Beim Ausbau der Pottendorfer Linie von Wien-Meidling bis Wiener Neustadt wurden im Jahr 2021 in Ebreichsdorf (Bezirk Baden, Niederösterreich) umfangreiche archäologische Funde freigelegt. Darunter auch ein rund 3.100 Jahre Jahre alter Goldschatz. Genau wie der Fundort des Objekts von Haschendorf liegt auch dieser an der alten Bernsteinstraße. Im August 2023 wird der spätbronzezeitliche Goldhort von Ebreichsdorf offiziell dem Naturhistorischen Museum Wien übergeben und damit der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht.
Alle Funde des Goldhortes von Ebreichsdorf (Foto: Novetus GmbH, ÖBB)
Im Jahr 2014 beauftragten die ÖBB Archäologen damit, den gesamten Trassenverlauf von Meidling bis Pottendorf zu untersuchen, nachdem beim Pflügen immer wieder Keramikscherben zum Vorschein kamen, die als erste Anzeichen dienten. Die meisten Ausgrabungsgegenstände wurden auf etwa 1.000 Jahre vor Christi Geburt datiert. Der gefundene Goldschatz wurde aufgrund seiner "europaweiten Bedeutung" vom Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt. Laut einer Aussendung wurden konkret eine Goldschale, Goldspiralen und Reste eines golddurchwirkten Textils entdeckt.
Siedlung aus der Bronzezeit ausgegraben
Bei den seit 2019 durchgeführten Ausgrabungen wurde eine Siedlung aus der späten Bronzezeit (1.300 bis 800 v. Chr.) nahezu vollständig freigelegt. Die Siedlung liegt ca. 30 km südlich von Wien und gehört zur Urnenfelderzeit. Insgesamt wurden 70.000 Quadratmeter untersucht und es wurden 5.000 Fundnummern vergeben. Die Entdeckungen, darunter Überreste von Wohn-, Arbeits- und Speicherbauten, geben Einblicke in die Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse der damaligen Zeit. Es handelt sich um eine der größten Siedlungen dieser Zeit, die jemals in Österreich dokumentiert wurden. Die Siedlung hatte eine geschätzte Größe von etwa 10 Hektar.
Ausgrabungen an der Bahnstrecke von Ebreichsdorf (Foto: Novetus GmbH, ÖBB)
Die südliche Begrenzung der prähistorischen Siedlung wurde durch einen Wasserlauf markiert, möglicherweise ein ausgetrocknetes Flussbett von 25 Metern Breite. Während der Existenz der Siedlung könnte es sich um einen Sumpf gehandelt haben oder der Wasserlauf füllte sich saisonal teilweise. In diesem Bereich wurden bereits fast 500 Bronzeobjekte auf einer Strecke von mehreren hundert Metern ausgegraben, hauptsächlich Nadeln, Dolche und Messer. Keiner dieser Funde ist beschädigt, was darauf hindeutet, dass es sich nicht um eine Müllkippe handelt. Außerdem wurden Hunderte Kilogramm an Keramikschalen und Tierknochen im Wasserlauf gefunden. Laut dem Archäologen Dr. Sip wurden Bronzegegenstände bei religiösen Ritualen ins Wasser geworfen. Welche Rolle spielten dabei die goldene Schale und die goldenen Tücher?
Etwa 15 Häuser wurden in der Siedlung identifiziert. Es sind keine Mauerreste erhalten, aber die Überreste der Holzpfeiler, die sich als Verfärbungen im Boden abzeichnen, deuten auf die Existenz der Gebäude hin. Die genaue Anzahl der Bewohner ist schwer abzuschätzen, aber es könnte sich um eine Gemeinschaft von etwa 100 bis 150 Personen gehandelt haben.
