanderung zu den idyllischen Giglachseen machen einen Ausflug zur Ursprungalm zu etwas Besonderem.



Forschungen und Untersuchungen zeigen aber, dass bereits vor 6.600 Jahren Hirten und ihre Schafe herausfordernde Wanderungen auf sich genommen haben, um etwa aus dem eher trockenen Vinschgau in Südtirol an die Weidegründe des hinteren Ötztals zu gelangen. Der Hauptgrund war, dass die Erträge aus der Landwirtschaft in den Tälern für die Wintermonate gebraucht wurden und die Almnutzung somit eine Entlastung im Sommer darstellte. In der Regel baute man die Almhütten und Stallungen in der Nähe von Wasser, um das Weidevieh versorgen zu können.


Das Alpenmassiv von oben erscheint als ein unwirtlicher Ort.



Für den Bauern bedeutet die Alm ein Ausweiten seines Lebens- und Wirkungsbereiches nach oben, in die raue Gebirgswelt. Zwar sind harte Arbeit, zähe Mühen und umsichtiges Sorgen notwendig, aber sie verbinden sich mit den Freuden der Almwelt für Mensch und Vieh. Den Bauern war ihre Alm immer schon weit mehr als nur eine betriebswirtschaftliche Angelegenheit. Eine Fülle von Kenntnissen, die sie ihren Vorfahren verdanken, ermöglicht ihnen das Wirtschaften auf den Hochalmen. Für einige Monate des Jahres wird die Grenze des menschlichen Wirkens um viele hundert – ja bis zu eintausend – Meter höher getragen.



Die 2.009 m Höhe gelegene Jagdhausalm soll liegt im Nationalpark Hohe Tauern, am Ende des Osttiroler Defereggentales, und gehört zu den ältesten Almen Österreichs. Die Alm besteht aus 16 Steinhäusern und einer Kapelle, die alle unter Denkmalschutz stehen, sie wird auf Grund ihrer Erscheinung häufig auch als "Klein Tibet" bezeichnet. Die Alm umfasst eine Gesamtfläche von 1.750 ha und befindet sich im Besitz einer Agrargemeinschaft mit 15 Mitgliedern, die allesamt aus Südtirol stammen. Erreichbar ist die Jagdhausalm zum einen von italienischer Seite vom Reintal über das Klammljoch und zum anderen aus dem Defereggental über die Seebachalm. Die Almfutterfläche der Alm, deren niedrigster Punkt auf 2.000 Metern Meereshöhe liegt, beträgt zirka 700 ha. Auf der Alm werden im Durchschnitt vom 25. Juni bis 15. September 350 Stück Rinder gealpt, die sich im Wesentlichen aus Jungvieh und 70 bis 80 Stück Schafen zusammensetzen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Jagdhausalm im Jahre 1212, damals als "sechs Höfe" – die man in der Volkssprache Schwaighöfe nennt – "alle beisammen gelegen am Ort Jagehusen im Bereich Schwarzach". Zu diesem Zeitpunkt wurde sie als Dauersiedlung ganzjährig bewirtschaftet. Jedoch musste aufgrund der extremen Höhenlage diese Nutzung bald aufgegeben werden. Bereits 1406 werden anstatt von Höfen nur noch "alben" in diesem Bereich genannt. Seitdem werden sie nur noch als Sommeralm genutzt. Die Bewohner der Siedlung haben damals für die Herren von Taufers Butter und andere Grundversorgungsmittel hergestellt, im Gegenzug versorgten die Herren von Taufers die Bewohner der Alm mit Getreide und anderen Nahrungsmitteln. Vor 60 Jahren waren noch 40-45 Senner mit 100 Milchkühen und rund 500 Schafen und 100 Schweinen auf der Alm. Die Milch wurde zu Butter und Käse verarbeitet, wovon heutzutage noch die "Kaskeller" zeugen. Die Häuser der Almsiedlung selbst dienen als Ställe, Vorratslager und Behausung der Senner. Sie sind aufgrund des fehlenden Bauholzes aus lokal vorkommenden Steinen erbaut. Bei den kleineren Nebengebäuden wurden auch die Dächer aus Stein errichtet. Die größeren tragen ein Holzschindeldach. Funde aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. am etwa 3,5 km entfernten Klammljoch, dem auf 2.288 m Höhe gelegenen Übergang nach Südtirol ins Reintal, belegen sowohl eine frühe Begehung der Talübergänge als auch die Existenz von Lagerplätzen frühsteinzeitlicher Jäger.



Wo jetzt oberhalb der Baumgrenze nur noch Bergmähder und Almen liegen, waren die Berghänge vor 4.000 Jahren hoch hinauf mit Wald bedeckt. Auch noch vor Jahrhunderten reichte der Wald weiter empor, Baumstrünke von mächtigen Lärchen, Fichten oder Zirben oder gar rindenlose, abgestorbene Stämme mit abgedörrten Aststümpfen finden sich oberhalb des geschlossenen heutigen Waldgürtels als Zeugen dafür. Das Sinken der Waldgrenze ist aber im Wesentlichen auf die seither eingetretene Klimaverschlechterung zurückzuführen. Unrichtig ist die Behauptung, dass die Waldgrenze durch die Almwirtschaft generell um mehrere 100 Meter gesenkt wurde. Sie ist vielmehr großklimatisch bedingt. Vegetationsgeschichtliche Studien beweisen, dass mit der Veränderung der Großklimalage immer Höhenverschiebungen der Waldgrenze verbunden waren. Sie reicht auch heute selbst auf nie beweideten Flächen nicht über die generelle, auffallend horizontal verlaufende Waldgrenze hinaus. Dennoch gehört die frühe Entwicklung der Almwirtschaft im Hochgebirge zu den größten kolonisatorischen Pionierleistungen der ältesten Siedler; die schicksalhafte Verbindung des Bergbauernhofes mit seinen Almen und Bergwiesen zu einer selbständigen Wirtschaftseinheit wurde zur Existenzgrundlage bergbäuerlichen Lebens überhaupt.




Älteste Erwähnung der Alpen in der Literatur

Die Alpen werden in der Literatur relativ spät als Gebirge benannt. Erst Hannibals Zug durch die Alpen 218 v. Chr. brachte sie zur Kenntnis. Heute vorliegende Quellen über das Ereignis stammen von Polybios († um 120 v. Chr.; Polybios, 3, 64–66), der zuverlässige Angaben zu Alpenpässen macht (Quelle: Cuntz, O.; Die Geographie des Ptolemäus. Berlin 1923). Hannibals Alpenüberquerung im Jahre 218 v. Chr. zählt zu den überlieferten Ereignissen während des Zweiten Punischen Krieges. Sie war der Auftakt eines mehrjährigen Krieges auf der italienischen Halbinsel gegen Rom. Der karthagische Heerführer Hannibal zog 218 v. Chr. mit einem Teil seines Heeres von der iberischen Halbinsel nach Italien, um einem römischen Angriff auf Spanien und Nordafrika zuvorzukommen. Hannibal führte anfänglich etwa 50.000 Soldaten, davon 12.000 Reiter sowie 37 Kriegselefanten mit sich. Vermutlich zog er über das Tal der Rhône und dann möglicherweise das Tal der Isère weiter in die Alpen. Der überschrittene Pass ist bis heute unklar. Nach den Überlieferungen war die Passhöhe binnen neun Tagen von der Rhône erreichbar, auf der Passhöhe war ausreichend Platz für ein großes Heerlager, von der Passhöhe aus war die Poebene zu erkennen und in drei Tagen erreichbar.


