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Johannisnacht und Johanni – 23. und 24. Juni


Der Johannitag (auch Johanni) wurde in der Vergangenheit auch Sommerweihnacht genannt und ist das Hochfest der Geburt Johannes’ des Täufers am 24. Juni. Der Termin steht in enger Verbindung zur am 21. Juni stattfindenden Sommersonnenwende, wie das Weihnachtsfest Bezug zur Wintersonnenwende am 21. Dezember hat. Die Johannisnacht ist die Nacht auf den Johannistag vom 23. auf den 24. Juni. Sie spielt im Brauchtum und Aberglauben eine wichtige Rolle. In der Johannisnacht wird das Johannisfeuer entzündet. Johanni ist auch eine besonders günstige Zeit für das Sammeln von Kräutern und ein wichtiger Lostag im Zusammenhang mit Bauernregeln.





Johannes der Täufer im Lichte der Sonnenwende

Johannes der Täufer ist eine Lichtgestalt, deren Gedenktag die Kirche bewusst sechs Monate vor Heiligabend feiert. Die Lebensgeschichten von Jesus und Johannes dem Täufer sind eng miteinander verwoben, wie im Lukasevangelium deutlich wird. Am Johannistag spielt die Lichtsymbolik eine zentrale Rolle, basierend auf biblischen Berichten. Lukas beschreibt Johannes als den Vorläufer, der das aufstrahlende Licht aus der Höhe ankündigt, um allen in Dunkelheit und Todesschatten zu leuchten (Lukas 1,78f). Johannes selbst sagte: "Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen" (Johannes 3,30). Dies spiegelt sich in den Sonnenstunden der Gedenktage wider: Wenige Tage vor dem 24. Juni ist die Nacht am kürzesten und der Tag am längsten im Jahr, aber danach werden die Tage kürzer und die Nächte länger. Am 25. Dezember kehrt sich dieses Verhältnis um.


In Mitteleuropa und besonders in Nordeuropa, wo das Wechselspiel der Sonne eine herausragende Rolle spielt, wird der Johannistag mit besonderer Feierlichkeit und Brauchtum begangen. Dort gibt es das Johannisfeuer als altes Symbol für die Sonnenwende sowie das Binden von Kränzen am Johannistag.


In Leobschütz glaubt man, dass der Heilige in der Johannisnacht herabsteigt, um die zu seinen Ehren gepflückten Blumen zu segnen und Unheil von Haus und Hof fernzuhalten. Am Vortag wird ihm in Böhmen ein Lager aus Johannisblumen bereitet, auf dem er nach dem Gebet beim Pflücken ruht. Die Kräuter werden dann unter das Viehfutter gemischt. In Schenkendorf, Kreis Guben, erscheint der "Hans" in der Johannisnacht als grün gekleideter Mann ohne Kopf. Der Glaube, dass Kinder, die am Johannistag getauft werden, besonders gesegnet sind, wird ebenfalls mit dem Täufer in Verbindung gebracht – es heißt, dies sei so gut wie tausend Taler zu geben. Der Johannistag wird oft persönlich gefeiert, wie viele andere Festtage auch. In Schellbronn tritt Johannes der Täufer als Maskenfigur in vegetativen Bräuchen auf, und es ist sogar von einer "Frau des Johannis" die Rede. In Reichenbach wird neben dem Maibaum auch eine Person namens "Johannes" ins Wasser geworfen, und in Braunschweig endet die mehrtägige Feier mit der Beerdigung des "Johannich".


Johannes der Täufer ist Schutzpatron der Schneider, Lämmer und Hirten sowie Schutzheiliger vieler Ortschaften. In Zaubersegen wird der Name Johannes manchmal genannt, meist in Verbindung mit dem Evangelisten, besonders wenn er mit Maria genannt wird. Gelegentlich wird auch der Täufer erwähnt. In Slowenien und in der Krain wird er gegen Blitz und Hagelschlag angerufen. Früher wurde er auch bei Heiserkeit angerufen, denn "vox clamantis in deserto" – die Stimme des Rufenden in der Wüste. Mütter beten zu ihm, um die "Johannisangst" ihrer Kinder (Alpträume) zu vertreiben.


Erst seit wenigen Jahrzehnten ist es üblich geworden, die Sommersonnenwende zum astronomischen Termin, dem 21. Juni, mit Festen und Brauchtumsfeuer zu begehen. Im europäischen Brauchtum wird nämlich nachweislich seit einem halben Jahrtausend der Vorabend des 24. Juni, die Johannisnacht, als „hohe Sonnwend“ oder als „Mittsommertag“ gesehen

Bis zur Gregorianischen Kalenderreform im Jahr 1582 galten seit der Antike der Veitstag (15. Juni) oder Johanni (24. Juni) als längste Tage und somit als Mittsommertag. Im Julianischen Kalender (bis zum Jahr1582, im Norden bis etwa 1700) war Johanni als Sommersonnenwende vergeben. Im heutigen Kalendersystem wurde die Festlegung des Datums der Sommersonnenwende also durch den Gregorianischen Kalender vorgenommen. Die alten norwegischen Stabkalender führten auch den Veitstag (22. Juni) als Sommersonnenwende an. Auf dem Holzstabkalender aus Valle (ebenfalls Norwegen) ist der 14. Juli als "Midtsommer" eingetragen.

In Norwegen war der ursprüngliche Jahrestag für Mittsommer der 14. Juli, der in die Mitte des Sommerhalbjahres vom 14. April bis 13. Oktober fällt. Erst seit neuerer Zeit wird der Mittsommer nach schwedischem Vorbild mit der Sommersonnenwende und Mittsommer am 24. Juni in Verbindung gebracht. Der 21. Juni hingegen hatte den Eintrag "Sommarsolkv"= Sommersolverv, was Sommersonnenwende bedeutet. Also wurde zwischen dort der Sommersonnenwende und Mittsommer unterschieden. Ob es in Österreich bzw. Mitteleuropa auch so war, müsste näher erforscht werden. Viele Bräuche, die mit der Sommersonnenwende verbunden sind, stehen also mit dem früheren Johannitag in Verbindung.


Johanni war ein ehemaliger Markttag, auch heute noch gibt es an vielen Orten den Johannikirtag (= Kirchtag), etwa in St. Margarethen (Burgenland, Bild), Schwarzau am Steinfeld (Niederösterreich) oder Eichberg (Steiermark).




Johannisfeuer und Sommerweihnacht in der Vergangenheit

Das Sonnwend- oder Johannisfeuer war europaweit weit verbreitet. Die Zeit der Sommersonnenwende, die einen Wendepunkt des Jahres markierte, war mit Feuer- und Lichtbräuchen verbunden. Das Feuer war Symbol für die Sonne und wurde in der Nacht vor dem Johannistag (24. Juni) angezündet. Jugendgruppen und Vereine verlegten den Brauch auf die Nacht zum 21. Juni. An dem alten Termin zu Johanni wurde bis heute festgehalten. Der Veitstag am 15. Juni hat ebenfalls sein eigenes Brauchtumsfeuer, das Veitsfeuer. Die Zeitspanne zwischen Veitstag und Johanni beträgt neun Tage. Es wäre durchaus denkbar, dass vor Urzeiten ein neuntägiges Fest abgehalten worden ist, ähnlich den Rauhnächten und den Weihnachtsfeiertagen im Winter, die sich ebenfalls über einen längeren Zeitraum ziehen. Von 24. Dezember bis 6. Jänner sind es zwölf Tage, rechnet man die Rauhnächte bereits ab der Thomasnacht (21. Dezember), wären es sogar fünfzehn Tage bis Heiligendreikönig.


Der Kranz als verbindendes Element zwischen Winter- und Sommersonnenwende.



Da früher der Johannitag auch als Sommerweihnacht bezeichnet worden ist, erscheint dieser Vergleich zweifelsohne angebracht, zumal im Mittelalter das Johannesfest gar als Sommerweihnacht begangen und mit einer Mitternachtsmesse gefeiert wurde. Auch gab es eine Vorbereitungszeit entsprechend dem vorweihnachtlichen Advent. Noch bis 1955 war er in der katholischen Kirche dem Heiligabend gleichwertig. Sechs Monate vor dem eigentlichen Weihnachtsfest wird am 24. Juni der Geburtstag Johannes' des Täufers gefeiert, der ja laut Bibel ein halbes Jahr älter als Jesus gewesen sein soll. Ab der „Sommerweihnacht“ werden die Tage wieder kürzer und die Nächte länger – bis zur Wintersonnenwende im Dezember. Weihnachten und Sommerweihnacht hängen also zusammen. Die Lichtsymbolik spielt daher nicht nur zu Weihnachten eine Rolle, sondern auch am Johannistag. Die Sommersonnwende wird im Brauchtum durch „Lichtverstärkung“ gefeiert. Wird das Licht wieder schwächer, entzündet man Feuer, um das Licht zu „verstärken“. Die Sonnwendfeuer, manchmal auch „Rotfeuer“ genannt oder „Sunnawendhansl-Frohfeuer“ (Steiermark), hat es wahrscheinlich schon in vorchristlicher Zeit gegeben.