Die Archäologen entdeckten auch eine Reihe von Pfahlbauten in der Siedlung. Einer von ihnen erregte besondere Aufmerksamkeit, da er deutlich größer war. Er hatte einen Grundriss in Form eines Quadrats und maß 10 mal 8 Meter. Solche Gebäude werden als Tempel, Versammlungshäuser oder Häuser des Siedlungsleiters bezeichnet. Dieses zentrale Gebäude hatte mehr Pfeiler als die anderen Häuser. Die Halle war wahrscheinlich ein zentraler Versammlungsort und verfügte im Gegensatz zu den Lehmböden der Wohnhäuser über eine erhöhte Plattform, die auf mehreren kleinen Pfosten ruhte.
Die Versammlungshalle war wahrscheinlich wie die Neben- und Wohngebäude mit Stroh gedeckt und hatte einen erhöhten Fußboden. Sie stellte einen besonderen Ort in der Siedlung dar. (Bild: Novetus GmbH, ÖBB)
Goldschatz
Der vorgefundene Goldschatz wurde als so einzigartig betrachtet, dass er ihn innerhalb weniger Stunden unter Schutz gestellt wurde.
„So etwas gibt es nirgendwo sonst in Mitteleuropa. Man kennt derartige Goldschalen nur aus Norddeutschland und Skandinavien. Die Funde sind wissenschaftlich eine Sensation“,
meinte die Archäologin Michaela Binder. Dies ist der erste Fund dieser Art auf österreichischem Gebiet und der zweite östlich der Alpen, wie der Archäologe Dr. Michal Sip erklärte. Er fügte hinzu, dass bisher nur ein einziges Exemplar dieses Typs in Spanien, Frankreich oder der Schweiz entdeckt wurde. Es sind jedoch deutlich mehr aus dem norddeutschen, skandinavischen und dänischen Raum bekannt, da sie dort hergestellt wurden, so der Archäologe. Dies deutet darauf hin, dass die Trinkschale aus der späten Bronzezeit auf umfangreiche Handelsverbindungen bis in die Nord- und Ostseeregion hinweist. Dies wird auch durch die kleinen Bernsteinsplitter unterstützt, die ebenfalls in Ebreichsdorf gefunden wurden.
Draht, Auffindungszustand des Goldspiralenbündels und Stoffbündel (Bilder: Novetus GmbH/ÖBB)
Nach Schätzungen gibt es europaweit über dreißig solcher Schalen. Die Goldschale wurde tief unter der Erde in der Nähe der Wand eines prähistorischen Hauses der Siedlung entdeckt. Sie ist mit einem Sonnenmotiv verziert, und der Handwerker hat sogar Sonnenstrahlen hinzugefügt. Die Schale ist 5 cm hoch und hat einen Durchmesser von 20 cm. Sie besteht aus sehr dünnem Blech und besteht zu etwa 90 Prozent aus Gold, 5 Prozent Silber und 5 Prozent Kupfer.
Der Goldschatz umfasst insgesamt fünf Objekte. Besonders herausragend ist eine fein verzierte goldene Schale mit konzentrischen Zierbändern, Kreismotiven und einem sternförmig gearbeiteten Boden.
Niemand hätte so weit südlich mit einem derartigen Goldfund gerechnet, sagt Binder und berichtet über die Fundumstände:
„Seit Jahrzehnten wird hier gepflügt, das Schatzdepot dürfte durch den Pflug bereits einmal verlagert worden sein. Es liegt also nicht mehr exakt an seinem originalen Ort.“
Denkbar ist, dass die Objekte in einer Grube versteckt wurden.