Die Karthager – Hannibals Übergang über die Alpen. Kolorierter Holzschnitt von Heinrich Leutemann, erschienen 1866 im Münchener Bilderbogen (Blatt 13 der Bilder aus dem Altertume; Nr. 438)



Laut einer Studie der York University in Torontosoll es sich bei dem überschrittenen Pass um den Col de la Traversette, einen 2.947 Meter hohen Gebirgspass am Monte Viso in den Cottischen Alpen handeln. Die Mikroben-Signatur im Kot – es wurden auffallend große Mengen von organischen Ablagerungen gefunden – spricht dafür, dass hier einst tausende von Pferden und anderen Tieren entlang gezogen sein müssen.



Die Bezeichnungen Alpeis (Singular) und Alpes (Plural) treten ca. 150 n. Chr in der griechisch geschriebenen Geographie des Ptolemäus auf (z. B. Alpes Poeninae/Summo Poenius für Großer Sankt Bernhard).

Isidor von Sevilla (560–636) bestätigt in Etymologiarum sive originum libri XX, dass die römischen Eroberer das Wort alp mit der Bedeutung „hoch“, „Berg“ sowie „Bergweide“ von der ligurisch-keltischen Gebirgsbevölkerung übernommen haben.




Besiedelung der Alpen und Almwirtschaft

Altsteinzeit

Neueste Forschungen zeigen, dass bereits im 5. Jahrtausend vor Christus, also bereits vor 7.000 Jahren, die natürlichen Weideflächen oberhalb der Waldgrenze in den Alpen genutzt wurden. Andere Stimmen datieren erste menschliche Spuren sogar auf den Zeitraum bis 8.000 v. Chr. Das würde bedeuten, dass der Alpenraum bereits vor 10.000 Jahren oder länger – zum Ende des Eiszeitalters – von Menschen bewohnt war. Diese Menschen der Altsteinzeit lebten von der Jagd und kannten bereits das Feuer. Sie folgten dem Wild als Nomaden und sammelten essbare Pflanzen, weshalb sie auch als Jäger und Sammler bezeichnet werden.


Die kontinuierliche menschliche Besiedlung des Alpenraums begann gegen Ende der letzten Eiszeit (ca. 13.500 v. Chr.) und verdichtete sich seit der Bronzezeit (ca. 2.200 v. Chr.). Frühmesolithische Lager lassen sich aus dem 9./8. Jahrtausend v. Chr. in 1.600 bis 2.600 Meter Höhe nachweisen, so etwa im Muotatal, im Simmental und auf der Alp Hermettji oberhalb von Zermatt, also in geschützten Lagen. Doch auch in der offenen Landschaft, wie etwa auf dem Pian dei Cavalli oder der Alpe Veglia hielten sich Mesolithiker auf.


Am Brunnifirn, nur wenig unterhalb der Stremlücke im Kanton Uri und immerhin auf 2.831 m Höhe gelegen, wurde Bergkristall abgebaut. In den Ampezzaner Dolomiten, genauer in Mondeval de Sora, wurde auf 2.100 Meter Höhe unter einem Überhang die Bestattung eines etwa vierzigjährigen Mannes entdeckt, die aus dem frühen 6. Jahrtausend stammt.


1987 wurde auf der Hochebene von Mondeval de Sora oberhalb des Dorfes Selva di Cadore auf einer Höhe von 2150 m eine mesolithische Bestattung entdeckt . Die erste Berichterstattung von Vittorino Cazzetta ermöglichte es einem Forscherteam, das Skelett eines mesolithischen Jägers zu finden, der vor 7500 Jahren lebte. Die Entdeckung war weltweit, und zwar wegen der Tatsache, dass sich das Skelett und die Grabbeigaben in einem hervorragenden Erhaltungszustand befanden, aber auch, weil bis dahin nicht bekannt war, dass die mesolithischen Jäger das Hochgebirge frequentierten. Der Ketzerfelsen, auf dem das Grab gefunden wurde, diente angeblich als Schuppen und Unterschlupf für die Jagdsaison. Das Skelett des Mondeval- Menschen und der gesamte Bausatz sind zusammen mit anderen Informationen über das Leben unseres alten Vorfahren im Museum Vittorino Cazzetta in Selva di Cadore ausgestellt. (https://www.dolomiti.org/en/selva-di-cadore/culture-and-history/The-Mondeval-Man/).


Am Ullafelsen in den Stubaier Alpen fanden sich in 1.900 Meter Höhe im Fotschertal zahlreiche Feuerstellen eines Jagdlagers. Dort entdeckten die Ausgräber Silices aus dem 200 km südlich gelegenen Val di Non im Trentino. Silices ist sehr hartes Gesteinsmaterial, das ähnlich wie Glas splittert. Es kann nur durch Schleifen bearbeitet werden und kann nicht durchbohrt werden. Der Begriff bezieht sich nicht auf die Gesteinsart, sondern auf dessen Eigenschaften. In der Steinzeit, bevor die Nutzung von Metallen als Werkstoff begann, war Silices der härteste verwendete Werkstoff. Die daraus erstellten Geräte wurden durch Abschläge meist von Feuerstein gewonnen. Silices wurde für die Herstellung von Werkzeuge sowie von Hieb- und Stichwaffen verwendet und diente zum Funken schlagen, um Feuer zu entzünden. Mit dem Aufkommen der Metalle schwand die Bedeutung von Silices.


Außerdem wurden dort Radiolariten aus den nördlichen Kalkalpen Tirols und Jurahornsteine aus dem 200 km entfernten Gebiet bei Kelheim auf der Fränkischen Alb gefunden. Radiolarit ist ein sehr hartes Gestein und gilt als das „Eisen der Steinzeit“. Es wurde zu Steinwerkzeugen wie Beilen, Klingen, Bohrern oder Schabern verarbeitet. Seine Bruchkanten sind jedoch nicht so scharf wie die von Feuerstein.


Pässe wurden regelmäßig genutzt, wie etwa das 2.756 m hohe Schnidejoch in den Berner Alpen, wo zwischen 2003 und 2012 fast 900 Objekte geborgen wurden, deren älteste aus der Zeit um 4800 bis 4500 v. Chr. stammen.


Fragmente eines einfachen neolithischen Lederschuhs, der 2004 auf dem Schnidejoch gefunden wurde. (Foto: Archäologischer Dienst des Kantons Bern)


Etwa die Hälfte aller 14C-datierten Objekte vom Schnidejoch stammt aus dem Zeitraum zwischen 2900 und 2600 v. Chr., also dem jüngeren Spät- bzw. frühen Endneolithikum. Zu den Funden zählt auch ein Eibenbogen (Taxus) und Pfeile aus Schneeballruten (Viburnum). Der Bogen ist 160 cm lang.



Jungsteinzeit

Der folgende Abschnitt der Menschheitsgeschichte, die Jungsteinzeit, beginnt damit, dass die Menschen den Ackerbau und die Viehzucht erlernten – um 8.000 v. Chr. zunächst in Vorderasien und später, 5.000 v. Chr., im europäischen Raum.

Sie erfanden dafür auch zahlreiche neue Steinwerkzeuge, wie geschliffene Äxte und Beile, aber auch Pflug, Rad und Webstuhl. Mit der Jungsteinzeit beginnt deshalb ein tiefgreifender Einschnitt in der menschlichen Geschichte, der als neolithische Revolution bezeichnet wird.

