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Hallstattschwert


Die Schwerter der Hallstattzeit waren bereits zu ihrer Zeit legendär und gehörten zur Standardausrüstung in den Kriegergräbern der Stufe HaC, im Zeitraum zwischen 800 und 600 v. Chr. Sie wurden aus Eisen oder Bronze hergestellt, und besondere Stücke tragen Schlussknäufe aus Elfenbein. Das abgebildete Prunkschwert aus Grab 573 zählt zu den bedeutendsten Fundstücken aus dem Gräberfeld in Hallstatt. Das Hallstätter Exemplar mit einer Länge von 107 cm ohne Knauf weist eine besonders feine gitterartige Elfenbeinschnitzerei auf, die rhombischen Zwischenräume sind mit Bernsteinplättchen verfüllt.


© KURIER/Jeff Mangione von Kurier online "Was uns ein rund 3.000 Jahre altes Schwert aus der Hallstattzeit erzählen kann" (9.5.2023)


Das Schwert, das bis vor Kurzem mit seinem kunstvoll gefertigten Knauf aus Elfenbein und Bernstein ein Prunkstück der Schausammlung zur Hallstattzeit im Naturhistorischen Museum in Wien, war, wird derzeit mithilfe aktuellster wissenschaftlicher Methoden untersucht. Es zeigte sich, dass unter dem Bernstein Metallfolien angebracht waren, die das Licht reflektierten. Damit muss das Schwert aus zu seiner Zeit von überragender Schönheit gewesen sein. Derzeit wird eruiert, woher Elfenbein und Bernstein stammen und aus welchem Material die darunterliegenden Metallplättchen bestehen.

Detail des Griffes aus der Replik des Prunkschwertes aus Grab 573. Zinnfolie und Bernstein brachten das Schwert zum Leuchten. (Bild: NHM Wien, aus: Magazin des NHM, Winter 2023, S. 12 und 13)


Die Forschungen haben bereits beeindruckende Ergebnisse geliefert. So wurde festgestellt, dass der ungewöhnliche Schwertgriff aus wertvollem afrikanischen Elfenbein besteht, welches von phönizischen Händlern nach Etrurien in Mittelitalien gebracht und von dort nach Mitteleuropa weitertransportiert wurde. Der Griff ist mit zahlreichen Bernsteinplättchen in feinen geometrischen Mustern verziert, deren Material von der Ostseeküste stammt. Besonders kunstvoll ist die Verwendung von untergelegten Zinnfolien, die den Bernstein golden glänzen lassen und somit einen schönen Kontrast zum weißen Elfenbein und der silbrig schimmernden Eisenklinge erzeugen.


Zwischen 1846 und 1863 wurden unter der Leitung des Bergmeisters Johann Georg Ramsauer am Hallstätter Salzberg fast 1.000 Brand- und Körpergräber mit reichen Beigaben ausgegraben. Neuere Ausgrabungen, die seit 1993 vom Naturhistorischen Museum Wien durchgeführt werden, deuten sogar auf bis zu 5.000 Gräber hin.


Der Reichtum an Grabbeigaben deutet auf eine hierarchisch strukturierte Gesellschaft hin, die ihren Wohlstand dem Salzabbau und dem weitreichenden Salzhandel verdankte. Dieser Handel brachte auch exotische Luxusgüter in das abgelegene Hochtal von Hallstatt. Sie besaßen Gold und kannten bereits Glas. Zudem betrieben sie Handel von Afrika über China bis in den hohen Norden.

Elfenbeinknauf des Hallstattschwerts mit Bernsteineinlagen. Es wurde im Grab 573, 1857, von Johann Georg Ramsauer gefunden. (Bild: Naturhistorisches Museum Wien)



Das Hallstattschwert (auch Mindelheimschwert) hat eine zweischneidige, schmale, in der Mitte verbreiterte Klinge. Schwertes diesen Typs sind meist aus Eisen geschmiedet, seltener auch aus Bronze gegossen. Das Hallstattschwert war Leittypus der Waffen der Hallstattzeit aus Periode HaC (800–620 v. Chr.). Die Klinge wird vom Heft zum Ort schmaler und verbreitert sich in der Klingenmitte, danach läuft sie zum Ort hin wieder schmaler. Auf der Klinge befindet sich ein breiter Mittelgrat, der bis zum Ort läuft. Der Ort ist spitz. Das Heft besteht meist aus Bronze und ist oft verziert. Der Knauf ist in der Regel pilzförmig und aus Bronze oder organischem Material gefertigt. Selten finden sich Einlagen aus Glasfluss. Das vorliegende Hallstattschwert stellt einen Leitfund der frühen Hallstattzeit dar. Der charakteristische Typ Mindelheim ist ein Griffzungenschwert mit etwa 90 cm langer Klinge, die in der Mitte leicht breiter wird, sowie mit einem Pilzknauf aus organischem Material.