Die Goldschale von Ebreichsdorf mit reichhaltigen Verzierungen, bestehend aus etwa 90 Prozent aus Gold, 5 Prozent Silber und 5 Prozent Kupfer. Über eine Herkunftsanalyse der Edelmetalle ist derzeit nichts bekannt. (Bild: Novetus GmbH/ÖBB)
Die Archäologen können nur Vermutungen über den Besitzer anstellen. Sie glauben nicht, dass die Schale in Ebreichsdorf hergestellt wurde. Aufgrund ähnlicher Stücke in Norddeutschland und Dänemark nehmen sie an, dass sie ein Geschenk war, möglicherweise für einen Anführer, und auf umfangreiche Handelskontakte in der späten Bronzezeit hinweist. Somit deuten diese Funde auf weitreichende Kontakte während dieser Zeit hin. Das fein dekorierte Goldblech zeigt unter anderem ein stilisiertes Sonnenrad.
„Die Schale hatte mit ihren Sonnensymbolen sicher auch kultische Bedeutung. Vielleicht gehörte sie einem religiösen Würdenträger.“ (Binder)
Der Kultwagen von Strettweg, auch bekannt als Strettweger Opferwagen, ist ein bronzenes Kultobjekt, das im 7. Jahrhundert v. Chr. gefertigt wurde. Er wurde 1851 bei der Planierung eines Fürstengrabes der Hallstattkultur in Strettweg bei Judenburg in Österreich entdeckt. Neben dem Wagen wurden weitere Grabbeigaben wie Bronze-Schmuck, Amphoren, eiserne Waffen und Zaumzeug gefunden. Der Wagen hat eine Höhe von 46,2 Zentimetern und besteht aus einer viereckigen, durchbrochenen Grundplatte mit vier Speichenrädern. In der Mitte des Wagens befindet sich eine etwa 32 Zentimeter hohe weibliche Figur, die einen schalenförmigen Gegenstand mit erhobenen Händen trägt. Die Schale wird von zwei scherenförmigen Stützen gehalten. Auf der Schale liegt ein nahezu halbkugelförmiger Kessel mit einem durchbrochenen Rand und einer schneckenförmigen Verzierung. Neben der Trägerin des Kessels sind zahlreiche weitere Figuren abgebildet, darunter stehende und berittene Menschen sowie pferde- und hirschähnliche Tiere. Die dargestellte Szene wird als Opferszene interpretiert, und der Wagen wurde vermutlich als Kultobjekt verwendet, um Trankopfer aufzunehmen. Der Strettweger Opferwagen wurde im Jahr 2009 restauriert und befindet sich im Originalzustand im Archäologiemuseum Schloss Eggenberg, das zum Universalmuseum Joanneum in Graz, Steiermark gehört. Eine Kopie des Wagens ist im Museum Murtal in Judenburg ausgestellt. (Bild: Thilo Parg - Eigenes Werk)
Diese Schalen werden daher als Kultgegenstände betrachtet, die möglicherweise bei rituellen Handlungen wie Speise- und Trankopfern eine Rolle gespielt haben. Die Darstellung der Sonne ist nicht nur auf Goldschalen zu finden. Ein Beispiel hierfür ist ein Kultwagen, der in Strettweg bei Judenburg in der Steiermark aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. entdeckt wurde und auf die Bedeutung der Sonne als zentralen Bestandteil einer religiösen Vorstellung hinweist. Hinweise auf einen Sonnenkult ziehen sich während der Spätbronzezeit und darüber hinaus durch den gesamten europäischen Raum. Daher könnten die Menschen im skandinavischen Raum, die die Goldschale herstellten, ähnliche Weltanschauungen wie die Menschen im Alpenraum gehabt haben.
Einige Funde aus Ebreichsdorf und ihre mutmaßlichen Herkunftsorte. In den bräunlich markierten Gebieten wurden ähnliche Objekte entdeckt, die wahrscheinlich über Handelsreisende nach Niederösterreich gekommen sind. Dazu zählen etwa kleine Stücke Bernstein und eine Haarnadel, die aus Hannover bekannt ist. (Bild: Novetus GmbH, pundr.at)
Golddurchwirkter Stoff
Zusätzlich zur Goldschale wurden weitere Objekte aus wertvollem Material gefunden, darunter Golddrähte, die zu Spiralen gewunden sind. Es ist unklar, wofür sie verwendet wurden, möglicherweise handelt es sich um eine Art Währung oder das bronzezeitliche Äquivalent von Goldbarren. Interessanterweise gibt es bereits zwei ähnlich aussehende Funde aus dem Salzkammergut.