Die Ackerbauern und Viehzüchter wurden sesshaft. Sie lebten in dorfähnlichen Ansiedlungen und errichteten Häuser, in denen die Großfamilien wohnten. Es wurden Felder bestellt, z. B. mit Weizen, Erbsen, Mohn und Flachs, und verschiedene Nutztiere gezüchtet. Außerdem erlernten die Menschen die Kunst des Spinnens und Webens und der Töpferei. Die vorherrschenden bäuerlichen Lebensgemeinschaften waren jetzt die Sippen, die jeweils aus mehreren Großfamilien bestanden. In dieser Zeit begann auch die Domestizierung von Tieren.


Die Viehzucht und der beginnende Ackerbau ermöglichten erstmals die Gründung von Dauersiedlungen im inneralpinen Raum. Für die Viehzucht in den Dauersiedlungen benötigte man Weidemöglichkeiten, die man in lichten Wäldern oder über der Waldgrenze fand. Dieses von der Natur geschaffene Grünland bezeichnen wir als „Urweiden", da sie nicht gerodet werden mussten. Die Urweiden waren oft mehrere Stunden, ja Tage von der Heimsiedlung entfernt. Wegen dieser großen Entfernung und der oft schlechten Steige wäre eine tägliche Wanderung zwischen Siedlung und Weide für Mensch und Vieh nicht mehr möglich gewesen. Man gründete deshalb temporäre Siedlungen auf diesen weit entfernten Weideplätzen. Eine solche Siedlung ist auf der Anhöhe um die Burg Juval im Vintschgau (Südtirol) nachgewiesen worden. Zu ihr gehörten Almen im hintersten Schnals-, im Rofen-, im Nieder- und im Gurglertal (Ötztaler Alpen). Vom uralten Weiderecht der Vintschgauer Bauern, Schafe vom Schnalstal ins Ötztal zu treiben, wird auch heute noch Gebrauch gemacht.


Eine „Almsiedlung" aus der Jungsteinzeit hat man am Beilstein in der Nähe von Obergurgl im Ötztal archäologisch untersucht. Dabei wurde eine Brandschichte in den Almregionen entdeckt, die auf eine großflächige Brandrodung in der frühen Jungsteinzeit (um 4300 v.Chr.) schließen lässt. Die Waldgrenze wurde durch die Schaffung von großflächigen Almweiden abgesenkt. Diese Brandschichte erstreckt sich über die Ötztaler Alpen bis zu den Hohen Tauern. In diese hochalpine Regionen trieb man damals wie heute überwiegend Schafe und Ziegen auf.


V.l.n.r.: Beilstein/Obergurgl; Ausgrabungen bei der Almwüstung Beilstein, Blickrichtung S (Foto: Alexander Zanesco); Erdschichten bei der Ausgrabungsstelle. Am Beilstein wurden menschliche Aktivitäten bereits vor über 9.000 Jahren, ca. 3500 Jahre vor dem Eismann vom Tisenjoch, nachgewiesen. Holzkohle aus einer Feuerstelle und Hornstein (Silex) lassen auf eine frühe Nutzung des Platzes unmittelbar nach dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren schließen. Aufgrund seiner idealen Lage wurde der Beilstein zuerst als Lagerplatz für die Jagd genutzt. Wann genau sich die ersten Hirten mit ihrem Vieh dort aufhielten, ist noch nicht bekannt. Das Almgebäude aus dem 12. Jh. und 17. Jh. n. Chr. war bis in das 20. Jh. als Wohn- und Heulagerungsraum („Pille“) in Verwendung. Der Beilstein ist eine der am besten untersuchten archäologischen Fundstellen des Hochgebirges im mittleren Alpenbereich.


Reste einer Almhütte am Beilstein


Mitverantwortlich für die Entwicklung dieser regen neolithischen Almwirtschaft war zweifelsohne das günstige Klima. Auch „Ötzi" und seine Verfolger sind in dieser Zeit (3300 v. Chr.) in der hochalpinen Region unterwegs gewesen. Aus den weniger klimabegünstigten Nördlichen Kalkalpen kennen wir noch keinen Beleg für eine solch frühe Almnutzung. Zwar wurden einige Streufunde aus der Jungsteinzeit aufgesammelt, eine Almwirtschaft ist damit jedoch nicht nachweisbar.



Bronze- und Eisenzeit

In der Bronze- und Eisenzeit boten sich die Matten oberhalb des Waldes für die Viehhaltung geradezu an; damals war das Höhenklima milder als heute und die Täler waren häufig stark versumpft, weglos und vermurtbzw. dicht bewaldet. Die Almwirtschaft der frühen Tage hat zuerst die natürlichen Weiden der Waldlichtungen bzw. des über dem Wald liegenden Grüngürtels genutzt. Erst mit Zunahme der Bevölkerung im Alpenraum wandten sich die Menschen auch jenen Talbereichen zu, die zuvor nicht landwirtschaftlich genutzt worden waren. Mit Sicherheit gab es vor Christi Geburt und auch im Mittelalter wesentlich mildere klimatische Bedingungen in unseren Alpen, als dies heute der Fall ist, so dass auf Almen häufig Dauersiedlungen möglich waren. So ist unser Land, eigentlich von den Hochlagen ausgehend, nach unten besiedelt worden.


Der Beginn der Metallzeit (Kupferzeit, 3.900 bis 2.200 v. Chr.), besonders die Bronzezeit (2200-800 v. Chr.) führte zu gravierenden Veränderungen. Zur Herstellung der Legierung „Bronze", die für diese Epoche namensgebend wurde, benötigte man nämlich Kupfer und Zinn. Die Kupferlagerstätten in den Ostalpen wurden zu Kristallisationspunkten neuer Kulturen.


Die Bronzezeit umfasst in Mitteleuropa etwa den Zeitraum von 2.200 bis 800 v. Chr. Sie ist jene Periode in der Geschichte der Menschheit, in der Metallgegenstände wie Waffen, Gerätschaften und Schmuck vorwiegend aus Bronze, einer Kupfer-Zinn-Legierung, hergestellt wurden. Die verschiedenen technischen Verfahren zur Metallgewinnung und -verarbeitung führten zur Entstehung neuer Berufe (Bergleute, Gießer, Schmiede). Sie führten aber auch zu einer großen Formenfülle kunstvoll gefertigter Bronzegegenstände wie Schmuck, Waffen und Geräte. Die Verwendung von Geräten aus Bronze in der Landwirtschaft, z. B. beim Pflug, brachte eine Intensivierung des Ackerbaus und höhere Erträge. Schließlich nahm auch der Fernhandel mit Rohmetall, Bronze, Zinn und Fertigerzeugnissen einen großen Aufschwung. Er führte Händler aus dem mitteleuropäischen Raum z. T. bis in die Länder des östlichen Mittelmeers oder in den hohen Norden.


Für den Abbau und die Verarbeitung der Metalle wurden Arbeitskräfte benötigte, die wiederum mit Nahrung versorgt werden mussten. Eine besondere Rolle spielte auch der prähistorische Salzbergbau in Hallstatt, der nach den neueren Forschungsergebnissen bereits in der mittleren Bronzezeit in voller Blüte stand. Den Beginn der Salzproduktion in Hallstatt ist aber schon vor über 7.000 Jahren anzusetzen. Daher mussten für dutzende, möglicherweise sogar hunderte Bewohner Nahrungsmittel herangeschafft werden. Dies gab Anstoß für eine Intensivierung der Weidewirtschaft.