Diese Replik des Prunkschwertes aus Grab 573 zeigt die einstige kunstfertige Gestaltung des Schwertes. (Bild: NHM, Alice Schumacher)








Zeichnung von Schwertern der Hallstattkultur, die in Hallstatt gefunden wurden Johann Georg Ramsauer (1795–1874)



Hallstattschwert mit Elfenbeinknauf und Bernsteineinlagen. Gesamtlänge: etwa 110 cm, Klingenlänge: etwa 90 cm, Griffstück: Holz (Bild: Naturhistorisches Museum Wien)


Handknauf im Detail (Bild: Naturhistorisches Museum Wien)



Die Waffen wurden in der hölzernen Scheide an einem Schulter- oder Leibgurtgetragen.

Am unteren Scheidenende, dem Ort, war ein bronzenes Ortband festgenietet, das das Durchstoßen der Scheide beim Einführen der Waffe verhindert.


Man kennt hauptsächlich zwei Typen, die entweder eingerollte oder gestreckte Flügel besitzen. Aus dem Gesamtverbreitungsgebiet liegen über 600 Bronze-und Eisenschwerter und mehr als 120 Ortbänder vor.


Mit dieser Gräberschicht erfasst man nicht den gewöhnlichen Bauern oder Handwerker, sondern gewissermaßen den Landadel.


Für hallstattzeitliche Schwertgehänge hatten sich die Schwierigkeiten gezeigt, da es so gut wie keine archäologischen Funde gibt. Die Frage war, ob eher Schulter- oder Leibgurt getragen wurden. Schultergurte wurden etwa von den Griechen und Etruskern verwendeten. Glücklicherweise gibt es einen Fund aus dem Gräberfeld von Hallstatt, Schwertgrab 496 (C2), von zwei Bronzeringen, beide ca. 4,5 cm Durchmesser, mit je zwei Zwingen, die sich hervorragend anbieten als Bestandteil eines Schwertgehänges.


(Bild: Zwei Bronzeringe, beide ca. 4,5 cm Durchmesser mit je zwei Bronzezwingen, Oberösterreich, Hallstatt, Grab 496, C2.)



Das Schwert bildete die wichtigste Waffenbeigabe in Elitegräbern der älteren Hallstattzeit. Insgesamt sind fast 600 Schwerter aus Grabfunden überliefert; dagegen spielen etwa 50 Funde aus Gewässern, Depotfunden und Siedlungen eine untergeordnete Rolle. Die Schwerter besitzen eine weite Verbreitung in Mittel-, West- und NW-Europa, mit dem Hauptverbreitungsraum zwischen Mittel- und S-Frankreich im Westen und Böhmen, S-Mähren und Oberösterreich im Osten. Verei zelt kommen Hallstatt-Schwerter weiter im Osten in Ostösterreich, Ungarn , der Slowakei und Polen vor. Im Norden (Britische Inseln, Skandinavien) sind die Schwerter meist aus Fluß- und Depotfunden bekannt; ansonsten stammen sie mehrheitlich aus Gräbern. Etwa 30 % der Schwerter bestehen aus Bronze, der Rest wurde aus Eisen hergestellt.


Verbreitungskarte der Schwerter vom Typ Mindelheim. Nach Reinhard (aus Pare, Christopher. “Schwert, Hallstattzeit.” Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 2004, S. 541)