In beiden Knäueln wurde festgestellt, dass sich ein aufgewickelter goldener Draht befand. Außerdem wurde ein Gewebe mit Gold durchwirkt gefunden, das vermutlich den gehobenen Status seines ursprünglichen Trägers repräsentieren sollte. Das Bündel von Golddrähten wurde bereits von Textilspezialisten des Naturhistorischen Museums in Wien untersucht. Es wurde festgestellt, dass es sich um die Überreste eines Gewandes handelt, das mit Gold durchwirkt war – ein weiteres außergewöhnliches Objekt. Das mutmaßliche Kleidungsstück war mit feinen Golddrähten verziert, und einzelne Fransen waren mit feinen Goldspiralen umwickelt. Gewebe, bei denen etwa Golddrähte oder -streifen zur Verzierung eingebracht wurden, finden sich als besondere Funde in der Spätbronzezeit um 1100 bis 1000 v. Chr. in Westungarn und Ostösterreich – obwohl Textilien aus dieser Zeit generell sehr einfach gestaltet sind.
Es ist wahrscheinlich, dass die Schale, die Spiralen und das goldgewirkte Gewand einer Eliteperson gehörten. Gerade das erhaltene Textilstück, das als Stoffknäuel vorliegt, dürfte auf den Träger als bedeutende Person von hohem Status hindeuten. Das gesamte Textilbündel war mit einem dickeren Golddraht umwickelt. Ob dies zur Aufbewahrung diente oder das gesamte Bündel als Opfergabe niedergelegt wurde, bleibt ein Mysterium.
Der gereinigte Fund von Ebreichsdorf. (Bild: Naturhistorisches Museum Wien)
Wer könnte damals ein so wertvolles Gewand getragen haben? Die beiden Hauptinterpretationsmöglichkeiten bezüglich des Trägers eines derart wertvollen Gewandes sind entweder eine religiöse oder politische Würdenträgerin. Bisher wurden jedoch keine Funde eines solchen Kleidungsstücks in Fürstengräbern oder ähnlichen Orten entdeckt, die als Vergleich dienen könnten. Es besteht jedoch eine klare Verbindung zu einem hohen sozialen Status, da Gold zu jener Zeit ein seltenes und kostbares Material war. Es wurde wahrscheinlich sogar noch mehr Bedeutung beigemessen als heutzutage und hatte möglicherweise auch eine kultische Bedeutung.
Im Rahmen der Lehrveranstaltung "Experimentelle Archäologie in der Praxis" an der Universität Wien wurden weitere Experimente mit Goldfäden im Freilichtmuseum des MAMUZ in Asparn an der Zaya durchgeführt. Studierende lernten verschiedene Textiltechniken kennen und experimentierten mit Goldfäden, was zu interessanten Ergebnissen führte. Als Vorlagen dienten hauptsächlich vergleichbare Funde von Goldfäden, da der Fund von Ebreichsdorf noch nicht vollständig freigelegt ist. Die charakteristischen Wendungen und Drehungen wurden in verschiedene Techniken eingebaut und dann verglichen, um sie mit den erhaltenen Funden zu vergleichen. Einige Ergebnisse entsprachen den Originalen sehr gut, was uns dabei hilft, der Frage nach der Herstellungstechnik näherzukommen. (Bild: Kayleigh Saunderson); ungereinigtes Stoffbündel mit Goldfäden (Bild (Bild: Novetus GmbH, ÖBB)
Die Knäuel selbst sind Überreste von organischem Material, möglicherweise Stoff oder Haut (eine DNA-Analyse wird dies klären). Der Stoff wurde mit Goldfaden genäht, der dann aufgerollt und mit zusätzlichem Golddraht umwickelt wurde. "Es ist wahrscheinlich, dass es sich um Verzierungen handelte, aber wir werden wahrscheinlich nie sicher sein
Opfer an Flussgötter?