Wie wurde früher der Johannitag begangen?

Jahresfeuer und Lärmbräuche zur Zeit der Sonnenwende lassen sich in Wien vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert aus Schilderungen, Rechnungen und Verbote nachweisen. Der herzogliche, später der kaiserliche Hof und der Rat der Stadt nahmen an dem öffentlichen Brauch teil, es gehörte zu ihren Verpflichtungen. Auf dem Hohen Markt entzündeten Handwerksburschen das Feuer. Bürgermeister und Stadträte umschritten oder umritten es. Danach trank man Weichselwein als gesegnete Johannesminne. Später war der Dominikanerplatz der Festplatz. Im 18. Jh. wurde das Sonnwendeuer aus der Stadt verbannt und dann ganz verboten. In den Vorstädten bestand es trotzdem weiter.


Hirten und Holzknechte oder andere junge Burschen trugen etliche Tage vor dem Fest dürres Altholz, Prügelwerk und Reisig zusammen und schichteten es auf. Am Johannisabend wurden dann die Holzstöße angezündet. Da konnte man von den Spitzen und Hängen der Berge durch die dunkle Nacht weit in das flache Land hinein riesige Feuer leuchten sehen. Singend und jauchzend und mit gefassten Händen wurde um die wabernde Lohe gehüpft und getanzt. Blumen, Heilkräuter und Wacholdergrass (Reisig) wurden zu Kränzlein gebunden und in das lodernde Feuer geworfen. Der Rauch und die sprühenden Funken verbreiteten deren Segen weithin. Je größer der Rauch war, desto größer galt der Segen für Feld und Vieh. Die Flammen des Sonnwendfeuers besaßen nach dem Glauben unserer Vorfahren luftreinigende Kraft und vermochten Krankheitskeime, die man sich als böse Geister oder Schelmen dachte, austreiben. Es ist ja bekannt, dass im Hochsommer gern Seuchen bei Menschen und Tieren auftreten. Unsere heidnischen Vorfahren wähnten darum die Luft in dieser Zeit besonders vergiftet.


Die Feuer wurden im familiären Kreis oder innerhalb der Dorfgemeinschaft abgebrannt. Mit Heischesprüchen wurde von der Dorfjugend Holz (zu St. Veit) erbettelt und ein Holzstoß, bestehend aus alten Besen, leeren Pech- und Teerfässchen, Palm-, Maibaum- und Fronleichnamsstauden, errichtet. In den Holzstoß wurden zwei Strohpuppen – der „Sonnwendhansl“ und die „Gretel“ – gesteckt. Beim Entzünden des Feuers wurde gesungen und gebetet, etwa den „Engel des Herrn“. Wer sich traute, sprang über das Feuer – das sollte Gesundheit und Segen bringen. Hält sich ein Paar dabei an den Händen, kündigt das eine baldige Hochzeit an. Es wird prophezeit, dass ein Paar, das händchenhaltend und ohne einander loszulassen den Sprung schafft, bald heiraten wird. Je höher der Sprung gelingt, desto höher wachsen Lein und Hanf. Übrigens gilt ein Kind, das in dieser Nacht gezeugt wird, als besonders gesegnet. Ein anderer Brauch, der besser nicht wiederholt werden sollte, bestand darin, Kinder einander über das Feuer zu werfen, um sie vor Krankheiten zu schützen.


Unverheiratete Mädchen pflücken schweigend in der Nacht sieben Sorten wilder Blumen von sieben verschiedenen Wiesen und steigen dabei über sieben Zäune, dann legen sie die Blumen unter ihr Kopfkissen. Der Mann, der ihnen im Schlaf erscheint, gilt als der Richtige. Es wird gesagt, dass dies niemandem erzählt werden darf, da der Traum sonst nicht in Erfüllung geht.


Die Asche des Johannifeuers wurde früher als Segen auf die Felder ausgebracht. Mit dem Johannifeuer sollten auch Hagelschäden abgewehrt werden, daher wird das es auch als Hagelfeuer bezeichnet. Das Feuer vertreibt auf natürliche Weise die bösen Geister.

Am Hallstätter und Attersee wurden aus Hobelspänen, Pech- und Scheiterholz Sonnwendfeuer auch auf Flößen entzündet.


Gotofredus Buch „Archontologia cosmica“ aus 1649 gibt vom Sonnwendfest folgende anschauliche Schilderung: „Männer und Frauen springen um das Feuer bis sie ganz matt sind. Auf dem Kopf tragen sie Kränze aus Beifuß (Artemisia) und Eisenhart (Verbena), in der Hand Blumensträuße aus Beinwell oder Rittersporn. Durch Ritzen des Straußes sehen sie von Zeit zu Zeit ins Feuer, weil sie glauben, sich so für das ganze Jahr gegen Augenkrankheiten schützen zu können. Wer vor dem Erlöschen des Feuers sich entfernen will, wirft seinen Kranz und Strauß in die Glut und spricht dazu:

„Wie dieser Kranz mög`all mein Mißgeschick verbrennen und in nichts zergehen!“



1890 schreib Albert Lehr über die Sonnenwende in der Steiermark:

Die Sonnenwende wird von Bräuchen dominiert, die aus der düsteren Antike übriggeblieben sind. Bei Gschwandecken im Kindthalgraben (Graben zwischen Kindberg und Wartberg im Mürztal) veranstaltete die junge Männerwelt an diesem Tag gerne Turnkämpfe. Wettkämpfe in der Sommerzeit finden auch in Salzburg, Tirol, Südtirol und Bayern statt, siehe Hundstoa-Ranggeln. Die Mädchen zählen die Johannesfeuer oder „Sonnenwendfeuer“, denn wenn sie genau neun sehen, werden sie in diesem Jahr heiraten.

Auch das Werfen von Blumen ins Feuer, das Springen darüber und das Tanzen im Kreis sind bei den Einheimischen Brauch. Nun beginnt das „Räderschlingen“: Eichene Scheiben werden, nachdem sie glühend gemacht worden sind, auf einem Haselstecken in die Luft geschleudert oder den Berghang hinab geworfen. Aus der Richtung, wohin sich die Scheiben wendet, kommt Braut oder Bräutigam. Unzählige Rädchen, Holzscheiben und Stabringe werden also glühend gemacht und in die Luft geschleudert. Besonders in Gröbming findet es auf ganz besondere Art und Weise statt. Denn am „Spitalgraben“ bauen sie einen Haufen Blätter und Zweige auf und legen darauf eine in Lumpen gekleidete Strohpuppe. Wenn die Nacht hereinbricht und die Sonnenwendefeuer rund um die Berge wie riesige Opferflammen auflodern, begeben sich die Alten und die Jungen an den genannten Ort, teilen sich in zwei Gruppen, die sich gegeneinander stellen. Jetzt beginnt ein echter Wettbewerb: Auf beiden Seiten fliegen die beleuchteten Reifen, Holzscheiben und Ringe, und die feurigen Streifen und Ringe, die durch die Dunkelheit der Nacht funkeln, bieten einen herrlichen Anblick. Manchmal wird der eine oder andere Zuschauer oder „Flieger“ von dem feurigen Reifen getroffen, was immer einen lauten Jubel auslöst, und dieser wird noch intensiver, wenn der brennende Reifen den errichteten Reisigstoß mit der Strohpuppe entzündet und eine helle Feuersäule aufsteigt und Flammenzungen hervorbrechen.


Auch in anderen Teilen der Steiermark war das Verbrennen von Puppen üblich. So wurde beispielsweise in Graz am Vorabend des Johannistages im Sonnenwendefeuer der sogenannte „Tattermann“, ein riesiges Popanz an einem Gerüst und einer langen Stange am Sonnwendfeuer in der Karlau angezündet und anschließend in die Mur geworfen.


„Der Tattermann, geschmückt mit den Emblemen des ‚christlich autoritären‘ Österreich“ (Quelle: Grazer Tagespost, 22.2.1939, S. 5)



Zu Johanni ist der Genuss der sogenannten „Hollerstrauben“ sehr beliebt.