Ausreichendes Weideland wurde vor allem in dichter besiedelten Dauersiedlungen zur Existenzfrage. Der Ausbau der hochalpinen Grünlandwirtschaft leistete einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs. Als Prototyp einer prähistorischen Talsiedlung ohne ausreichende landwirtschaftlich nutzbare Flächen ist die bronzezeitliche Salzmetropole Hallstatt zu nennen. Sie liegt im Norden des Dachsteingebirges unterhalb der Salzlagerstätten im Salzbergtal am Plassen. Das Dachsteingebirge mit seinen vielfältigen und großflächigen Urweiden ermöglichte es, dort einen Teil der Nahrungsmittel zu produzieren. Die bronzezeitlichen Hüttenreste der hochalpinen Weideplätze bezeugen eine urgeschichtliche Almwirtschaft von 1700 bis 1100 v. Chr. In der frühen und mittleren Bronzezeit ist diese Almwirtschaft eine überlebensnotwendige Ergänzung der Versorgung des prähistorischen Hallstatts.


Im Hallstätter Salzberg werden seit vielen Jahren archäologische Forschungen durchgeführt. Vor einigen Jahren fand man im Heidengebirge neben Tonnen von Kienspanresten und anderem Abfall auch eine gut erhaltene 3.400 Jahre alte Holzstiege im Salzberg (Tusch-Werk). Heidengebirge ist ein bergmännischer Ausdruck für Gesteinsschichten mit Fundeinschlüssen aus dem frühgeschichtlichen Bergbau (wie zum Beispiel in Hallstatt).


2003 wurde in einer Abbaukammer aus der Bronzezeit in 100 m Tiefe, im "Christian von Tusch-Werk" des Hallstätter Salzbergwerks, die älteste bekannte Holztreppe Europas – vielleicht der Welt – entdeckt. Die völlig unversehrte Holztreppe wurde auf 1343 v. Chr. datiert, das ist wenige Jahre vor der Geburt des ägyptischen Pharaos Tutanchamun 1341 v. Chr. Die Stiege hat sich somit über 3.350 Jahre in gutem Zustand erhalten. Sie ist 8 Meter lang und 1,5 Meter breit.


Weil Hallstatt aufgrund seiner Lage nur über begrenzte landwirtschaftlich nutzbare Flächen verfügt, war man gezwungen die Urweiden auf dem Dachsteingebirge in Anspruch zu nehmen. Franz Mandl vertritt in seinem Aufsatz "Almen und Salz Hallstatts bronzezeitliche Dachsteinalmen" nach 30-jähriger Forschungstätigkeit die Ansicht, dass sich der bronzezeitliche Salzbergbau in Hallstatt ohne die intensive Nutzung der Almen auf dem Dachsteingebirge und die Zulieferungen über Handelswege nicht dermaßen entfalten hätte können.


Die hochalpine Grünlandbewirtschaftung wurde seit ihrer Einführung im Neolithikum von Innovationen begleitet. Diese Änderungen der Wirtschaftsform können hier grob in eine Beweidung zur Fleischzucht, in eine Mischform von Beweidung mit Milchverarbeitung und in eine Bewirtschaftung ohne Vieh unterteilt werden. Die am längsten verwendete Form der Almwirtschaft ist wahrscheinlich die Mischform aus Fleischzucht und Erzeugung von Milchprodukten. Diese Wirtschaftsform, die zur Entlastung der Talweiden für die Winterbevorratung von einem tiefer gelegenen Heimhof aus betrieben wird, kann man als traditionelle Almwirtschaft bezeichnen.


Archäologische Forschungen der ANISA, dem Verein für alpine Forschung

rock art and settlement in the Alps - Austria, weisen auf dem Dachsteingebirge (Österreich) eine bronzezeitliche Almwirtschaft von 1.700 bis 900 v. Chr. nach.


Die bronzezeitlichen Almsiedlungen liegen in Karstgruben und bestanden nach den bisherigen Forschungser- gebnissen zumeist aus einer einzigen Hütte. Dennoch haben sich in einigen großen Gruben Indizien dafür finden lassen, dass mehrere Gebäude existiert haben könnten. In einer Grube könnte die Besiedlung länger oder sogar ganzjährig erfolgt sein. Dafür spricht die mit Pollen und Holzkohle besonders stark kontaminierte Erde dieser Grube. In einigen der Karstgruben befinden sich heute noch Wasserlacken für das Weidevieh.


Die bronzezeitlichen Almhütten auf dem Dachsteinplateau waren stabile Behausungen, die den extremen hochalpinen Wetterbedingungen trotzen und auch Schutz vor Raubtieren bieten konnten. Das bedeutete, dass nicht nur die Wände stabil, sondern auch die Dächer dicht sein und den Schneelasten Stand halten mussten. Das Ergebnis war zweifellos eine Hütte, die den Almleuten mehrere Jahre als Behausung dienen sollte. Die drei AMS-Datierungen von Holzkohle aus der Königreich-Tiefkar-Hütte zeigen uns eine Verwendung der Hüttstätte von 1360 bis 1170 v. Chr. (cal. BC-intercept), sie wurde demnach beinahe 200 Jahre genutzt! Natürlich muss auch das Alter des datierten Holzes berücksichtigt werden, was die Toleranz erhöhen kann. Als Baumaterial verwendete man, was die Natur bot, nämlich Steine und Holz (Baumstämme). Einige der Almhütten waren, wie die bisherigen Befunde belegen, auf hochgezogenen Steinkränzen bzw. Fundamenten (Trockenmauern) aufgebaute Blockbauten, also Hütten, die teils Stein- und teils Blockbauten waren. Andere Siedlungsplätze zeigen uns nur vage Fundament- und Ecksteine. Dies könnte auf reine Blockbauten hinweisen. Alle diese Hütten waren einräumig. Der Grundriss entspricht dem Megaron-Typus. Im Eingangsbereich befand sich die Feuerstelle mit einem fortgesetzten Vorplatz bzw. offenen Vorraum. Wahrscheinlich waren die intensiv genützten Feuerstellen überdacht. Trotz der einfachen Bauweise waren die Behausungen in Bezug auf die Witterung durchdacht angelegt worden. Die Rückwand, die sich auf der Wetterseite befand, war verstärkt. Der Eingang richtet sich nach Süden oder zumindest in die Richtung, die eine günstige Sonneneinstrahlung ermöglichte.


Bisher konnten 19 Siedlungen mit 21 Proben datiert werden. Weitere Hüttenreste warten noch auf eine Datierung. Die Höhenlage der Siedlungen wird nicht von einer Chronologie des Alters bestimmt. Die Dichte der Siedlungen nimmt gegen Hallstatt zu. Eine Blütezeit der bronzezeitlichen Almwirtschaft war zwischen 1440 und 1260 v. Chr. Das ist auch die Blütezeit des bronzezeitlichen Salzbergbaues im Hallstätter Christian-Tusch-Werk, in dem die berühmte Holzstiege (1344 v. Chr.) gefunden wurde. Dort sind mithilfe der Jahrringchronologie bis 3.460 Jahre alte Hölzer nachgewiesen worden. Der Salzbergbau der mittleren Bronzezeit korreliert mit der Almbewirtschaftung auf dem Dachsteingebirge überraschend stark. Der Verein für alpine Forschung ANISA hat rund 40 Strukturen prähistorischer Almhütten auf dem Hochplateau nachgewiesen, Einzelfunde deuten auf ein Wegesystem dort hin.