In Ebreichsdorf gibt es weitere Hinweise auf kultische Handlungen, die durch andere Funde im Bett eines Baches, der damals neben der Siedlung verlief, belegt werden. Es ist bekannt, dass während der späten Bronzezeit Bronzegegenstände wie Nadeln und Messer in Flüssen als Opfergaben an verschiedene Flussgötter deponiert wurden. Andere Erklärungsversuche für die auffällige Anhäufung solcher Funde sind nicht überzeugend. Außerdem war der Bach zu klein, um von Schiffen befahren zu werden, die eventuell bei einem Unfall ihre Fracht verloren hätten.
Weitere Funde
In Ebreichsdorf wurden außerdem Überreste von Brennöfen gefunden, die zur Herstellung von Keramik verwendet wurden. Neben den Keramikfragmenten, die im Boden gefunden wurden, sind verschiedene Arten von Gefäßen vorhanden, darunter Trinkschalen, große Vorratsgefäße für Nahrungsmittel sowie Lampen- und Räuchergefäße. Die Anwesenheit von Webgewichten lässt darauf schließen, dass Webstühle zur Herstellung von Textilien genutzt wurden. Das organische Material, wie Holz, zerfällt normalerweise schnell und ist schwer nachweisbar. Metall hingegen ist besser erhalten geblieben. Es wird vermutet, dass Handwerker in der Siedlung teilweise auch mit Metall gearbeitet haben, da Funde von Messern, Äxten und Nadeln gemacht wurden – und natürlich auch der sensationelle Goldfund.
Bernsteinstraße
Bernstein, das Juwel aus der Ostsee, wurde schon in vorrömischer Zeit über Routen sowohl westlich der Alpen als auch über Alpenpässe gehandelt. Die bequemste und wohl auch bedeutendste Handelsroute führte aber um das Massiv der Alpen östlich herum. Nirgends tritt ein derart massives Vorkommen von Bernstein zu Tage treten wie an den Küsten der Ostsee. Entsprechend intensiv war auch der Handel der entlang der frühgeschichtlichen Altstraßen, eine der wichtigsten war wohl die Bernsteinstraße, über die der Handel mit diesem Halbedelstein betrieben worden war.
Es ist nicht genau bekannt, seit wann Menschen entlang der "Bernsteinstraße" gereist sind, aber wir können sicher annehmen, dass der Handel entlang dieser uralten Route schon lange vor den Römern stattfand. Zahlreiche archäologische Funde aus prähistorischer Zeit unterstützen diese Annahme.
Die Spuren menschlicher Besiedlung reichen von den frühesten Siedlungsspuren in Stillfried an der March in Niederösterreich und Lagerfunden aus der mittleren Steinzeit, etwa bis 26.000 vor Christus, bis hin zu den drei Grabhügeln aus der Hallstattzeit nahe Bernhardsthal im östlichen Weinviertel. Natürlich darf man sich unter der "Bernsteinstraße" keinen modernen befestigten Straßenverlauf mit Asphalt oder Beton vorstellen, wie wir ihn heute nutzen. Diese alten Straßen waren eher naturbelassene Pfade, die sich dem Gelände anpassten.
Diese Straßen führten meist in erhöhter Lage, gesichert durch Aussichtswarten, von einer Stützpunkt-Siedlung zur nächsten, da die Flusstäler fast ständig von Wasser oder ausgedehnten Sumpfgebieten und Morast umgeben waren.
Bernstein wird auch als das "Gold des Nordens" bezeichnet.