Es ist an diesem Tag auch üblich, die Türen und Fenster der Ställe mit Eichenlaub und dergleichen zu vermachen, und kleine Sträußchen aus Johanniskraut, Flachs, Weinraute und anderen Wildblumen zu binden, die dann kreuzweis vor den Fenstern befestigt oder an den Decken der Vorhäuser aufgehängt werden; dies schützt vor dem Einschlagen von Blitzen. Im Allgemeinen hat das Johanniskraut viele wundersame Kräfte. Beispielsweise wird ein Mensch unsichtbar, wenn er am Morgen der Sonnenwende die Samen dieser Pflanze nimmt und sie in seine Schuhe steckt; es wird auch gern ein Zweig an den Hut gesteckt, so bleibt man von Rückenschmerzen verschont. Heute noch behaupten die Bauern im altbayerischen Hochland, der Sprung über die Flammenlohe sei sehr wirksam gegen das Kreuzweh, das sich beim Kornschneiden leicht einstellen könnte. Hohes Springen wurde zur Ehre angerechnet. Von diesem Brauch mag die Redensart herstammen, „mit einem durchs Feuer gehen“ oder „für einen durchs Feuer springen“, also so viel Zuneigung zu jemand haben, dass man um dessen Wohl keine Gefahr scheut.


An der Glut des Sonnwend- oder Simetsfuers wurden früher auch Wurzeln und Kräuter gekocht, um durch deren Genuss die Gesundheit zu sichern.


Das Johanniskraut strahlt wie die Sonne. Es hat viele günstige Einflüsse auf den Menschen, und ist daher als Heilkraut hochgeschätzt.



1905 ist in den Innsbrucker Nachrichten über Johannibräuche Folgendes zu lesen:

In Bayern treibt man krankes Vieh durchs Feuer, damit es gesunde, und mancher Hausvater löscht an diesem Tage das alte Herdfeuer sorgfältig aus und trägt sich in einem Brand vom Sonnwendfeuer das wohltätige Element in neuer segenkräftiger Wirkung nach Hause (nach Dahn). Es sind das zwei wichtige uralte Züge, die aus dem Notfeuer, mit dem vielerorts das Sonnwendfeuer verschmolzen ist, herüber genommen sind. Andere solcher uralter Züge sind längst erloschen und uns nur durch Aufzeichnungen erhalten. So musste einst das Feuer durch Reibung des Holzes erzeugt werden; man warf die Knochen und die Köpfe der geschlachteten Tiere oder auch gewisse Blumen von besonderer Kraft ins Feuer, man riss brennende Scheiter aus der Glut und lief damit um die Äcker; die rückständige Asche wurde auf die Felder gestreut, um die Fruchtbarkeit des Bodens zu vermehren; ein Schmaus, bei dem man des Heiligen Gedächtnis (Johannesminne ) trank, beschloss das Fest.


Reste dieses Opferschmauses haben sich lange Zeit erhalten; so wurden in Steiermark, Nieder- und Oberösterreich Met und Lebkuchen oder Hollestrauben verzehrt, weshalb St . Johannes auch der Methhansel heißt, im Unterinntal bäckt man Brennessel-, Hollunder-, Salbei- und andere Kuchen oder auch den Neunhäutling*, einen Küchel, der neunmal in denselben Teig gelegt wird, und in Schwaben wird heute noch der Johannissegen getrunken.

*Der Neunhäutling ist ein Gebäck aus 9 Schichten am Holzkochlöffel gebacken (er hat neun "Häute"). Dabei wird Kochlöffelstiel in den Teig getaucht und dann im Fett gebacken. Das wird 9 x wiederholt.





Das beim Johannisfeuer mancherorts verwendete drehende Rad wird als Sonne gedeutet. Ein Zusammenhang könnte außerdem mit dem Not- oder Nodfeuer bestehen, dessen Hergang weitgehend vergleichbar ist. Das Notfeuer war im früher ein Feuer, das ursprünglich angezündet wurde, wenn eine Seuche unter Menschen oder beim Vieh ausgebrochen war.


Das Not- oder Nodfeuer wird als Niedfyr oder Nodfyr („Reibefeuer“, vom althochdeutschen hniudan „reiben“, also durch Reibung von trockenem Holz entstandenes Feuer) bereits im 8. Jahrhundert erwähnt und hat sich bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Aus den bei besonderer Veranlassung entzündeten Feuern entwickelte sich ein alljährlich wiederkehrendes Notfeuer, das zum Beginn des Sommers angebrannt wurde, wo sich nach dem Volksglauben Drachen und böse Geister in der Luft aufhielten. Dies wurde dann in vielen Gegenden auf den Johannistag festgesetzt und daraus entstanden die so genannten Johannisfeuer, die auch oft Notfeuer genannt wurden.



Wer mehr zum Notfeuer, Methhansel, Minnetrinken und altem Aberglauben lesen möchte, für den habe ich aus Platzgründen ein PDF.file** erstellt. Hier ein kleiner Aufzug daraus:


Die älteren Leute und die Frauen dagegen sieden in den herbeigebrachten Opferkesseln das Opferfleisch, bereiten die Opferkuchen und die anderen Opferspeisen zu und brauen Bier und Met für den heiligen Minnetrank. Aber ehe es zum fröhlichen Opferschmaus geht, muss noch eine wichtige Handlung vorgenommen werden: das Springen der Menschen durch das Opferfeuer und das Treiben der Herden über die dampfenden und im Erlöschen begriffenen Kohlen.


Vor Mitternacht musste das Sonnwendfeuer verlassen werden, weil dann dem Volksglauben nach die Teufel und Hexen darüber sprangen.




Johannikranz

Der Johannikranz – aus sieben oder neun Kräutern geflochten – wurde über die Tür oder das Fenster gehängt, um böse Geister und Dämonen fernzuhalten, oder aber auch unter Kopfkissen gelegt, um Glück in der Liebe zu bewahren und zu stärken. Traditionell findet sich darin natürlich das angeblich böse Geister abwehrende Johannikraut, aber auch Melisse, Schafgarbe, Kamille und Königskerze, Rainfarn und Salbei.



Die Kränze aus Heilkräutern, die in dieser Nacht beim Feuertanz ganz besondere Kräfte sammeln, werden aufbewahrt und später als arzneikräftige Tees verabreicht. Die alten Sonnwendbuschen, meist mit einer in die Mitte gebundenen Königskerze, werden im Johannisfeuer verbrannt: Weht der Rauch weit und niedrig über die Felder, wird dort die Ernte gut.




Johanniskrone

Die Johanniskrone wird aus Zweigen und Laub geflochten und anschließend mit Blumen, Bändern, Rosen, gefertigt aus Seidenpapier und Eierschnüren geschmückt. Es war früher üblich, diese Sommerkrone auf dem Dorfplatz aufzuhängen, am Abend wurde sie mit Kerzen erleuchtet, und es wurde so viele Nächte lang getanzt, wie die Krone ihr grünes Laub behielt.



Schatzsuche in der Johannisnacht

Auch die Schatzgräberei blühte in der Johannisnacht, denn Heinzelmännchen und Elfen trieben ihr Unwesen und gingen umher und zeigten den Menschen, die Spuren verlorener Schätze, wenn sie ihnen wohlgesinnt waren. Leichtgläubige vergruben sogenannte Glückstöpfe, und hofften dass die Erdgeister diese mit Gold füllen.



Johanniszauber in der Johannisnacht

Kranke mühten sich auf nahe Höhen und um Genesung zu erlangen, schleuderten sie ihre alten Kleider den Hang hinab und murmelten dabei geheimnissevolle Sprüche. Es gab auch auch gemeinsame Flurumgänge, die in vielen Gegenden statt fanden.



Alter Volksglaube und Warnungen

Zur Sonnenwende verwandelt sich Wasser zuerst in Wein, dann in Essig und dann genau in dem Moment, in dem sich die Sonne wendet, zurück zu Wasser. Es geht so schnell, dass man die Veränderungen nie sehen kann, auch wenn man sich noch so sehr bemüht!


Das Wasser hat auch eine besondere Heilkraft, wenn sich die Sonne wendet, und kann viele Krankheiten lindern. Der Glaube daran dauerte vielerorts bis in die 1800er Jahre, mit dem Ergebnis, dass die Menschen zu den Quellen und Gewässern gingen, um deren Heilkraft aufzunehmen – sie badeten auch gerne in dem wundertätigen Heilwasser. Man durfte an dem Tag der Sonnenwende nichts arbeiten, denn man sollte nichts tun, wenn sich die Sonne wendete.