Zum Viehbesatz in der Bronzezeit kann gesagt we rden, dass bisher wurden zwei bronzezeitliche Almhüttenreste archäologisch untersucht wurden, und zwar in der Lackenofengrube (1984) und in der Königreichalm (2005), beides Dachsteinmassiv. Nur in ersterer konnte Knochenmaterial von Rind, Schwein, Ziege oder Schaf und Pferd aufgesammelt werden. Dabei handelt es sich ausschließlich um Knochen von Jungtieren. Aus diesem Befund erhärtet sich die These, dass die Tierhaltung temporär erfolgte. Diese Vermutung beruht auf der Annahme, dass im Falle einer ganzjährigen Tierhaltung auch Knochen von älteren Tieren vorhanden sein müssten. Das geringe, aber breit gestreute Fundmaterial lässt keine klare Aussagen über die bevorzugte Tierart zu. Es ist aber anzunehmen, dass eher genügsame Kleintiere wie Schafe und Ziegen gehalten wurden. Diese konnten sich dem gebirgigen und verkarsteten Gelände am besten anpassen. Der Mensch konnte aus ihnen überdies vielfältigen Nutzen ziehen. Liefern sie doch Fleisch, Milch, Leder, Felle und Wolle. Dort weidende Rinder, Schafe oder Ziegen seien wahrscheinlich nicht nur für Milch, Käse und Fleisch genutzt worden, auch der Bergbau brauchte Leder, Sehnen etc.


Kühe auf der Alm Nähe Ödensee, Bad Mitterndorf, Steiermark


Das Salz war in der Bronzezeit nicht das einzige, was die Hallstätter produzierten. Mehrere hölzerne Blockbauten, die bei ihrer Entdeckung im 19. Jahrhundert noch für Wohnbauten gehalten wurden, werden inzwischen allgemein als Anlagen zum Pökeln von Fleisch interpretiert. Die Größe der Anlagen ermöglichte die Verarbeitung derart großer Mengen, dass es gerechtfertigt scheint, von einer bronzezeitlichen Fleischindustrie zu sprechen. Zwischen 150 und 200 Schweine konnten gleichzeitig in einem Becken mit Salz gepökelt werden. Durch Radiokarbonanalysen des verwendeten Holzes ist die zeitliche Einordnung in das 13. und 12. Jahrhundert v. Chr. gesichert. Die Untersuchung der bei den modernen Grabungen gefundenen Tierknochen wies nach, dass in den Pökelwannen vor allem Schweinefleisch verarbeitet wurde.


V.l.n.r.: 1877 durch einen Erdrutsch freigelegter Blockbau. (Bild: Funkaktenarchiv PA NHM Wien); 1877 dokumentierte Isidor Engl einen im Salzbergtal entdeckten Blockbau. Erst über 100 Jahre später konnte die Konstruktion als Pökelwanne einer bronzezeitlichen Fleischindustrie identifiziert werden. (Bild: Fundaktenarchiv des NHM); 1939 freigelegter Blockbau mit doppelter Wand. (Bild: Museum Hallstatt). Die Fundestelle und Funde wurden in Aquarellen festgehalten.


Außerdem fanden sich Knochen von Schafen, Ziegen und Rindern. In der Masse der geborgenen Knochen, die alle von Tieren einer eng begrenzten Altersgruppe stammen, fehlen regelhaft bestimmte Körperteile. Daher geht man in der modernen Forschung davon aus, dass nur spezielle Teile der an einem anderen Ort geschlachteten Tiere ins Salzbergtal geliefert wurden. Die Funde weisen aufgrund ihrer Zusammensetzung auf eine Massenverarbeitung von Fleisch im Salzbergtal hin, die den anzunehmenden Bedarf der Siedlung(en) in Hallstatt selbst deutlich überstieg und sie damit wahrscheinlich auch dem Export dienten. Durch experimentelle Archäologie konnte nachgewiesen werden, dass das Klima im Inneren der Stollen ideal dazu geeignet ist, Rohschinken reifen zu lassen. Daher dürften die Fleischstücke nach dem Pökeln vermutlich in die Stollen gebracht worden sein.


Somit kann Hallstatt als prähistorischer Großbetrieb betrachtet werden. Schweine waren ein wichtiger Aspekt davon, wurde doch in Hallstatt jedes Jahr tonnenweise Speck produziert – etwas Vergleichbares in der Dimension ist in Europa nicht bekannt. Offenbar wurden die Schweine entlang der Donau nach Hallstatt getrieben. Angesichts der Tatsache, dass es in der Region im Winter nicht ausreichend Futter gab, um eine so große Zahl an Tieren zu ernähren, stellte sich die Frage um die Herkunft der Schweine. Eine Untersuchung von mitochondrialer DNA aus in Hallstatt gefundenen Schweinezähnen an Proben von zehn Tieren aus der Zeit zwischen dem 12. und 13. Hahrundert v. Chr. gibt Hinweise auf die Herkunft der Schweine. Eine erste DNA-Analysen deutete darauf hin, dass die Tiere von Züchtern im Alpenvorland entlang der Donau oder aus dem Judenburger und Klagenfurter Becken stammten und jedes Jahr nach Hallstatt getrieben wurden. Weitere morphologische Unterschiede weisen auf Herkunftsgebiete der Schweine nach Norden entlang der Traun und nach Südosten in Richtung Steirisches Salzkammergut hin. Ihr Fleisch wurde dort in riesigen Holzbecken gepökelt und im Bergwerk getrocknet. Es handelte sich dabei hauptsächlich um kastrierte Männchen. Die Hallstatt-Schweine stammten aus großen Herden bzw. verschiedenen Haltungsbetrieben. Hallstatt hatte offenbar mehrere Schweine-Lieferanten und nicht einen Großzüchter, der den Großbetrieb alleine belieferte.


Schweine sind heute auf der Alm ein seltenes Bild. Auf der Haferl-Grundalm (ca. 1.600 m) sind sie noch zu finden, ebenso werden Schweine auch noch in der Schweiz auf bealpt. Schweine sind auf allen Almen wichtige Verwerter der Magermilch. Ob das Erscheinungsbild der Schweine in Hallstatt jenem unseres heutigen Hausschweins bereits entsprochen hat, ist ungewiss.


Die Analyse der mitochondrialen DNA zeigte weiters, dass die Tiere fast ausschließlich zur europäischen genetischen Linie (Haplotyp) und nicht zur asiatischen gehörten. Bezüglich der Verbreitung prähistorischer Proben im Netzwerk gibt es zwei gemeinsame Haplotypen, die sowohl von prähistorischen als auch von modernen Schweinen beherbergt werden: H288-7 war identisch mit einem Wildschwein-Exemplar aus Norwegen bis H45-1 und H405-5 teilte denselben Haplotyp mit a Britisches Duroc und das französische Wildschwein-1. Dies könnte den Rückschluss zulassen, dass Schweine auch in Europa domestiziert wurden. Die europäischen Hausschweine waren (fast) identisch mit den europäischen Wildscheinen. Erst Jahrhunderte später mischten sich die verschiedenen Linien zum Teil.


Das Wildschwein ist der wilde Verwandte und Vorfahre des Hausschweins. Vor über 8.000 Jahren wurde das Wildschwein domestiziert, also gezähmt und speziell gezüchtet. Bei der Züchtung achtete man vor allem darauf, dass sich das Fleisch verbessert. Aus dem hochbeinigen, schlanken Wildschwein ist allmählich das kurzbeinige Hausschwein mit langem Rücken und dickem Bauch geworden.