Eine Aufnahme der Hallstattschwertfunde wurden kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals zusammengestellt und beschrieben. Es folgten Auflistungen der Schwerter aus SW-Deutschland, Frankreich, N-Deutschland und Skandinavien. Die erste großräumige Verbreitungskarte der Hallstattschwerter stammt von A. Rieth. In der älteren Literatur wurde hauptsächlich zwischen kurzen (meist aus Bronze) und langen Schwertern (meist aus Eisen) unterschieden. Paul Reinecke erkannte dann als erster, dass die Hallstattschwerter aus zwei Hauptserien bestehen, die jeweils sowohl aus Bronze als auch aus Eisen hergestellt sein konnten; nach zwei von Reinecke abgebildeten Bronzeschwertern wurden die Serien seitdem als Typ Gündlingen bzw. Typ Mindelheim bezeichnet; namengebend waren Grabfunde in S-Baden bzw. Bayer.-Schwaben. Ein dritter Typ von Eisenschwertern, der v.a. in O-Frankreich (Burgund, Jura, Lothringen) vertreten ist, wurde von H. Corot als Typ Magny-Lambert bezeichnet. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung des Gündlingenschwertes aus Eisen mit einer langen, schmalen Klinge und einer Verstärkung der Klingenmitte durch einen Grat oder eine Rippe. 1967 erfasste J. D. Cowen die bronzenen Gündlingen- und Mindelheimschwerter vollständig; außerdem definierte er den Themse-Typ, der eine Beeinflussung der spätbronzezeitlichen Ewart Park-Schwerter Englands durch Gündlingen-schwerter illustrieren sollte. Die Themse-Schwerter werden heute jedoch als Spätform des Typs Ewart Park bzw. als Proto-Hallstatt-Schwerter angesehen und vor Beginn der Hallstattzeit datiert.


Verbreitungskarte der Bronzeschwerter vom Typ Gündlingen. Nach Gerdsen und Reinhard mit Ergänzungen (aus Pare, Christopher. “Schwert, Hallstattzeit.” Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 2004, S. 540)



Ein wichtiger Meilenstein war die Vorlage der bronzenen Hallstattschwerter S-Deutschlands, der Schweiz und Österreichs von P. Schauer, in der auch die Ortbänder berücksichtigt wurden. Für die Ortbänder stellt Schauer acht Typen auf.

Nach diesen 150 Jahren andauernden Forschungen lässt sich die Fundlage heute gut überblicken. Insgesamt sind mindestens 180 Gündlingenschwerter auf dem Kontinent bekannt, von denen lediglich 18 aus Eisen bestehen. Die Verhältnisse bei den Mindelheim-Schwertern sind umgekehrt: Während 35 Exemplare aus Bronze gefertigt sind, besitzen etwa 60 Eisenschwerter typische Mindelheimer Merkmale.


Bei diesem Bild handelt es sich um einen kleinen Ausschnitt – in den Originalfarben – aus der großen Farbtabelle „Kultur des Metallzeitalters (Frühzeit)“ in Meyers Konversations-Lexikon von 1885. Es zeigt die Schwerter vom Typ Mindelheim und Gündlingen, aber auch Schwerter und Dolche mit „Antennen“-Griffen. Wie die Originale aussehen, ist hier zu finden.



Der oftmals schlechte Erhaltungszustand erklärt die Tatsache, dass die große Mehrheit der eisernen Hallstattschwerter (ca. 300 Exemplare) heute typologisch unbestimmt ist. Es wird vermutet, dass viele davon dem Typ Mindelheim bzw. in Frankreich dem Typ Magny-Lambert entsprechen.


Die eisernen Schwerter vom Typ Mindelheim erreichen viel größere Dimensionen als jene vom Tyo Gündlingen – mit Prachtschwertern wie aus Grab 573 von Hallstatt mit einer Länge von ca. 107 cm (ohne Knaufangel). Wie die organischen Knäufe der Gündlingen-schwerter gestaltet waren, ist fast immer unbekannt. Typisch für die Mindelheimschwerter sind pilzförrnige Knäufe, die aus Bronze, Holz, Knochen oder Elfenbein bestehen können; sie sind gelegentlich aufwendig verziert, wie die Beispiele aus Holz mit Goldblechstreifen von Gomadingen (Württ.) und Oss (Niederlanden), aus Knochen oder Elfenbein mit Bernsteineinlagen von Chaffois und Marainville-sur Madon (Frankreich) und Hallstatt, Grab 507 und 573 (Oberösterreich), oder aus Bronze mit Eiseneinlagen aus Mons, Hügel 1 (Belgien), demonstrieren.




Wer sich für Funde von Bronze- und urnenfelderzeitlichen Schwertern in Europa interessiert, kann auf dieser interaktiven Karte fündig werden (Autorin: Christine Hahnekamp Technische Umsetzung: CHC, Universität Salzburg): http://chc.sbg.ac.at/schwerter/map.php


Der Artikel wurde am 3. Juli 2024 aktualisiert.




Quellen:


Magazin des NHM, Winter 2023.

Pare, Christopher. “Schwert, Hallstattzeit.” Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 2004.

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