Der 27. Dezember ist der Gedenktag des Apostels Johannes. Die Segnung von Johanneswein am 27. Dezember hat eine lange Tradition, und die Johannesminne (Wein) ist seit dem 10. Jahrhundert belegt. Besonders in der Oststeiermark wird dieser Brauch auch heute noch gepflegt. Aber auch im steirischen Salzkammergut, etwa in Altaussee, wird die Johannesminne beim Abschied eines Familienmitgliedes aus dem Haushalt, im Krankheitsfall und bei Hochzeiten getrunken.
Der Evangelist Johannes
Der 27. Dezember ist der Gedenktag des Apostels Johannes, Sohn des Zebedäus, der nach dem Zeugnis des Neuen Testaments ein Jünger Jesu Christi war. Johannes zählt zu den Lieblingsjüngern Jesu, er saß beim Letzten Abendmahl neben ihm und stand als einziger Apostel unter dem Kreuz. Nach altkirchlicher Tradition gilt Johannes als Verfasser des vierten Evangeliums, dreier Briefe und der Geheimen Offenbarung.
Aguila de S. Juan Iglesia de San Manuel y San Benito (Madrid)
Sein Evangelistensymbol ist der Adler. Der Hl. Johannes der Evangelist ist der Schutzpatron gegen Vergiftung, für gute Ernte und Freundschaft, der Bildhauer, Buchdrucker, Maler, Schriftsteller, Theologen und Winzer.
Das liturgische Gedächtnis des Heiligen Apostels und Evangelisten Johannes, lateinisch bekannt als "Festum S. Ioannis, Apostoli et Evangelistae", wird im Kirchenjahr der römisch-katholischen Kirche am 27. Dezember statt, dem dritten Tag der Oktav von Weihnachten gefeiert. Der Überlieferung nach war der Apostel Johannes der Verfasser des Johannesevangeliums, der Johannesbriefe und der Offenbarung des Johannes. Dieser Gedenktag ist seit dem 4. Jahrhundert belegt und wird auch im evangelischen Gottesdienstbuch als "Tag des Apostels und Evangelisten Johannes" erwähnt.
Die Segnung von Johanneswein, auch in der Schreibweise Johanniswein, ist eine Benediktion in der katholischen Kirche.
„Am Fest des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes, dem 27. Dezember, pflegt man vor dem Gottesdienst den Wein zu weihen, den der Priester nach der Messe auf der Epistelseite den Gläubigen in einem Kelch zum Trinken reicht“,
so wurde es zum Beispiel aus dem Jahr 1678 berichtet.
Die Segnung von Wein, immer Rotwein, die vom Zelebranten in der Heiligen Messe vorgenommen wird, ist im Benediktionale enthalten. Dort heißt es zu diesem Sakramentale: „Der Johanniswein erinnert uns an das Gebot argloser Liebe, das dieser Apostel besonders gepredigt hat“. Die Legenda aurea berichtet von dem Apostel, er habe einen Becher mit vergiftetem Wein, den man ihm reichte, mit dem Kreuzzeichen gesegnet und danach unbeschadet ausgetrunken.
Der Heilige Johannes übersteht den Giftangriff unbeschadet: Darstellung im Stundenbuch De Grey Hours. Das Stundenbuch oder Horarium (lateinisch "horarium" für "Uhr") war ein Gebet- und Andachtsbuch, das dem Brevier der römisch-katholischen Kirche nachempfunden war und für das Stundengebet diente. Ursprünglich für Laien entwickelt, verdrängten sie im 13. Jahrhundert in England den Psalter als vorherrschendes Gebetbuch. Im Spätmittelalter wurden sie zum zentralen Andachtsbuch für den reichen Adel, besonders im 14. und 15. Jahrhundert in Frankreich und Flandern, was sich in der Bezeichnung Livre d'heures widerspiegelt. Später verbreiteten sie sich auch im deutschsprachigen Raum über die Niederlande.