Aber es gab in der Bronzezeit am Dachsteinplateau nicht nur Almwirtschaft, es wurden dort auch Elche gejagt. Dies konnte anhand von Elchknochen nachweisen werden, die bereits früher in Höhlen auf dem Hochplateau gefunden wurden. Bisher unentdeckte Schnittspuren und Einschusslöcher an den Knochen zeugen von Jagd und Nutzung des Fleischs. Vermutet wird ein Zusammenhang zwischen der Elchjagd und der nahegelegenen prähistorischen Salzmetropole Hallstatt. Die untersuchten Knochen wiesen an fünf Schulterblättern Einschusslöcher und an zahlreichen Knochen Schnittspuren nach – also eindeutige Hinweise auf Jagd. In Hallstatt wurde in der Bronzezeit, etwa seit dem 14. Jh. vor Christus, im nahezu industriellen Ausmaß Salz abgebaut – täglich bis zu 1,5 Tonnen. Das erforderte entsprechende Ressourcen, um die Bergleute mit Nahrung zu versorgen.


Der Elch war früher in Österreich heimisch. In Hallstatt diente er in der Bronzezeit als Nahrungsquelle für viele Menschen. Er galt als seit langer Zeit als ausgestorben. Gelegentlich wurde sogar behauptet, dass Berichte über ein Vorkommen des Elches westlich der Oder nach der Zeitwende in das Kapitel "Jägerlatein" einzureihen wären. Mittlerweile konnte aber durch zahlreiche Funde nachgewiesen werden, daß der Elch in Mitteleuropa – und auch in Österreich – von vorgeschichtlicher Zeit bis ins Mittelalter Standwild war. Elchreste wurden in vielen Teilen Europas in Fundkomplexen aus verschiedensten Zeitepochen gefunden. Seit einigen Jahren lebt der Elch im Waldviertel und auch in Oberösterreich wieder in Österreich.



Erst um 1100 v. Chr. nimmt die Intensität der Almwirtschaft stark ab und endet um 1000 v. Chr. Gleichzeitig ist ein Rückgang des Hallstätter Salzbergbaus zu erkennen. Die Almwirtschaft wurde, soweit wir dies heute mit den uns zur Verfügung stehenden Forschungsergebnissen beurteilen können, weder in der von einem Klimaeinbruch geschüttelten Hallstattzeit (750–450 v. Chr.) noch in der Keltenzeit, in der sich das Klima erholte (450–15. v. Chr.), wieder aufgenommen.


Zeittafel: Almwirtschaftauf dem östlichen Dachsteinplateau mit Temperaturkurve. Gut zu erkennen ist die den Phasen teilweise gegenläufige Temperaturkurve. © Franz Mandl, ANISA



Die Eisenzeit begann um etwa 800 vor Christus. In Europa waren die Stämme der Kelten Träger der eisenzeitlichen Kultur. Die Hallstattkultur stellt hierbei ein Zentrum Eurpas dar. Aus der La-Tène-Zeit gibt es Berichte von römischen Schriftstellern über die Almwirtschaft, welche von einem „bedeutenden Wirtschaftszweig" der Alpenländer sprechen. Das Eisen war dem bisher verwendeten Werkstoff Bronze wegen seiner größeren Härte und Zähigkeit deutlich überlegen. Waffen und Werkzeuge und Geräte aus Bronze wurden schnell stumpf oder verformten sich. Die Verwendung von Eisen führte deshalb zur Intensivierung sowohl der handwerklichen Produktion als auch der Landwirtschaft. Die Kelten beherrschten nicht nur die Metallgewinnung, sondern waren auch talentierte Waffen- und Goldschmiede.


V.l.n.r., oben: Der Kelten-Goldschatz von Manching ist ein Depotfund aus der Zeit um 100 v. Chr., der 1999 auf dem Gelände des keltischenOppidums bei Manching geborgen wurde. Der Fundkomplex umfasst 483 Goldmünzen (Statere) sowie einen goldenen Gusskuchen.[1] Bei dem einheitlich zusammengesetzten Münztyp handelt es sich um so genannte Muschelstatere, diese stammen sämtlich aus dem Gebiet der Boier – dem heutigen Böhmen; der Helm von Agris wurde 1981 in der Grotte des Perrats im Südwesten Frankreichs entdeckt. Es handelt sich um einen keltischen Prunk- bzw. Repräsentationshelm des 4. vorchristlichen Jahrhunderts; Grabbeigaben des Fürsten von Hochdorf: Zu den Fundstücken zählen ein Birkenrindenhut, geometrisch verzierter Goldschmuck, ein Goldhalsreif, ein Dolch, zwei Fibeln, ein Gürtelblech, ein Armring und Schuhverzierungen, um 530 v. Chr..

V.l.n.r.:, unten: Goldschmuck aus Waldalgesheim, 340–300 v. Chr.: Ein bedeutender früher Fund war das Begräbnis einer bedeutenden Frau in Waldalgesheim in Westdeutschland um 320 v. Chr. mit vielen reich verzierten Gegenständen. Sie trug Schmuck aus Gold und Bronze, der mit stilisierter Vegetation verziert war, und wurde für ein Fest mit Bronzegefäßen begraben. Ein reich verzierter Streitwagen begleitete sie zum Grab; die Braganza Brosche ist eine keltische La-Tène-Kriegerfibel aus Gold, 3. Jahrhundert v. Chr.; Keltischer Gold-Torque, ca. spätes 5. bis frühes 4. Jahrhundert v. Chr.


Schmiede genossen bei ihnen überhaupt hohes Ansehen. Hergestellt und kunstvoll verziert wurden von ihnen Waffen, Hausrat, Schmuck und Kultgegenstände aus Bronze, Eisen und Gold. Aus der Eisenzeit gibt es Hinweise auf den Verzehr von Blutwurst, Bier und Blauschimmelkäse in Hallstatt. Forscher konnten dies anhand im prähistorischen Salzbergwerk Hallstatt vorgefundener Kotreste beweisen. Spezialprodukte oder Lebensmittelverfeinerung durch Fermentation waren offenbar schon vor nahezu 3.000 Jahren im heutigen Salzkammergut verbreitet. Einiges spricht dafür, dass Bier und Blauschimmelkäse damals direkt im Salzbergwerk von Hallstatt produziert wurden. Denn mit konstanten Temperaturen um acht Grad, einem hohen Salzgehalt der Luft und reichlich Feuchtigkeit waren die Bedingungen nahezu perfekt für die Lagerung von reifendem Käse und Bier.


Die Kelten unterlagen an der Schwelle zur Zeitenwende dem Ansturm germanischer Stämme aus dem Norden und des Römischen Reichs von Süden her.


Römerzeit

Rund 500 Jahre war das heutige Österreich dann ein Teil des Römischen Reichs. Im Jahre 15 v. Chr. unterwarfen die römischen Feldherren Drusus und Tiberius von Gallien und Italien aus die Räter der Ostschweiz, Tirols und des vorarlbergischen Rheintals. Zur gleichen Zeit wurde das keltische Königreich Noricum von den Römern besetzt. Von da an wurde die Region schließlich unter Kaiser Augustus Teil des römischen Reichs.


Nach der römischen Besatzungszeit blieben über Jahrhunderte hinweg römische Lehnwörter für Almgerätschaften und auch für die Bezeichnung von Almen im Gebrauch; sie lassen auf eine ungebrochene Weiterbewirtschaftung der Almen schließen.