Sonnwend- und Johannifeuer heute

Sonnwend- und Johannifeuer haben nichts an Anziehungskraft und Faszination verloren. Die Menschen im Alpenland halten an dem althergebrachten Brauch fest. In der Nacht zum 24. Juni sieht man an vielen Orten Johannifeuer auf den Gipfeln und Flanken der Berge, mit denen der längste Tag und die kürzeste Nacht gefeiert werden. Die Gipfelfeuer zur Sonnwend sollen allein in der Zugspitzarena in Tirol 10.000 sein. So entsteht eine riesige Feuerkette. Dieses spektakuläre Ereignis wurde im Jahr 2010 von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe erklärt.


Am dritten Samstag im Juni werden alle Jahre die Bergfeuer zur Sommersonnenwende entzündet. Hier: Zugspitz Arena. Seit 2010 zählen die Bergfeuer der Tiroler Zugspitz Arena zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe.



Entlang der Donau werden auch Schiffe und der berühmte Tausendeimerberg mit Fackeln beleuchtet, während im Tannheimertal Feuerkreuze, Hirsche oder Tauben lebendig an den Berghängen entstehen.


Sommersonnenwende in der Wachau. (Bild: meinbezirk.at) Sonnwendfeuer, die sich in der Donau spiegeln, wurden 1835 von Reisenden als “unerwartet herrliches Schauspiel” geschildert. Wirte, Vereine und Studentenverbindungen pflegten um 1900 den Brauch, der auch heute zu den Attraktionen der Wachau zählt. In Spitz leuchten an verschiedenen Plätzen zahlreiche Fackeln, dazu kommen Feuerwerke. Die Konturen der Ruine Hinterhaus werden mit Fackeln nachgezeichnet. fast 1000 markieren die Weinterrassen am Tausendeimerberg . Das Rote Tor ist mit Fackeln nachgebaut, und das Kreuz auf dem Singerriedl weithin sichtbar.



In Tirol leuchten zur Sonnenwende im Ehrwalder Talkessel Bergfeuer. Die aufwändige Vorbereitung liegt in den Händen mehrerer ehrenamtlicher Gruppen, von denen jede ein eigenes Motiv wählt, das geheimgehalten, maßstabsgerecht gezeichnet und mit Brennmaterial gelegt wird. 1948 leuchteten anlässlich der Glockenweihe in Ehrwald erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Bergfeuer.


Ehrwalder Bergfeuer



Riesige Haufen von Reisig werden also zur Jahresmitte aufgetürmt und entzündet, – sei es im Familienkreis oder im Ortsverband – zum Zeichen, dass die Zeit des Blühens und Heranwachsens vorbei und die Zeit der Reife und Ernte, der Freude und Fruchtbarkeit gekommen ist. Das Feuer vertreibt auf natürliche Weise die bösen Geister.




Nusslikör

Zu Johanni werden gern grüne Nüsse für den besonders wirkungsvollen Magenschnaps gesammelt, auch Kräuter für Tees und zum Räuchern sollen in der Johanninacht gesammelt, besondere Wirkung und Heilkraft entfalten.

Angesetzter Walnusslikör




Glühwürmchen

Ganz besonders aktiv sind in den Nächten rund um den Johannitag die Glühwürmchen - mit Zweitnamen übrigens Johannikäfer - die in Wiesen, Gebüschen und an Waldrändern auf Partnersuche gehen und angeblich in der Johanninacht sogar am hellsten leuchten.


Die Schwärme der Johanniskäfer (Glühwürmchen) entfalten ihre Leuchtkraft in der Zeit rund um die Johannisnacht.




Der Zauber dieser kurzen Nacht hat schon seit Jahrtausenden die Menschen in ihren Bann gezogen. Hier Mittsommer in Schweden.




Riesige Sonnwendfuer in der Schweiz und in Norwegen

Und weil es so beeindruckend ist, sollen an dieser Stelle noch die größten Sonnwendfeuer Euorpas erwähnt werden: das Slinningsbålet ist ein Johannesfeuer in der norwegischen Stadt Ålesund und das Lustenauer Funkenfeuer in der Schweiz.


Das Slinningsbålet wird bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts jedes Jahr um den Johannistag zur Sommersonnenwende auf der Insel Slinningsholmen im Ålesunder Stadtteil Slinningen entzündet.



In jüngerer Zeit werden für das Feuer Holzpaletten als Brennmaterial genutzt. Es wird von etwa 30 bis 40 jungen Leuten im Alter zwischen 13 und 20 Jahren aufgeschichtet. Im Jahr 2016 wurde das Feuerholz mit 35 bis 40.000 Paletten bis auf eine Höhe von 47,396 Metern errichtet. Dieses Feuer wurde vom Guinness-Buch der Rekorde als Weltrekord anerkannt.



2019 ging der Rekord jedoch an das Funkenfeuer in Lustenau verloren. Der Weltrekord wurde geknackt: Der grösste Funken der Welt brannte in Lustenau. Die offizielle Messung ergab eine Höhe von 58,6 Metern.




Aberglauben und Bräuche nach dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens:


  1. Person und Name des Täufers

  2. Johannistag als Feiertag

  3. Sonnenwende und sonstige Veränderungen

  4. Heilung und Kräftigung

  5. Blick in die Zukunft

  6. Wetterregeln

  7. Förderung der Gesundheit bei Menschen und Vieh

  8. Förderung der Fruchtbarkeit in Acker und Garten

  9. Kräutersammeln

  10. Weiterübung von Mai- und Pfingstbräuchen

  11. Wunder aller Art, unheimliche Wesen, Schutz- und Abwehrmittel

  12. Gefährlichkeit des Johannistages

  13. Opfer

  14. Seelenpflege


1. Der Name Johannes ist im Volk sehr bekannt und weit verbreitet. Er bietet Schutz vor Unheil, da der Teufel über ihn keine Macht hat. Wo jemand namens Johannes lebt, sind Blitz und Donner kein Problem. Um einen Schatz zu finden, muss man den Namen Johannes tragen. Der "gute Johanni", ein Hausgeist, bringt den Bewohnern alles, was sie brauchen. Auf einer Glücksscheibe fahren zwölf Personen namens Johannes durch alle Länder.


2. Der Johannistag ist zwar jetzt ein „abgesetzter“ Feiertag, aber das Volk empfindet das als eine Ungerechtigkeit, und wenn es in Billerbeck nach Johannis regnet, so schieben das viele auf diese Entwertung. Ein Bauer bei Arendsee, der trotzdem feiert, findet ein Zweigroschenstück. In Tirol gilt der Johannistag noch als halber Bauernfeiertag, in Oberösterreich wird das Futter für das Vieh an vielen Orten schon am Vortag eingebracht. Man soll wenigstens alle schwere und knechtische Arbeit ruhen lassen, auch solche, bei der Haustiere nötig sind. In Mayen-Niedermendig warnt man vor dem Stricken, weil sonst der Blitz einschlägt (Weiteres siehe 8. und 12.). Übrigens feierte man früher an manchen Orten mehrere Tage der Johanniswoche hindurch.


3. Johannes der Täufer ist der einzige Heilige, der an seinem Geburtstag und nicht an seinem Sterbetag gefeiert wird. Es ist Mittsommer, und Mittags- und Mitternachtsstunde sind von gleicher Weihe und Heiligkeit.  Ähnlich wie am kürzesten Tag des Jahres, symbolisiert die Sonnenwende am längsten Tag zahlreiche "Wendungen" auf der Erde. Fischer auf Finkenwärder glauben, dass in der Johannisnacht jedes Wrack auf dem Meeresgrund sich dreht. Ein Kranz aus neun verschiedenen Blumen, der zu Johannis geflochten und in der Mitte des Raumes aufgehängt wird, dreht sich das ganze Jahr über. In Lerbach im Oberharz schmücken Kinder kleine Tannenbäumchen und drehen sie singend von links nach rechts. Im Honter Komitat in Ungarn gehen Menschen bei Morgendämmerung von Haus zu Haus mit Stahl und Feuerstein, werfen den Stahl auf den Boden und sagen: "Stahl bringe ich und habe euch Feuer geschlagen", damit das Haus vor Feuer und die Saat vor Dürre geschützt werden. "Johanni dreht sich das Haar der Kühe auf", was bedeutet, dass ihr Fell rauer wird. Jedes Blatt an den Bäumen dreht sich ebenfalls an Johanni. In Brandenburg knickt ein nackter Mann die Zwiebeln über der Erde um, während im Erzgebirge der Teufel nachts die Spitzen der Pflanzen abschneidet.


Auf der anderen Seite sind an der sommerlichen Sonnenwende ähnliche Verbote des Drehens wie bei den winterlichen Zwölften verbreitet. In Norwegen darf man nicht brauen, da der Rost im Brauhaus sich sonst schämen und umdrehen würde. Backen und andere Tätigkeiten, bei denen etwas umgedreht wird, sind ebenfalls untersagt, ebenso wie Spinnen und das Ausbringen von Dünger an anderen Orten.