Johanneswein, Johanniswein, Hanswein
Der Legenda Aurea aus dem 13. Jahrhundert nach setzte ein Priester des Artemis-Tempels in Ephesos dem Apostel unter dem Vorwand, er wolle Christ werden, wenn Johannes den Wein ohne Schaden austrinke, vergifteten Wein vor. Johannes schlug ein Kreuz über das Gefäß, worauf das Gift in Form einer Schlange entwich. Daher führt dieser Heilige in den kirchlichen Abbildungen einen Kelch, aus dem ein Schlängelein herauszüngelt, und der Messpriester sprach bei der Benediktion des Weins: „Dich rufen wir an, vor dessen Namen die Schlange weicht, der Drache flieht, die Viper schläft und die Giftkröte in ihrer Wut hinstirbt.“
El Greco: Johannes, der Evangelist, um 1600, im Nationalmuseum del Prado in Madrid
Die Johannesminne ist seit dem 10. Jahrhundert belegt, und das Minnetrinken war ein alter und weit verbreiteter Brauch, der später von der Kirche bekämpft wurde. An den Tagen der Minneheiligen wie Johannes Evangelist wurde Wein (Minne) gesegnet und zu Ehren der Heiligen getrunken (sant Johans minne). Man erhoffte sich von dem Getränk Hilfe in schwierigen Lebenslagen und einen guten Tod, so wurde er Sterbenden und zum Tode Verurteilten gereicht. Die Mine sollte vor Zauberei, Vergiftung, Ertrinken und Blitzschlag schützen, Männer stark und Frauen schön machen. Sie war Medizin, Abschiedstrunk, Brautsegen, Schutzmittel für den Wein und die Landwirtschaft.
Johannes, Apostel und Evangelist, Illustrationen aus der Nürnberger Chronik, von Hartmann Schedel (1440-1514)
Im 12. Jahrhundert entstand die höfische Sitte, vor einer Reise einen Abschiedstrunk zu nehmen, der teilweise mit kirchlich geweihtem Wein vollzogen wurde. Dieser Trunk, bekannt als Johannessegen, Johanneslieb oder Johannisminne, hatte den Charakter eines Segens und verbreitete sich im gesamten Deutschland. Bis in die 1920er Jahre war er in den Dörfern des Rheinlandes üblich. Eine Handpostille aus dem Jahr 1906 erklärt diesen Brauch: Der gesegnete Wein, der an diesem Fest gereicht wird, soll diejenigen vor giftigen Krankheiten und Seuchen schützen, ihre Gesundheit fördern und das Heil der Seele bewahren. Die Fürbitte des heiligen Johannes, der aus Liebe zu Gott und den Nächsten einen vergifteten Trank zu Bekehrungszwecken trank, soll die Teilnehmer mit der Liebe Gottes und des Nächsten erfüllen.
Im Jahr 1668 ließ der Pfarrer Conradus Flocken aus Nörvenich eine silberne Trinkschale anfertigen, "zur größeren Bequemlichkeit der daraus den geweihten Wein Trinkenden". Diese kostbare Schale wird in Nörvenich bei der Spendung der Kommunion verwendet.
Aus der Historienbibel Vorauer Volksbibel 1467 (Vorau Cod. 273, Stift Vorau [Gegenwärtiger Eigentümer], Digitales Faksimile)*
Weitere Minneheilige waren neben dem Evangelisten Johannes auch der Erzmärtyrer Stephan sowie Gertrud, Martin, Michael, Sebastian, Ulrich und Urban. Im Hochmittelalter zählten sie zu den beliebtesten Namenspatronen. Die Stephansminne ist seit karolingischer Zeit belegt, der 26. Dezember, der Tag des heiligen Märtyrers Stephanus, wurde mit einer kirchlichen Weinspende begangen, wobei dem Messpriester vorgeschrieben war, den Wein kelchweise den Versammelten mit den Worten darzureichen: „Bibe fortitudinem St. Stephani“. Sie galt Sterbenden als Wegzehrung, das ist u.a. von der Mutter Albrecht Dürers (1471-1528) bekannt. Nach der Segnung des Johannesweins am 27. Dezember reichte der Priester bei den Agape den Wein mit den Worten "Trinket die Liebe des heiligen Johannes". Gertrudenminne (sant Gêrtrûde minne) trank man zum Abschied und zur Versöhnung. Eine Ballade aus dem 14. Jahrhundert erzählt, Gertrud – selbst eine Minneheilige – Habe eine Ritter, der seine Seele dem Teufel verschrieben hatte, gerettet, in dem sie ihm Johannesminne reichte.
Dort, wo der Brauch fortbesteht, bringen die Kirchgänger am 27. Dezember eine oder zwei Flaschen Wein mit in die Pfarrkirche, um sie segnen zu lassen. Anschließend wird der Wein, zu Hause von der ganzen Familie getrunken. Einige Familien bewahren den gesegneten Wein auf, um ihn bei Schwächeanfällen und Krankheiten als Medizin, als Abschiedstrunk oder bei geselligem Beisammensein einzunehmen. In einigen Pfarren wird der Wein auch direkt nach dem Gottesdienst bei einer Agape ausgeschenkt.