So fanden später die einwandernden Slawen und die nach ihnen vordringenden Bayern und Alemannen bereits eine hochentwickelte Almwirtschaft vor. Viele keltische Bezeichnungen von Almgerät und Almen selbst geben Zeugnis von diesen Geschehnissen.


In den Jahren zwischen 35 und 6 v. Chr. erfolgte eine schrittweise Integration des Alpenraums in das expandierende Römische Reich. Ein zeitgenössisches Denkmal, das Tropaeum Alpium von La Turbie, erinnert an den Sieg in den Alpenfeldzügen über 46 Stämme. Der folgende Bau von Fahrstrassen über mehrere Pässe diente vor allem der Verbindung von römischen Siedlungen südlich und nördlich des Gebirges.


V.l.n.r.: Das Tropaeum Alpium in La Turbie (Alpes-Maritimes, France); Rekonstruktion des Tropaeum Alpium im Museum von La Turbie; Ansicht von La Turbie, Frankreich, mit dem Tropaeum Alpium (augusteisches Siegesmonument zum römischen Alpenfeldzug). Das Tropaeum Alpium (auch Tropaeum Augusti genannt) ist ein römisches Bauwerk, das im heutigen La Turbie in den Seealpen oberhalb von Monaco steht. Der Bau wurde im Jahre 7/6 v. Chr. zu Ehren des Kaisers Augustus errichtet. Anlass für die Errichtung war der Alpenfeldzug im Jahre 15 v. Chr., in dem Drusus und Tiberius insgesamt 46 Stämme unterwarfen – die wiederhergestellte Inschrift ist als historische Quelle bedeutend, die durch Plinius den Älteren belegt ist. In der Antike war das Bauwerk vermutlich insgesamt 50 m hoch, heute reichen die Reste nur noch bis zu einer Höhe von 35 m. Im Mittelalter baute man das Siegesdenkmal zu einer Befestigungsanlage mit Wachturm um, dessen Reste noch am höchsten Teil des Gebäudes erkennbar sind; in späteren Zeiten wurde es auch als Steinbruch genutzt.


Inschrift im Tropaeum Alpium

Die Inschrift, die nur in Bruchstücken erhalten war, konnte durch die Naturgeschichte von Plinius dem Älteren (3, 136–137) vollständig rekonstruiert werden. Es werden die Namen von insgesamt 46 Stämmen aufgelistet, die im Alpenfeldzug von den Römern besiegt wurden. Die Reihenfolge der Aufzählung der unterworfenen Stämme berücksichtigt hierbei sowohl die zeitliche Abfolge der Eroberung als auch die geographische Situation.


“IMPERATOR|CAESAR|DIV|FILIO AVGVSTO PONT MAXIMP XIIII TRIB POT XVII SENATVS POPULVSQVEROMANVS QVOD EIVS DVCTV AVSPICIISQVE GENTES ALPINAE OMNES QVAE A MARI SVPERO AD INFERVM PERTINEBANT SVB IMPERIVM P R SVNT REDACTAE GENTES ALPINAE DEVICTAE.TRVMPILINI.CAMVNNI.VENNONETES.VENOSTES.ISARCI.BREVNI.GENAVNES.FOCVNATES VINDELICORVM GENTES.QVATTVOR.COSVANETES.RVCINATES.LICATES.CATENATES.AMBISONTES.RVGVSCI.SVANETES.CALVCONES BRIXENTES.LEPONTI.VBERI.NANTVATES.SEDVNI.VARAGRI.SALASSI.ACITAVONES.MEDVLLI.VCENNI.CATVRIGES.BRIGIANI SOGIONTI.BRODIONTI.NEMALONI.EDENATES.VESVBIANI.VEAMINI.GALLITAE.TRIVLLATI ECTINI VERGVNNI.EGVITVRI.NEMETVRI.ORATELLI.NERVSI.VELAVNI.SVETRI”

– Dem Imperator und Caesar, Sohn des Göttlichen, Augustus. Oberpriester, Imperator zum 14. Male, Inhaber der tribunizischen Gewalt zum 17. Male [widmen] Senat und Volk von Rom [dieses Denkmal], weil unter seiner Führung und Planung alle Alpenstämme, die sich vom Oberen (Tyrrhenischen) Meer bis an das Untere (Adriatische) Meer erstrecken, unter die Herrschaft des römischen Volkes gebracht wurden. Die besiegten Alpenstämme [sind]: Trumpiliner, Camunni, Vennoneten, Venosten, Isarken, Breonen, Genaunen, Fokunaten, vier Stämme der Vindeliker, Cosuaneten, Rucinaten, Likatier, Catenaten, Ambisonten, Rugusker, Suaneten, Kalukonen, Brixenten, Lepontier, Uberer, Nantuaten, Seduner, Veragrer, Salasser, Acitavonen, Meduller, Ucenni, Caturiger, Brigianen, Sogiontier, Bodontier, Nemaloner, Edenaten, Vesubianer, Veaminer, Galliter, Ulatter, Ekdiner, Vergunni, Eguituri, Nemeturer, Oratelli, Nerusi, Velauni, Suetri.


Im 5. Jahrhundert n. Chr. wird im Allgemeinen das Ende des Weströmischen Reiches angesetzt. 476 endete es mit der Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustus, den seine Gegner "Augustulus" (Kaiserlein) nannten, durch den germanischen Heerführer Odoaker. Dieser wurde zum König von Italien ernannt und stellte Italien unter die Oberherrschaft des Kaisers von Ostrom. Römische Truppen zogen von ihren Stellungen in den nördlichen Provinzen ab.


Historisierende Darstellung des Abzugs der römischen Provinzialen mit der Leiche des Hl. Severin, aus Moritz Smets: Geschichte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, 1878. Severin von Norikum wirkte im bedrängten Gebiet von Noricum, um der dort noch ansässigen christlich-römischen Bevölkerung gegen die aus dem Osten und Norden andrängenden Germanenvölker zu helfen.


Nach den Wirren der Völkerwanderung, deren Ende etwa im 7. Jahrhudert angesetzt werden kann, erfolgte der Übergang ins Mittelalter.



Mittelalter

In harter Rodungsarbeit wurden die mittleren und vorderen Talabschnitte in späterer Zeit urbar gemacht, besonders intensiv zum ersten Mal von ca. 500 bis 1250 n. Chr., vor allem für die Errichtung von Salz- und Erzbergwerken. Im Mittelalter wurde zum zweiten Mal stark gerodet, diesmal gezielt, um Wald in Weidefläche umzuwandeln. Eine Reihe von Urkunden beweist, dass bis ins 14. Jahrhundert ein reger Fortschritt der Rodungsarbeit zum Zweck der Gewinnung der Almen herrschte. Und tatsächlich erlebte die Almwirtschaft im Spätmittelalter (14. bis 15. Jahrhundert) eine Blütezeit.


Seit dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert war der traditionelle inneralpine Bauernhof ein Viehhof sowie ein auf Vorratswirtschaft und Eigenversorgung aufgebauter landwirtschaftlicher Betrieb. Darüber hinaus mussten Natural- bzw. Geldabgaben an die Grundherrschaft geleistet werden. Das Vieh, insbesondere Rinder, Schafe und Ziegen wurden in den Sommermonaten auf die Almen getrieben, wo auch Milchprodukte erzeugt wurden. Die fetten Gräser und Alpenkräuter stärkten das Weidevieh und das Höhenklima härtete es ab. Auch Schweine wurden auf den Almen mit Molke, Abfällen und Alpenampfer gefüttert. Die Monate der Almbewirtschaftung entlasteten die Gründe um den Heimhof und ermöglichten daher Futtergewinnung für die Winterbevorratung und Ackerbau. Alm und Heimhof bildeten eine untrennbare wirtschaftliche Einheit, ohne die ein Überleben in den Bergtälern undenkbar gewesen wäre.