4. Die zweite Hälfte des Jahres beginnt. Es ist zwar die absteigende, aber sie bringt doch etwas Neues, in mancher Hinsicht Frisches und Kräftiges. Wenn man ein Kind am Johannistag taufen lässt, ist das so gut, als wenn man ihm tausend Taler mitgäbe. Kinder, die zu Johanni entwöhnt werden, haben Glück: sie wandeln in lauter Sonnenschein, bekommen die Zähne leicht und haben auch später keine Zahnschmerzen. Entzweite versöhnen sich wieder und trinken den Johannissegen. Wenn man jetzt die Pelze und Tuchsachen heraushängt und ausklopft, kommen die Motten nicht hinein. Noch vor Sonnenaufgang werden die Brunnen gereinigt, sonst kommen Maden und Würmer in das Wasser. Das ausgeschöpfte Wasser gibt man dem Vieh zu trinken, damit es gesund bleibt. Hier und da wird das häusliche Feuer erneuert. Im nördlichen Posen wird als deutscher Brauch angegeben, dass nach Löschung aller Feuer ein Rad so lange an einem Pfahl gedreht wird, bis es Feuer fängt. Am Niederrhein wurde der Feuerherd mit dem Scharholz, einem schweren Eichenblock, neu angelegt: das alte wurde zerstoßen und unter das Saatkorn gemischt oder in den Garten gestreut. Der Kuckuck hört nun auf zu rufen. Wenn er noch nach Johanni schreit, so bedeutet das Teuerung. Wenn er (in Böhmen) nicht schon vor Johannistag schreit, so ist das Landvolk in Besorgnis, dass die Saat ein Unglück treffen werde. Gewisse Früchte werden erst jetzt dem Genuss freigegeben. Mütter, denen ein Kind gestorben ist, dürfen vor Johanni keine Kirschen und Erdbeeren essen. Auch eine Schwangere muss sich vor Johannis jeder Frucht wie Erdbeeren und Taubeeren enthalten, sonst isst sie dem Kinde die Freude ab. Der Jäger soll vor Johanni keine Erdbeeren essen, weil er sonst keinen sicheren Schuss mehr hat. Vom Johannistag an schadet die Maulwurfsgrille dem Mais nicht mehr.


5. Die Johannisnacht und der Johannistag gewähren, wie alle bedeutsamen Wendepunkte des Jahres, einen Blick in die Zukunft. Was in der Johannisnacht geträumt wird, geht immer in Erfüllung, besonders wenn man am Johannisabend zwischen 11 und 12 Uhr stillschweigend neun Kräuter zu einem Strauß bindet und diesen unter das Kopfkissen legt. Ritzt jemand in der Johannisnacht ein bestimmtes Zeichen auf Silber oder weißem Leder ein und schläft darauf, so träumt er, was er will, wenn die Sonne am tiefsten steht (Island). Heirat und Tod sind die wichtigsten Gegenstände der Wissbegier. Wenn Zweige, insbesondere Ranken der Fetthenne (Sedum telephium), am Johannistag eingesteckt werden und dann zusammenwachsen, so ist daraus auf Heirat oder Sterbefall zu schließen. Die Zeit des Wartens auf den Bräutigam wird durch Kranzwerfen bestimmt; ebenso auch ein Todesfall. Mit Hilfe des Johannisstraußes aus neunerlei Blumen kann man den Zukünftigen sehen; der Strauß muss aber durch die Tür ins Haus geworfen oder durch das Fenster hineingesteckt werden. Art und Stand des künftigen Gatten werden durch das Geräusch erhitzten Wassers angedeutet, durch Sehen ins Wasser, durch „Käulchendrehen“ und Beobachtung des Inhalts einer Grube, durch Zupfen der Wucherblume (Chrysanthemum leucanthemum), durch Rasenbeschauung. Um den künftigen Liebsten im Traum zu sehen, soll man das Wasser des Baches mit der Fußspitze berühren und dabei eine Formel aussprechen. Auch das Streuen von Samen, das Legen von Kuchen oder einem Kranz unter das Kopfkissen sollen helfen. In Tirol müssen Liebesorakel während des (sehr kurzen) Feierabendläutens vorgenommen werden. Am „Böhnele“, das am Johannistag gepflückt wurde, kann man sehen, ob man im laufenden Jahr stirbt oder nicht. Um zu wissen, wer zuerst stirbt, steckt man Pflanzen für die einzelnen Hausgenossen irgendwohin, und wessen Pflanze zuerst verdorrt, der stirbt zuerst. Mädchen schneiden am Johannisabend Zwiebelstangen in gleicher Höhe ab. Diejenige, deren Schaft am nächsten Morgen am meisten gewachsen ist, wird das meiste Glück haben. In England ziehen um Mitternacht alle Todeskandidaten des nächsten Jahres am Kirchenportal vorüber in die Kirche.

Die Lebenshöhle, in der die Lebenslichter der Leute von Aichleit brennen, öffnet sich am Johannistag.


6. Auch für das Wetter ist der Johannistag ein wichtiger Wendepunkt. Hat man vor Johannis keinen Regen, so hat man ihn nach Johannis. Vor Johannis soll die ganze Gemeinde um Regen beten, nachher zwingt's ein altes Weib allein. „Wenn das Wetter auf Johanni nicht ändert, so ändert's nimmermehr“. Ist das Wetter vor St. Johannis grob, so ist es nachher mild und lind, denn St. Johannis will seinen Regen haben. Johannisregen bringt keinen Segen. „Johannis tauft“, sagt man dann. Wenn es am Johannistag regnet, so regnet es noch vier Wochen oder vierzig Tage. Die Haselnüsse geraten dann schlecht und viele Mädchen werden schwanger, es gibt keinen Salatsamen, der Weizen wird brandig und die Ernte schlecht. Mittags von 11–12 Uhr stehen die Bucheckern offen, regnet es dann, so verdirbt die Mast. Dagegen sagt man in Röbel: Wenn es am Johannistag regnet, gibt es gute Bucheckern. Der große Gleichberg bei Römhild nimmt am Johannistag kein Unwetter an, sondern zerteilt es.


7. Die Vornahme gewisser Handlungen am Johannistag heilt Krankheiten und fördert Gesundheit und Wohlbefinden bei Menschen und Vieh. Vor Sonnenaufgang stillschweigend Eichenholz auf den Leib gestrichen beseitigt alle offenen Schäden. Gegen die englische Krankheit legt man das Kind am Johannismorgen nackt in den Garten und sät Leinsamen darüber. Wenn die Leinsaat aufgeht und zu „laufen“ anfängt, fängt auch das Kind an zu laufen. Der von der Gicht Geplagte geht in der Johannisnacht stillschweigend zur Grenze der Feldmark und pflanzt dort einen Erlenstrauch, worauf die Gicht verschwindet. Wer von der Krätze befreit werden will, muss sich in der Johannisnacht über drei Wasserfurchen wälzen. Um sich vor Bruchschaden und ähnlichen Leiden zu befreien, kriecht man durch gespaltene Bäume. Gegen Ermüdung auf der Reise und gegen Rückenschmerzen band man geweihten Beifuß um sich. Auch gegen Gespenster, Zauber, Unglücksfälle und Krankheit hilft diese Umgürtung. Sein Pferd kann man von Bauchgrimmen heilen, wenn man seinen letzten Kommunionshut auf eine in der Johannisnacht geschnittene Weide hängt. Ein Kind, das man vor Sonnenaufgang unter eine Haselstaude bringt, wird von der Sonne nicht gebräunt. Das Schaukeln, das namentlich bei Letten und Esten vorgenommen wird, ist wohl als eine Art Reinigung durch die Luft zu betrachten. Am Johannistag werden Leute vom Veitstanz befreit, vor dem sie den ganzen vorhergehenden Monat Angst gehabt haben. Allerlei Speisen und Getränke sind von besonderer Kraftwirkung. Die Butter, die um Johannis geschlagen wird, ist sehr heilsam und wird deshalb aufbewahrt. Gegen Kopfschmerzen isst man Semmelmilch. Mettrinken hilft gegen Kreuzweh. Aus den Blüten der am Johannisabend gewundenen Kränze kocht man Tee gegen verschiedene Krankheiten. Den um 11 Uhr eingetragenen Tee trinkt man um 12 Uhr, um sich gesund zu erhalten. Wer am Johannistag Milch mit Holunder trinkt, hat das ganze Jahr keinen Anstoß von der Rose (?). In Tirol und im Salzburgischen pflegt man am Johannisabend dreierlei, siebenerlei oder neunerlei Kuchen zu backen. Vor allem liebt man es, die Blüten der Holunderstauden in Schmalz gebacken zu essen, dann wird man das Jahr über nicht krank.