Dem Johanniswein werden weitere besondere Kräfte nachgesagt. Die Segnung soll nicht nur die edlen Tropfen noch besser machen, sondern auch Haus und Hof der Weinbauern vor allerlei Gefahren und Unheil schützen.
Doppelkopfbecher für die Minne
Zum Minnetrinken wurden eigene Trinkbecher angefertigt, sogenannte "doppelte(s) pecher". Dabei handelt es sich um Behälter, denen ein kleinerer, ähnlich geformter übergestülpt wurde, der aus dem "Kopf" einen "Doppelkopf" formte. Über einem Fuß erhebt sich ein bauchiger Pokal mit einem seitlichen, eingedrehten Henkel, der als Deckel darüber gestülpte zweite Becher weist einen ähnlich gestalteten Fuß auf, der gleichzeitig als Deckelgriff dient. Die Gefäße aus Maserholz besitzen eine beachtliche Größe, und das sehr harte und dichte Material wurde aus Verwachsungen oder Wurzelstöcken verschiedener Laubbäume gewonnen. Doppelkopfbecher kommen nur im deutschsprachigen Raum, insbesondere in Süddeutschland, vor. Sie tauchen im 13. Jahrhundert auf und blieben über vierhundert Jahre in ihrer Kernform gleich. Angehörige aller Stände, vom Kaiser bis zum Bürger, haben sie zu Feierlichkeiten oder ausgelassenen Festen verwendet. Brautpaare und deren Gäste tranken aus dem Doppelkopf. Den Hintergrund für ihre Verwendung bildet die uralte Sitte des Minnetrinkens. Dabei wurde an bestimmten Feiertagen zu Ehren des jeweiligen Heiligen geweihter Wein zum Trinken gereicht. Der wundertätige Effekt der Minne wurde noch gesteigert, wenn das Holz von Ölbäumen aus dem Heiligen Land stammte. Obwohl das Minnetrinken von der Kirche kaum gefördert wurde, da es häufig in derbe Trinkfeiern ausartete, stellte es im 15. und 16. Jahrhundert einen der beliebtesten und gängigsten deutschen Bräuche dar. Die Ambraser Gefäße aus Maserholz zeigen jedoch keinerlei Spuren einer Benützung und standen vermutlich nie im praktischen Gebrauch.
Maser-Doppelkopf (derzeit ausgestellt: Schloss Ambras Innsbruck Unterschloss, Kunstkammer; 1. Hälfte 16. Jahrhundert; Maß: H. 33,3 cm, Dm. Lippe 12,4 cm bzw. H. 19,8 cm, Dm. Lippe 14,3 cm)
Wortherkunft des Begriffs "Minne"
Minne als altdeutsches Wort bezeichnete das, was wir Liebe nennen, während dieses Wort, dem Leide entgegengesetzt, gewöhnlich in seinem ursprünglichen Sinne von Freude und Lust gebraucht wurde. Wie der Real Encyklopädie für die gebildeten Stände von 1846 weiters zu entnehmen ist, wurde der "Verehrung gemäß, welche das Weib von ältester Zeit her bei den german. Völkern genoss, auch die Minne von den Deutschen in einem edleren, geistigeren Sinne aufgefaßt, als dies bei Griechen und Römern mit der Geschlechtsliebe im Allgemeinen der Fall war, und durch den Einfluß des Rittertums steigerte sich jene Auffassung noch mehr in das Schwärmerische."
Im Altnordischen gab es das Wort minni in anderer Bedeutung, nämlich als „Erinnerung“, "Andenken". Auch im heutigen Isländisch bedeutet minni „Gedächtnis“. Diese Bedeutung gehört zur indogermanischen Wurzel *men- „denken“, die im Deutschen noch in dem Verb mahnen enthalten ist.
Auch im Mittelhochdeutschen steht minne für „freundliches Gedenken, Erinnerung“. In der Bedeutung „Minne trinken“ ist es noch heute als Gedächtnis- oder Abschiedstrunk bekannt.
Minne
Das altdeutsche Wort "Minne" entsprach dem heutigen weitgefassten Begriff der Liebe, während das damit kontrastierende Wort üblicherweise im Sinne von Leid gebraucht wurde. Die Minne wurde in einem edleren und geistigeren Kontext verstanden, im Einklang mit der Verehrung, die edle Frauen genossen. Im Vergleich dazu galt die Geschlechtsliebe im Allgemeinen als weniger erhaben. Durch den Einfluss des Rittertums wurde diese Auffassung der Minne weiterhin in romantischer Weise gesteigert.