Ähnlich wie in anderen Regionen lässt sich der Verlauf der Bernsteinstraße zumindest teilweise anhand von Flurnamen erkennen, die bis heute erhalten geblieben sind. Vom "Hoher Weg" bei Götzendorf über "Hochstraß" nahe Zistersdorf bis hin zur Flur "Am Steinweg", die uns an Hausbrunn und der Wüstung Schönstraß vorbeiführt, einer längst verschwundenen Siedlung, deren Name ebenfalls auf eine alte Straße hinweist. Erst viel später, als die Römer ihr Legionslager Carnuntum an der Donau errichteten, wurden auch die alten Handelswege in die Talsenke verlegt und befestigt.
Die Bernsteinstraße umfasste die Route von Aquileia – wichtigste Hafenstadt an der Adria, das erst mit dem Aufstieg Venedigs seine Vorherrschaft verlor – zu den Bernsteinvorkommen an der Ostsee bei Danzig.
Sie wurde im ersten Jahrhundert n. Chr. vom Mittelmeer bis nach Carnuntum an der Donau – Hauptstadt der römischen Provinz Pannonien – ausgebaut. Der Fundort des Goldhorts –Ebreichsdorf – liegt nur etwa 40 km von Carnuntum entfernt. Der Verlauf dieser römischen Bersteinstraße ist in der Tabula Peutingeriana verzeichnet. Auch Plinus der Ältere (23-79 n.Chr.) berichtet, dass auf dieser Straße Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia transportiert wurde.
Antike Handelswege durch Europa.
Der bereits in vorrömischer Zeit bedeutende Handelsweg verlief von der Danziger Bucht entlang der Weichsel und ihrer Nebenflüsse durch die Mährische Pforte, folgte danach der March und überquerte bei Carnuntum rund 50 km östlich von Wien die Donau. Unter Umgehung der Alpenpässe verlief die Straße von Carnuntum, Scarabantia (Sopron/Ödenburg), Colonia Claudia Savaria (Szombathely/Steinamanger) und Poetovio (Ptuj/Pettau) über Emona (Laibach, Ljubljana) nach Aquileia. Zwischen Sopron und Szombathely führte die Bernsteinstraße durch das Mittelburgenland (Bezirk Oberpullendorf), ein bedeutsames keltisches Eisenerzgebiet.
Die Römer erweiterten die alte Nord-Süd-Verbindung, die seit dem 19. Jahrhundert als "Bernsteinstraße" bekannt ist. Sie verstärkten den früheren "Trampelpfad" mit einem ein Meter dicken, steinernen Unterbau, befestigten die Straßen in den Städten mit Steinplatten und bedeckten die Überlandstrecken mit Kies. Schon der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23/24–79 n. Chr.) berichtete, dass auf dieser Handelsroute Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia transportiert wurde. Natürlich wurden auch andere Waren entlang dieser Route befördert, aber von besonderer Bedeutung war der Transport von Eisenerz aus den keltischen Bergbaugebieten für die römische Rüstungsindustrie. Die 'Fernverkehrsstraße' spielte auch eine Rolle bei Truppenbewegungen.
Die römische Bernsteinstraße im Mittelburgenland ist ein gut erhaltener Abschnitt, der bereits seit 1931 unter Denkmalschutz steht. Sie verläuft von einem Punkt östlich von Großmutschen in nordwärtiger Richtung bis nach Groß Warasdorf. An ihrem Anfang befinden sich zwei römische Steinmonumente. Heutzutage gibt es einen eigenen Radwanderweg namens "Römische Bernsteinstraße", der durch das mittlere Burgenland führt. Sie führt vom Savaria/Szombathely/Steinamanger bis zum Scarabantia/Sopron/Ödenburg durch den Bezirk Oberpullendorf. Die Bernsteinstraße kommt von Csepreg über die Wiesen von Peresznye/Prössing und verläuft über die Staatsgrenze nach Frankenau/Frakanava. Dort überquert sie den Stooberbach und führt weiter nach Strebersdorf, wo sich eine Siedlung und vier Militärlager befinden. Danach führt sie zum Großmutschener Urbarialwald, wo sie seit den 1930er Jahren als Dammstraße unter Denkmalschutz steht.