8. Wie auf Menschen und Tiere, so wirkt auch auf Acker und Garten der Segen des Johannistages. Die Großrussen mähen bis zu diesem Tage das Heu nicht, weil es bis dahin keine wirkliche Nährkraft hat. Am Johannisabend soll man Zwiebeln legen, so werden sie groß. Am Johannistag muss man Zwiebeln umtreten oder peitschen. Man fegt den Kohl, das schützt vor Raupen. Man muss um drei der gesteckten Krautpflanzen Erde aufhäufeln, dann bekommt man viele Krauthäupter. Das Anhäufeln des Gemüses hilft auch gegen den Erdfloh. Groß und fett wird das Kraut, wenn am Johannistag ein Stein hineingeworfen wird. Am Johannisabend soll man alles säen, was man kraus haben will, wie Krauskohl. Wenn man am Johannistag die Weinstöcke schüttelt, so bekommt der Wein angenehmen Geruch und Bodengeschmack. Der Bauer geht zum Weizenfeld und liest das Johannisevangelium, dann wird der Weizen nicht brandig. Am Johannistag gesteckte Rettiche werden groß und „schossen“ nicht. Wenn Disteln gestochen werden, wachsen sie nicht wieder. An der Johannisvigilie muss man den Lauch aufbinden, sonst versinkt er. Drei Tage vor oder nach Johannis soll man Flachs säen, dann wird er recht lang. Der Zauber der Nacktheit und das Wälzen von Paaren auf dem Acker und Gartenland kommen öfter zur Ausübung. Im Saalfeldischen tanzen in der Johannisnacht die Mädchen um den Flachs, ziehen sich nackt aus und wälzen sich darin. Um das Korn vor den Vögeln zu schützen, muss man in der Johannisnacht nackt aufs Feld gehen, aus jeder Ecke einige Halme mähen und sie, zum Kreuz geformt, in den Schornstein hängen, wo weder Sonne noch Mond hinscheint. Auch kann man den Vögeln „die Mäuler zunähen“. Selbst bedenkliche Mittel auf Kosten der Nachbarn werden nicht gescheut, um den Ertrag des Feldes zu steigern. Künftiger Erntesegen lässt sich jetzt vorauserkennen. So viele Tage vor oder nach Johannis der Flieder blüht, so viel vor oder nach Jakobi wird der Roggen reif sein. Wenn man zu Johannis drei Äpfel an den Bäumen sieht, soll man die Hürden bereitmachen, denn es gibt viel Obst (Baselland).


9. Was die Natur jetzt an Kräutern hervorbringt, ist von besonderer Güte und Kraft. Manche werden erst dadurch heil- und zauberkräftig, dass sie am Johannistag geholt werden, und zwar in der Mittagsstunde, sonst sind sie kraftlos. Dazu gehört vor allem das Johanniskraut (Hypericum perforatum). Oft ist die Sammlung von 7 oder 9 Arten von Feldblumen vorgeschrieben. Den Johannistrauß pflückt man am besten aus 9 verschiedenen Kräutern. Er ist gut gegen alle Krankheiten, auch gegen Blitz und Feuersgefahr, Hexen und Teufel, wenn man ihn am Haus oder Stall aufhängt. Einige kochen sich den Strauß und essen ihn, andere machen sich Tee daraus. Der Rauch der Johanniskräuter, die man während eines Gewitters entzündet, schützt das Haus gegen Blitz und Donner und beschwichtigt den Sturm. Im Egerlande muss man das heilwirkende Fünffingerkraut während des Mittagläutens schneiden. Die Johannishand (Orchis maculata) bringt Glück und Geld und schützt gegen Blitz. Sie wächst zwischen 12 und 1 Uhr aus der Erde. Ihr Bestreichen hilft gegen allerlei Flüche und Übel. Das am Johannistag gehauene Gras wird auf dem Boden getrocknet und den Tieren unters Futter gegeben, um sie vor Schaden und Beschwerung zu schützen. Zwischen 11 Uhr und Mittag soll man in drei Schnitten eine Asche schneiden, mit der man viele Schäden durch bloßes Auflegen heilen kann. Um Disteln vom eigenen Acker zu vertreiben, muss man am Johannistag um 12 Uhr Pflanzen auf anderer Leute Gebiet versetzen.


Andererseits glaubt man auch, dass (wegen des bösen Krebses) Flieder, Kamillen und andere Blüten vor Johanni gepflückt werden müssen (sie können sonst mehr schaden als nützen) und dass nur die dem Johannistag vorausgehende Nacht zum Sammeln geeignet sei. Wer in dieser das Johanniskraut blühend findet, wird reich und glücklich.


Mit den gesammelten Kräutern und Blumen werden auch die Häuser behängt. Sie schützen vor Brand und Gewitter. Auch auf die Hausdächer wirft man Kränze gegen Brand und Gewitter; sie bleiben liegen, bis die Luft sie wegweht. Jede Seite des Daches muss einen Kranz haben. Man wirft für jede Person des Hauses einen.


Mit den brennenden oder rauchenden Überresten der Kränze des vorigen Jahres beräuchert man die wilden Stachelbeerhecken. Zu Duyven in Holland schmückt man die Häuser mit Zweigen von Nußbaum und Rosen. Ebenso am Niederrhein mit rosengel schmückten Nußzweigen (Jans-tack), die vor Blitz und Donner bewahren sollen. In Oberfranken, der Oberpfalz, Niederbayern und Deutschböhmen ist die Arnika die eigentliche Johanniskrautblume. Man steckt sie an die Felder, damit Blumenschneider und Hexen nicht schaden können. Im Eichsfelde sind alle Häuser mit Kränzen von gelbgrünem Mauerpfeffer (Sedum acre) behängt. In Windischgarsten geht vor Tagesanbruch fast aus jedem Haus jemand um Haselzweige, an denen je 4 bis 5 Blätter sind. Sie werden in die Fenster gestellt. Haselnusslaub und Tarun werden in Merkenbrechts am Johannistag in den Flachs gestreut, damit keine Hexe darüber komme. In Bocholt schmückt man die Häuser mit Birken, ebenso in Posen. Die Kaschuben schmücken ihre Stuben mit Kalmusblättern und Ahornzweigen. In Eichsfelde steckt man in jedes Gartenbeet einen Erlenzweig, damit der Maulwurf nicht zerwühle. In Polen trägt man am Johannistag Kräuter ein, legt Kornblumenkränze zum Schutz gegen Hexen vor die Ställe, pflanzt Bäumchen auf den Dünger und zieht eine Girlande vor den Stall. Ähnlich in Schlesien, auch über die Dorf- oder Straßeneingänge, damit kein böser Geist einziehe. Die mit Rosen behängten Schnüre heißen Rüsentöpfe. In Anhalt ist die Johanniskrone allgemein, entweder ein einfacher Kranz oder zwei kreuzweise ineinander geschobene Reifen. Räder hineinzuwinden, die den Blitz anziehen sollen, war in Radegast verboten und in Zehmitz Rosen. An manchen Orten wird die Krone, sobald der erste Roggen eingefahren wird, von ihrem Ort herabgenommen, in vier Teile zerrissen und je ein Stück davon in die vier Ecken der Scheune gelegt. Dadurch soll das Korn vor Mäusefraß geschützt werden.


Unter der Johanniskrone wird getanzt. Auch die Brunnen werden geschmückt.


10. Viele dieser Bekränzungen dienen der Abwehr, doch lebt in vielen auch der Wunsch weiter, die frische Triebkraft der lenzhaften Natur den Behausungen der Menschen und Tiere nutzbar zu machen, wie es bei so manchen Frühlingsbräuchen der Fall ist. Daher haben sich auch andere Bräuche und Vorstellungen der Mai- und Pfingstzeit bis Johanni hin verschoben.