V.l.n.r.: Gebirge bei aufsteigendem Gewitter von Ludwig Halauska (1827 Waidhofen an der Ybbs – 1882 Wien), undatiert; der Hochschwab ist für seine raschen Wetterwechsel berüchtigt; Gewitter im Gebirge stellen für die Menschen auf den Almen eine große Bedrohung dar.


Käse war eine wichtige Nahrungsquelle im Mittelalter. Aus der bayrischen Besiedlung der Ostalpen (aus den Jahren zwischen 900 und 1200) sind schon agrargeschichtlich bezeugte Urkunden vorhanden. Es wurden damals auch Almen in Lehen gegeben - und zwar an einzeln oder gemeinsam siedelnde Bauern. Als dann im 12. und 13. Jhdt. die Besiedlungsdichte in den Ostalpen rasch zunahm, kam es sogar schon zur Rodung innerhalb der Waldzone und zur Errichtung von Waldalmen, die besonders in den Urbaren der Ostalpen als „Schwaigen", das waren untertänige Bauerngüter, angeführt sind.


Das Butterfass war eines der wichtigsten Utensilien der Sennerinnen und Senner. Doch ist auch Butter nicht ewig haltbar, und so wurde aus der Butter Butterschmalz hergestellt. Butterschmalz ist geklärte, eingesottene oder geläuterte Butter und wird durch Entfernen von Wasser, Milcheiweiß und Milchzucker gewonnen. Es hat ähnliche Eigenschaften wie Schmalz, wird jedoch nicht aus Schlachtfett, sondern aus ausgelassener Butter von Kuhmilch erzeugt. Butterschmalz ist durch den geringen Wassergehalt wesentlich länger haltbar als Butter, ungekühlt hält es sich etwa neun Monate.


So gab es z.B. im Ennstal damals fast 500 solcher Schwaigen, die an ihre Grundherrschaft Käse und Butterschmalz „zinsen" mussten. Für eine Kuh mussten damals 50 und für ein Schaf 10 Käslaibchen zu einem halben bis einem Kilo abgeliefert werden. Um das Jahr 1300 betrug der Almzins an den Landesfürsten der Steiermark 40.000 und an das Kloster Admont 30.000 solcher Käse; in Tirol mussten an den Landesfürsten gar 115.000 Käse und an den Salzburger Erzbischof 40.000 Käse gezinst werden.



Neuzeit

Wahrscheinlich führten wesentlich verschlechterte klimatische Bedingungen im 17. Jahrhundert dazu, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der höheren Dauersiedlungen - die sogenannten Schwaighöfe - aufgegeben werden musste; diese Höfe und ihre Flächen wurden schon damals zu Almen im heutigen Sinne. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war die Almwirtschaft trotzdem die Säule der Viehwirtschaft. Knapp vor dem industriellen Wirtschaftsaufschwung im 18. und 19. Jahrhundert waren die Almwirtschaften für die Selbstversorgung der bäuerlichen Bevölkerung von außerordentlicher Bedeutung. Man erkennt dies daran, dass damals nur am eigenen Hof überwintertes Vieh - und nicht zugekauftes - gealpt werden durfte. Damals wurden auch, wie es heute nur noch selten geschieht, Bergmähder gemäht und das Heu von diesen Steilflächen, die oft weit über den Almen gelegen waren, mühsam heruntertransportiert. In jene Zeiten fiel auch immer mehr die von den Forstmännern so kritisierte Miteinbeziehung des Waldes in die angrenzenden Weideflächen. Schließlich begann besonders unter dem Einfluss der Eisenindustrie eine Umkehr. Die landwirtschaftliche Nutzung bis in die Almregionen hinauf wurde von weideeinschränkenden Waldordnungen abgelöst, und die Almwirtschaft kam in eine zunehmend misslichere Lage. In Österreich veranlasste die damalige Bedrohung der Existenz des Bergbauernstandes den Staat kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts einzuschreiten. Eine staatliche Kommission stellte bereits 1887 fest:


„Die Almweide ist ein wichtiges Fundament des Nationalvermögens und Volkswohlstandes. Es sind daher unverzüglich Bestimmungen zu Schutz, Pflege und Förderung der Almwirtschaft zu erlassen“

Nach und nach kam es im gesamten Alpenraum zu Gesetzen zur Förderung und Verbesserung der Almwirtschaft.



20. Jahrhundert und Gegenwart

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgte eine intensive Nutzung der Almgebiete, die jedoch Ende der 1960er- und in den 1970er-Jahren drastisch zurückging.

Der Grund dafür lag vor allem im gesellschaftlichen Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg, der eine Abwanderung der Landarbeitskräfte mit sich brachte und damit einen Personalmangel auslöste: Die Arbeitskraft wurde zum teuersten Produktionsfaktor. Außerdem passte die Almwirtschaft einfach nicht mehr zum damaligen Fortschrittsdenken. In Österreich zum Beispiel kam es zwischen 1952 und 1986 zu einem starken Rückgang der Gesamtalmfläche: Die Almwaldfläche nahm um 27 % ab, die unproduktive Almfläche um 28 % und die Almweidefläche (rund die Hälfte der Gesamtfläche) um 16 %, wodurch der Almwirtschaft in diesem Zeitraum zirka 142.000 ha Weidefläche verloren gingen. In den 1980er-Jahren kam es durch verschiedene Förderungen und dem wieder gefundenen Interesse von Seiten der Bauern zu einem neuen Aufschwung. Heute hat die Almwirtschaft im Alpenraum ihren hohen Stellenwert zurückerlangt.

Grafik: DI Thomas Parizek hat die Entwicklung der Almen in Österreich in den letzten Jahrzehnten analysiert. Er hat dabei Statistiken des InVeKoS (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem der Europäischen Union) verwendet. Im Rahmen der ALP Austria, dem Programm zur Sicherung und Entwicklung der alpinen Kulturlandschaft, präsentiert er seine Ergebnisse in „Almen und Almwirtschaft in Österreich - Auswertung und Analyse der landwirtschaftlichen Struktur der österreichischen Almwirtschaft“. In der Grafik oberhalb ist der Rückgang der bewirtschafteten Almen seit 1952 anhand der genauen Zahlen zu sehen.



Erst seit den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ermöglichen Maschineneinsatz, Düngung der Felder sowie Zukauf von Futtermitteln und Grünfächen im Tal eine Bewirtschaftung der Bauernhöfe völlig ohne Almwirtschaft. Viele Bauern treiben aber weiterhin ihr Vieh auf Almen, weil die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere, die Erzeugung von Milchprodukten für den Tourismus und Fördergelder beachtliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen.













Quellen:

Franz Mandl: Almen und Salz Hallstatts bronzezeitliche Dachsteinalmen, Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines, 2006.

https://www.komoot.de/highlight/841698



 

3 Comments


Eben van Tonder
Eben van Tonder
Feb 10, 2024

So many different strands of history come together in this work, its brilliant!! I may be late for work today! Hahahaha!!!

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Brauchfrau
Brauchfrau
Feb 10, 2024
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😊

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Eben van Tonder
Eben van Tonder
Feb 10, 2024

What an amazing work! I cant stop reading!!! Wow!!

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