Die Straße verläuft weiter über Nebersdorf, wo sich ein römischer Wachturm und eine spätneolithische Siedlung befinden, und Großwarasdorf nach Raiding. Anschließend biegt sie in einem scharfen Knick nach Osten Richtung Horitschon ab und führt über Neckenmarkt (Haschendorf) zur ungarischen Grenze bei Harkau. Von dort geht es nach Scarabantia (Sopron/Ödenburg). Die antike Straßentrasse ist immer noch gut erkennbar, obwohl einige Abschnitte aufgrund moderner Bauprojekte und Landwirtschaftstätigkeiten zerstört wurden.
Verlauf der Bernsteinstraße von St. Petersburg bis Venedig
Im östlichen Niederösterreich verlief ein Teil der Bernsteinstraße von den Fundstätten an der Ostsee bis zur Adria. Hier haben sich 30 Museen und Kulturinitiativen zusammengeschlossen, um über die archäologischen Erkenntnisse zu informieren. An zahlreichen Stationen entlang des Weges kann man mehr darüber erfahren.
Wie kommt nun Ebreichsdorfs und Haschendorfs Verbindung zur Bernsteinstraße zustande?
Natürlich war die Bernsteinstraße entlang ihres Verlaufs mit Zu- bzw. Abwegen verbunden, die die Angliederung der umliegenden Gebiete gewährleisteten. So gab es zahlreich Weg um die Bernsteinstraße, so auch in Niederösterreich und im Burgenland.
Gemäß der keltischen Vorliebe für Höhensiedlungen und Höhenwege kann die Altstraßenverbindung in das Mattersburger und das Wiener Becken als Fortsetzung dieses Zugangs betrachtet werden. Zunächst folgt sie der Landesgrenze zwischen Burgenland und Niederösterreich bis zu einem Bildbaum in der Nähe des Marriegels (622 m) und schneidet dann den spitzen Winkel der Grenze mit einem Forstweg am Schwarzkogel (673 m). Anschließend kehrt sie zur Landesgrenze zurück und teilt sich. Der Weg in Richtung Mattersburg führt über das Hasenbründl und erreicht über die Höhen 525 und 322 den Weiler Rohrbrücke (268 m) und schließlich die Wulka.
Der andere Zweig folgt größtenteils wieder der Landesgrenze bis zur Bannmeile von Wiener Neustadt. Im Bereich der Rosalienhäuser bis zum Weißen Kreuz (620 m) weicht die Grenze nach Westen aus. Unsere Straße verläuft jedoch zunächst geradeaus entlang einer Landstraße und nähert sich mit einem Fuß- und Fahrweg der Burg und dem Ort Forchtenstein.
Eine andere Wegverbindung beginnt in Scarbantia (Sopron) und führt über Müllendorf, Hornstein, Wimpassing und Weigelsdorf nach Ebreichsdorf. Sie verläuft östlich an Biedermannsdorf vorbei und gelangt über Vösendorf nach Wien. Das Itinerarium A erwähnt mehrmals Mutenum als Zwischenstation entlang dieser Verbindung.
Teilstrecke der Bernsteinstraße von Ödenburg nach Ebreichsdorf, etwa 9 km südlich von Sopron (Ödenburg) liegt Haschendorf, wo 1914 das Bronzeobjekt, von dem ich bereits berichtet habe, gefunden wurde. (Google Maps)
Im August 2023 wird der spätbronzezeitliche Goldschatz von Ebreichsdorf, Niederösterreich offiziell dem Naturhistorischen Museum Wien übergeben und damit der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht.
Quellen:
Stern, Josef (2008): Wege um die Bernsteinstraße, Burgenländische Heimatblätter, Band 70, S. 196–218.
Comments