Vor allem die Errichtung eines Maibaumes ist eine bis zum Johannistag weit verbreitete Sitte. In Reichenbach wurde ein Maibaum ins Wasser geworfen; zuvor tat man dasselbe mit einer Person namens "der Johannes". Im Perigord pflanzte man feierlich einen Maibaum und genoss frisches Brot. Weitere Bräuche sind unter "Johannisfeuer" beschrieben. In Nordböhmen fertigen Kinder aus drei verschiedenen Blumen kleine Polster, das sogenannte "Johannisbett", legen Heiligenbilder darauf und stellen sie unter den Tisch; am nächsten Morgen finden sie darin Naschereien, Obst oder Geld. Dies soll wohl dem guten Geist des Sommers ein Nest bereiten, ähnlich dem "Brüdbett" zu Lichtmess in England. Das Vieh wird bekränzt, insbesondere die Kuh, die als letztes morgens zur Herde kommt. Hier und da wird ein Hahnenkampf veranstaltet. In menschlicher Gestalt erscheint der Segen des Sommers oft als Maipaar. Johannes selbst findet in der Johannisnacht ein neues Weib. Ein Laubmann tritt auf und wird bei Heischegängen herumgeführt. Bei den Sorben verkleidete man einen "Johannes" mit einer Birkenrindenlarve und Blumengewinden. Er musste durchs Dorf reiten und wurde von den Jungen gejagt und seiner Blumen beraubt, die heilbringend sein sollten. Auch die Veranstaltung von Kämpfen zeigt noch den Gegensatz zwischen Sommer und Winter. Wie für Liebesorakel ist auch der Tag für Liebeszauber geeignet: Wenn zwei Freundinnen während des Läutens der Abendglocken am Johannistag gemeinsam einen Faden spinnen, ihn teilen und bei sich tragen, so macht er sie glücklich in der Liebe und bewahrt sie vor allerlei Unglück. Es werden Höhen bestiegen, und an einigen Orten im Norden schlagen sich die Menschen gegenseitig mit Nesseln, die in Urin getaucht sind. Wassergüsse werden vorgenommen. Im Gouvernement Cherson badeten am Johannistag 1884 Frauen bekleidet im Fluss und begossen dabei eine aus Zweigen und Kräutern gemachte Puppe, um Regen zu erzeugen. Bäder in der Johannisnacht gelten als besonders heilsam. Ein einziges Bad in den Quellen von Laimnau bei Tettnang, am Johannisevangelium genommen, wirkt neunmal so stark wie an irgendeinem anderen Tag (siehe auch Johanniswasser). Sie werden jedoch oft als sehr gefährlich angesehen und untersagt (siehe unten 12). Fließendes Wasser, zwischen 12 und 1 Uhr nachts in der Johannisnacht schweigend geschöpft, bleibt das ganze Jahr über heilsam für Menschen und Vieh.


11. Johannistag und Johannisnacht sind voller Wunder. Die Sonne macht drei Sprünge, und man kann ihr Spiegelbild in einem Eimer Wasser tanzen sehen. Alles Wasser verwandelt sich in Wein. Die Pferde können sprechen (kurische Legende). Die "steinerne Agnes" bei Reichenhall jauchzt, wenn die Sonne durch den Felsspalt scheint. Klirren von Hufeisen und klagende Musik tönen aus dem Inneren des Berges. Wenn die Bienen am Johannistag schwärmen, bauen sie einen Kelch. Versunkene Glocken tauchen empor und sonnen sich oder lassen ihr Geläut erklingen. Eine goldene Platte erscheint auf dem Wasser des Quells, ebenso eine vergrabene Abendmahlskanne, eine silberne Schüssel und ein silberner Löffel, auf dem Kummerowsee ein großer Steinberg und eine goldene Wiege. Mitternacht und Mittag sind gleichermaßen die für solche Erscheinungen geeignete Zeit. Aus vielen der mecklenburgischen Seen steigen Glanzgestalten ans Licht. Versunkene Städte und Schlösser werden sichtbar. In Schlesien glaubte das Volk, dass vorzeitliche Grabhügel aus der Erde emporwüchsen. Auch Schätze "blühen", "brennen", werden "ausgewettert" und können gehoben werden. Der Tillenberg bei Eger mit seinen Schätzen öffnet sich am Johannistag um 9 Uhr; auf dem Ochsenkopf die Geisterkirche mit ihren Reichtümern. Bei Aichleit blühen in der Johannisnacht die verlorenen Erzgruben. Aber nur Sonntagskinder sehen die Schätze und können sie heben, oder man muss ein Messer darauf werfen. Die Zauberblume, die den Zugang dazu öffnet, wächst empor. Weiße Jungfrauen zeigen sie an oder wollen selbst erlöst werden. Aus dem Glambecksee kommt "Jen" am Johannisnachmittag mit einem Backtrog voll Gold und schaufelt es am Ufer um. Auf dem Pechhorn erscheint eine silberne Riesenkanne voll Gold. Der Starost von Seekath sitzt in jeder Johannisnacht auf den Trümmern seines Schlosses. Mannigfacher Spuk lässt sich blicken: ein langer Zug von Mönchen, ein Leichenzug, ein gespenstischer Wagen, Geister, Nixen und Nixen. Aus dem Schlossberg bei Neuburg kommen alle hundert Jahre am Mittag uralt Frauen und Männer heraus und suchen vergeblich nach der "Prinzessin". Zwerge feiern in der Johannisnacht ihre Hochzeit. Am Aschebom versammeln sich mittags zwischen 12 und 1 Uhr sämtliche Ottern der Umgebung, angeführt vom Otternkönig mit goldenem Krönlein. Auch in Mecklenburg huldigen die Schlangen in der Johannisnacht ihrem König. Am Tag oder in der Nacht wird die Wünschelrute aus einem Haselstrauch geschnitten. In der Uckermark muss sie bei einem Kind, das getauft wird, mit eingebunden werden und so den Namen Johannes erhalten. Auch die geisterbannende Glücksrute wird auf dem Johannistag zwischen 11 und 12 Uhr gebrochen. Im Eichsfeld sucht man die Springwurzel. Nie fehlende "Blutkugeln" werden um Mitternacht gegossen. Wer einen Wechseltaler haben will, muss in der Johannisnacht dem Teufel eine Katze opfern. In der Mitternacht blüht das Farnkraut und trägt in derselben Stunde noch Samen. Es macht reich, glücklich und allwissend. Wer davon etwas zu seinem Geld legt, dem nimmt er nicht ab. Auch verleiht es gewaltige Stärke. Mit einer solchen Blüte in der Hand findet man Schätze. Wem ein Samenkorn in die Schuhe fällt, der kann sich unsichtbar machen; es passiert etwas Schlimmes. Am Johannistag kann man sich auch einen Hauskobold im Wald besorgen, der alle Arbeiten aufs Schnellste verrichtet. Auch viel unheimlicheren Wesen gibt der Johannistag Spielraum. Bei den Esten sind die Zauberer in der Johannisnacht besonders gefährlich. In Dänemark besudelt der Drache, in Holstein und Mecklenburg der fliegende Krebs Wasser und Pflanzen mit Gift und verursacht Krebsschaden. Während des Feierabendläutens am Vorabend von Johanni reitet der Bilwerschneider oder der böse Feind durch die Getreidefelder und verbrennt die Ähren. Daher läutet man nur ganz kurz. Er reitet auf einem Bock. Die Ähren verlieren in der Johannisnacht ihre Körner, weil die Pferde des Teufels ihren Futterhafer einsäen. Auf dem Teufelsstein bei Hohen-Kränig schiebt der Teufel jeden Johannistag Kegel. Vor allem aber begehen Hexen jetzt ihre Feste und treiben ihre Künste. Am Johannissamstagabend sammeln sie die Kräuter, die sie zu ihren Zaubereien verwenden. Eberesche und Birke verlieren in der Johannisnacht ihre Knospen; sie werden von den Hexen verspeist. Ein Jäger soll am Johannistag vor Sonnenaufgang nicht ausgehen, auf keinen Fall jagen, sonst wird er von den Hexen zerrissen. In Rom versammeln sich in der Johannisnacht die Hexen auf dem Lateransplatz und ziehen gemeinschaftlich nach Benevent zur "Hochzeit", um dort unter einem alten Baum ihre Tänze aufzuführen. In Norwegen kann man sie sehen, wenn man in der Johannisnacht an einem Kreuzweg, über den noch keine Leiche geführt wurde, mit neunerlei Laubholz ein Feuer anzündet. Die Hexen sind eifrig bemüht, in die Häuser der Menschen einzudringen, die man daher schützen muss durch angeheftete Blumenkränze und Kräuter, angemalte Kreuze und sonstige Abwehrmittel. Man knallt mit Peitschen und schießt. In Waldzell kehrt man mit einem Besen, der die Nacht zuvor nicht unter Dach war, das ganze Haus; um Losenstein wird dreimal mit geweihtem Pulver geschossen. In Rottenburg läutet man von 9 Uhr abends bis morgens mit allen Glocken zusammen, um Teufel und Hexen zu stören. Alle Luken müssen geschlossen, alle Ritzen verstopft werden. In Eberstallzeli lässt man die Schweine nicht auf den Mist. Sand und Stroh streut man im Böhmerwald vor den Stall, denn die Hexen müssen, falls sie hineinkönnen, die Sandkörner und Halme zählen, und inzwischen bricht der Morgen an. Vor der Stallung muss am Johannistag ein Gefäß mit Wasser stehen. Das Vieh selbst wird beräuchert. Man gibt den Kühen Hartenau zwischen das Futter, damit sie keine blaue Milch geben, legt Stahl in die Krippen oder vor die Stalltür und bindet das Vieh mit Baststrängen an. In der Johannisnacht zieht ein weißes Laken über die Weide; dann können böse Leute dem Vieh nichts antun. Im Spreewald steckte man um Johanni Kröten auf einen Stock neben den Kuhstall. Wenn man dem Vieh Gras gibt, das vor Sonnenaufgang gemäht ist, schadet ihm keine Zauberei.