Im Altnordischen gab es das Wort minni in anderer Bedeutung, nämlich als „Erinnerung“, "Andenken". Auch im heutigen Isländisch bedeutet minni „Gedächtnis“. Diese Bedeutung gehört zur indogermanischen Wurzel *men- „denken“, die im Deutschen noch in dem Verb mahnen enthalten ist.
Auch im Mittelhochdeutschen steht minne für „freundliches Gedenken, Erinnerung“. In der Bedeutung „Minne trinken“ ist es noch heute als Gedächtnis- oder Abschiedstrunk bekannt.
Nach Pierer's Univeral-Lexkikon (4. Auflage 1857–1865) ist Minne
„ursprünglich so v.w. Erinnerung, Andenken; bei den alten Deutschen war es bei Opfern u. Gelagen Sitte, der Götter od. verstorbener Genossen mit einem Becher zu gedenken, was man Minne trinken nannte. Nach Annahme des Christenthums wurde an Wuotans, Donars etc. Stelle die M. Christi, der Maria u. der Heiligen, namentlich aber die M. des Apostels Johannes od. der heiligen Gertrud getrunken.“
Heutige Vorstellung von mittelalterlicher Minne: ein Liebespaar auf S. 249v der Heidelberger Manesse
Minnetrinken als Gedächtnistrunk
War der Wein schon um des Abendmahls willen in der Kirche unentbehrlich, so spielte er aus noch andren Gründen daselbst eine Rolle. Laut der Real Encyklopädie von 1846 ehrte der 'deutsche Heide' seine Götter und volkstümlichen Helden durch Trinkgelage. Der neubekehrte deutsche Christ hingegen trank auf das Heilige Gedächtnis von Heiligen, die ihn durch ihre geistige oder körperliche Stärke beeindruckten. Die Kirche nahm dieses sogenannte Minnetrinken in ihr Ritual auf, nachdem sie sich jahrhundertelang vergeblich bemüht hatte, es zu unterdrücken. Den Bischöfen gelang es kaum, die Anzahl der Heiligen zu begrenzen, deren Gedächtnis oder Minne man mit Trinkgelagen ehrte. So blieben lange Zeit in den Niederlanden die St. Gaerteminne oder Gertrudsminne, im Norden die Kanuts- oder Eriksminne, anderswo die Ulriksminne, der Martins-, Stephans-, Michaelis- und Nikolaustrunk erhalten. Bis heute besteht die Tradition der Johannisminne fort.
Früher wurde an vielen Orten auch zur Zeit der Sommersonnenwende in der Johannisnacht am 23. Juni Minne getrunken. Man trank Weichselwein als gesegnete Johannesminne. Die älteren Leute und die Frauen bereiten das Opferfleisch in den mitgebrachten Opferkesseln zu, bereiten Opferkuchen und andere Opferspeisen vor und brauen Bier und Met für den heiligen Minnetrank. Bevor der fröhliche Opferschmaus beginnt, wird eine wichtige Handlung durchgeführt: das Springen der Menschen durch das Opferfeuer und das Treiben der Herden über die dampfenden und erlöschenden Kohlen. (Jahn, 1884)
Laut dem Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens (1987) ist das Gedenken an Verstorbene oder an Gott durch einen Trinkspruch ist eine alte germanische Kultpraxis, die auf dem Ahnenkult basiert. In Skandinavien war es beispielsweise vorgeschrieben, vor dem Antritt eines Erbes die Minne des Toten aus einem gefüllten, um das Feuer getragenen und somit geweihten Horn zu trinken. Dieser Brauch hatte ursprünglich die Funktion eines Ablösungsopfers, bei dem man sich durch den Minnetrank das Anrecht auf den ererbten Besitz vom Erblasser erkaufen wollte. Der Minnetrank war von Anfang an ein Scheide- und Abschiedstrank, dessen Bedeutung aus seiner Verbindung mit dem Ahnenkult herrührt.
Die Übertragung dieser Praxis auf Götter erfolgte erst später, als der Totentrunk bereits weit verbreitet war. Diese Übertragung war leicht verständlich, da auch die Götter als Ahnen des Menschengeschlechts galten. Die Minnetränke für tote Ahnen wurden auch an periodischen Festtagen als fromme Trinksitte mit Libationscharakter zelebriert. Bei festlichen Gelagen war es üblich, nicht nur der Vorfahren, sondern auch der Götter zu gedenken, sei es Thor, Odin, Njörd, Freyr, Freyja und andere. Es handelte sich dabei nicht um eine symbolische Gastgemeinschaft, sondern um eine fromme Geste beim Trinken, die den Neid der Götter besänftigen sollte.
Der Brauch wurde später ins Christentum übernommen, entweder in der Form, dass er ohne einen bestimmten Namen praktiziert wurde, oder indem der Name der Götter durch den Namen Christi oder eines Heiligen ersetzt wurde. Die Heiligen spielten dabei dieselbe Rolle im Minnekult wie einst die Götter, und ihre Namen wurden je nach Belieben der Trinker eingesetzt. Diese Entwicklung fand vor allem in späteren Jahrhunderten statt. Es gibt keinen inneren Unterschied zwischen der Götterminne und der Heiligenminne; beide wurden nach Bedarf und Wunsch der Trinker zelebriert. Die Überlieferung zeigt, dass die Sitte der Heiligenminne auch im südgermanischen Raum, beispielsweise bei den Bayern, praktiziert wurde. So erzählt uns Aribo von Freising, wie die Bayern die Minne ihrer Götter und Christi durcheinander getrunken hätten.
In Norwegen sei der Heilige Martin dem König Olaf Tryggvason in der Nacht erschienen und habe ihn aufgefordert "statt der Minne Thors und Odins in Zukunft die Minne Christi und seiner Heiligen zu trinken."
Aus anderen europäischen Quellen ist bekannt, dass ähnliche oder gleiche Bräuche auch bei anderen christlichen Völkern existierten und zunehmend bekämpft wurden.
Der Kirchenvater Augustinus schildert:
vero quäle est, quod transacto con- vivio expleta siti, cum amplius bibere non possint nec debeant, tune quasi novelli, quasi et qui ipsa hora super- venerint, diversis Nominibus incipiunt bibere non solum vivorum hominum, sed et angelorum et reliquorum sanctorum
(Was aber ist, dass sie nach dem Ende des Mahls, wenn sie satt sind, wenn sie nicht mehr trinken können und dürfen, dann, als ob sie zu dieser Stunde heraufgekommen wären, unter anderen Namen zu trinken beginnen, nicht nur der lebenden Menschen, sondern auch der Engel und der übrigen Heiligen).
An einer anderen Stelle erwähnt er diejenigen, die sich im Gedenken an die Märtyrer berauschen. Ambrosius kämpft gegen die Unsitte der Gläubigen, die Kelche zu den Gräbern der Märtyrer tragen und abends auf sie trinken, ohne zu glauben, dass sie auf andere Weise gehört werden können. Klagen über Gelage an Märtyrerfesten in den frühen Jahrhunderten nehmen nicht ab. Andere Kirchenväter wie Zeno von Nerona, Paulinus von Nola, Gaudentius von Brescia und Cäsarius von Arles rügen ähnliche Praktiken. Das Konzil von Nantes verbot die Unsitte, und Hinkmar von Reims ging dagegen vor. Der Erfolg solcher Bemühungen stellte sich jedoch nur sehr langsam ein. Die Zeugnisse zeigen, dass es sich um Ehrentrunke handelte, die je nach Bedarf und Wahl bestimmten Heiligen, allen gleichzeitig oder sogar den Engeln gewidmet wurden. Diese frühchristliche Sitte basierte zweifellos auf dem vorchristlichen Trankopfer, das besonders im griechischen und römischen Kult bei schwierigen Unternehmungen, Eiden und vor Reisen üblich war.
* Die Vorauer Volksbibel aus dem Jahr 1467 gehört zur Literaturgattung der deutschsprachigen Historienbibeln des Spätmittelalters und enthält die Texte der christlichen Bibel in bayerisch-österreichischer Mundart, veranschaulicht mit 559 kolorierten Federzeichnungen und ergänzt durch die Schilderung geschichtlicher Ereignisse.
Historienbibeln dienten im Spätmittelalter dazu, die spirituellen Grundlagen des Christentums zu vermitteln und dem Volk näher zu bringen. Dabei wurden die Bibeltexte in der Sprache des Volkes frei bearbeitet und durch zeitgeschichtliche Ereignisse ergänzt. Sie zählt zum DOKUMENTENERBE„Memory of the World“/„Gedächtnis der Menschheit“.
Quellen
Bächtold-Stäubli, Hanns, Hoffmann-Krayer, Eduard. "Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens", Vollständig, Band 01 bis 10. Berlin, 1987.
Grenzboten 1864. Nr. 52.
Jahn, Ulrich. "Die deutschen Opfergebräuche bei Ackerbau und Viehzucht. Ein Beitrag zur deutschen Mythologie und Alterthumskunde." Breslau: Verlag Wilhelm Koebner, 1884.
Real Encyklopädie für die gebildeten Stände von 1846.
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