12. So hat der Johannistag trotz allen Segens und aller Wunderkräfte, die ihm eigen sind, doch etwas Unheimliches und Gefährliches an sich. Er gilt als Unglückstag. Leute, die sich an diesem Tag begegnen, mahnen einander zur Vorsicht. In Sizilien sind alle Mütter in Angst um ihre Kinder und bemühen sich, sie im Haus zu behalten. Von Filippo Maria Visconti wird berichtet, dass er an diesem Tag nie ein Pferd bestiegen habe. Keine Nacht hat solche Schrecken wie die Johannsnacht. Wer an diesem Tag geboren ist, soll zwar mehr können als andere Leute, aber man sagt auch von solchen Kindern, sie würden Werwolf oder Nachtmahr sein. Allgemein heißt es, dass der Johannistag eine, zwei (einen "tiefen" Schwimmer und einen "hohen" Klimmer) oder drei Personen zum Opfer fordere. Eine muss in der Luft, eine im Feuer und eine im Wasser umkommen. Oder es werden Opfer von Wasser, Boden und Luft gefordert. In Köln sollen sogar 14 Männer am Johannistag gestorben sein. Am Johannistag und den darauf folgenden Tagen fahren die samländischen Fischer nicht aufs Meer hinaus, weil das Meer dann gefährlich wird und ein Opfer verlangt. Am Strande des Haringsvliets in Holland fahren die Fischer in der Johannsnacht nie aus, um nicht verspottet zu werden. Im Magdeburgischen darf niemand, der ins Wasser gefallen ist, herausgezogen werden, bevor die Sonne untergegangen ist, wenn er nicht selbst ertrinken will. In Schlesien soll man überhaupt vor Johannistag in keinem Fluss baden, weil das Wasser bis dahin schädlich sei. Von vielen Gewässern und Brunnen erzählt man, dass sie am Johannistag ein Opfer verlangen. In Rotenburg bekommt der Neckar vom Spital ein Laib Brot; unterlässt man dieses Opfer, wird der Fluss wild und nimmt einen Menschen. In Quedlinburg warf man jährlich schwarze Hähne in die Bode, an anderen Orten Kinderkleider. Daher soll man nicht baden und nicht auf einen Baum steigen, zumindest nicht auf einen Kirschbaum; auch nicht bei Gewitter spazieren gehen, sonst ertrinkt man, stürzt zu Tode oder wird vom Blitz erschlagen. Noch vieles andere ist am Johannistag verboten. Man soll nicht barfuß gehen, weil der böse Krebs fliegt und sich unter die nackten Fußsohlen setzt. Wenn man an Blumen riecht, auf denen er gesessen oder über die er geflogen ist, bekommt man Nasenbluten. Daher ist es am besten, am Johannistag an keiner Blume zu riechen und überhaupt nichts Grünes vom Boden aufzuheben, sonst bekommt man den Leichenwurm, der dann dreimal 24 Stunden umschwärmt. Auch Wäsche soll man nicht draußen hängen lassen, weil sich zwischen 12 und 1 Uhr nachts der Krebs darauf setzt; auch kein Ackergerät. In der Mark Brandenburg fliegt nachts ein Skorpion umher; was er berührt, vertrocknet. Nach ungarischem Glauben darf am Johannistag keine Maid lange barhaupt in der Sonne stehen, sonst verunglückt sie im Kindbett. Man gibt keine Milch aus dem Haus und bringt kein Wasser herein. Dagegen kann man den Milchnutzen des Nachbarn für sich gewinnen, indem man drei Hände voll Gras aus dessen Garten nimmt, ins Wasser tritt und das Gras hinter sich wirft (Böhmen). Und wer die Pest erzeugen will, muss sich die Milch von zwei Schwestern beschaffen und diese in der Johannsnacht in ein Grab auf dem Friedhof schütten; dann wird er das Jammergeschrei vieler Menschen hören.


13. Neben den Opfern, die der Johannistag selbst fordert, sind die Menschen ihm gewisse Gaben schuldig. Neben dem Wasser, von dem schon in Abschnitt 12 die Rede war, werden auch die übrigen Elemente gefüttert. Die Magyaren werfen eine Handvoll Salz der Sonne zu. Beim Johannistein im Pleskauschen versammeln sich um Mitternacht in der Johannsnacht die Bettler der ganzen Umgebung und beten. Mit dem Morgengrauen kommen die Bewohner der umliegenden Ortschaften. Auf den Stein werden brennende Wachskerzen gestellt und Gaben dargebracht. Die Milch dafür wurde kniend an vier Donnerstagen gemolken. Vielleicht deutet auch das als "Hexenverbrennung" bezeichnete gemeinsame Biertrinken auf freiem Feld in Lägerdorf auf ein altes Opfermahl hin.


14. Auch einige Spuren der Seelenpflege zeigt der Johannistag. In der Bretagne kommen, wie in der Weihnachts- und Allerseelennacht, auch in der Johannsnacht alle Seelen zusammen. Die siebenbürgischen Zeltzigeuner spannen in dieser Nacht einen weißen Faden über das nächstgelegene Wasser, damit die Seelen, die noch nicht ins Totenreich gelangt sind und zu dieser Zeit ihre Hinterbliebenen besuchen, das Wasser überqueren können. Auch stellen sie ein Gefäß mit Milch vor ihr Zelt, damit sich die Seelen daran laben können.




Bauernregeln zum 24. Juni

Der Johannitag steht für einen Wetterwechsel. Wenn es an diesem Tag regnet, wird es in den folgenden Tagen schönes Wetter geben. Aber wenn das Wetter an diesem Tag gut ist, wird es regnen. Für den Johannitag gibt es so viele Lossprüche wie kaum für einen anderen Tag im Jahr!


Bis Johannis wird gepflanzt, ein Datum, das du dir merken kannst.
Stich den Spargel nie mehr nach Johanni.
Regnet´s am Johannistag, so regnet es noch vierzehn Tag.
Vor Johanni bitt um Regen, hernach kommt er ungelegen.
Glüh`n Johanniswürmchen helle, schöner Juni ist zur Stelle.
Johannis tut dem Winter wieder die Türe auf.
Der Kuckuck kündet teure Zeit, wenn er nach Johanni schreit.
Johanni trocken und warm, macht den Bauern nicht arm.
Vor dem Johannistag man keine Gerste loben mag.
Wenn Johanniskäfer hell leuchten im Garten, dann ist gut Wetter zu erwarten.
Tritt auf Johannes Regen ein, so wird der Nußwuchs nicht gedeih´n.
Sankt Johannis Regengüsse verderben die besten Nüsse.
Wenn Johannes ist geboren, gehen die langen Tag´ verloren.
An St. Johanni Abend leg die Zwiebel in ihr kühles Bett.
Am Johannismorgen ist Gerste und Hafer noch nicht geraten, noch nicht verdorben.
Von St. Johann läuft die Sonne winteran.
Vor Johanni macht man Gras in die Weide, nach Johanni heraus.
Ist die Milchstraße klar zu seh’n, bleibt das Wetter schön.
Funkeln heut‘ die Stern‘, spielt der Wind bald den Herrn.



Wunderschöner Mittsommerkranz von Maison Rieck, mit Anleitung: https://maison-rieck.de/2021/06/20/mittsommer-blumenkranz/.








Quellen

Lehr, Albert: A németek népélete, szokásai és mondái. Krainz Jánostól, fordította, 1890.

Moretti, Robert: Der Versuch der Instrumentalisierung des „Tattermannbrauches“ in den 1920er-Jahren in Graz, 2018.

Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945, 20.6.1905.

**Jahn, Ulrich: Die Deutschen Opfergebräuche bei Ackerbau und Viehzucht. Ein Beitrag Deutschen Mythologie und Alterthumskunde. Breslau Verlag, 1885.

***Bächtold-Stäubli, Hanns, und Eduard Hoffmann-Krayer (Hrsg.). Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 2. Berlin - New York, 1987.




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