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Fasching


Im Jänner beginnt die fünfte Jahreszeit und damit auch das närrische Treiben, das am Faschingsdienstag seinen Höhepunkt findet! In der "narrischen Zeit" wird die Ballsaison eröffnet, es finden Umzüge statt, und es wird sonst allerlei Schabernack getrieben, wie das Sauschädelstehlen.



Der Fasching bzw. Fastnacht, in anderen Ländern auch Fasnacht, Fasnet, Fastelovend, Fasteleer oder Karneval genannt, ist in Österreich die Brauchtumszeit vom Dreikönigstag bis zum Aschermittwoch, auf die die 40-tägige österliche Fastenzeit folgt. Der Aschermittwoch hängt vom beweglichen Ostern ab und ist immer der 46. Tag vor dem Ostersonntag. Dieser richtet sich nämlich nach dem Mond und kann frühestens auf den 22. März und spätestens auf den 25. April fallen.


Etymologisch erklärt sich Fasching als ‚Fastenschank‘, also der letzte Ausschank alkoholischer Getränke vor der damals noch strengen Fastenzeit. Darauf verweisen auch die mittelniederdeutsche Form vastgang und das (spät)altnordische fostugangr für den Beginn der Fastenzeit. Die Angleichung an Wörter auf -ing ist deutlich jünger. Man findet die Bezeichnung aber auch im benachbarten Ausland, wie das Wort in Slowakisch Fašiangy lautet.


Vom Fasching spricht man etwa in Nürnberg und Würzburg, die mit jeweils 100.000 Besuchern die größten Faschingszüge Süddeutschlands haben, sowie in der gesamten Region Franken, die auch Teile Baden-Württembergs umfasst, in Niederbayern und der südlichen Oberpfalz, im Osten Oberbayerns und München, also im bairischen Sprachraum und in Österreich. Fastnacht feiert man im westlichen Österreich und Deutschland, in der Schweiz und Südtirol. Das Wort Karneval wird vornehmlich in Norddeutschland verwendet, das vermutlich ebenfalls ein Hinweis auf die bevorstehende Fastenzeit ist. Das lateinische Wort Carnelevare steht für „Abschied vom Fleisch“ oder „das Fleisch wegnehmen“.


Seit dem 19. Jahrhundert findet in vielen Gegenden Deutschlands zusätzlich am 11. November, dem „Elften im Elften“, ab 11:11 Uhr die offizielle Eröffnung der Faschingszeit statt. Denn die Elf galt seit jeher als Narrenzahl, und dann werden nach alter Tradition die Narren „aufgeweckt“. Es beginnt an diesem Tag also nicht der Fasching, sondern die Narren bereiten sich auf die Faschingszeit vor. Da der 11.11. meist auf einen Arbeitstag fällt, wird dieses Narrenwecken sowie die damit zusammenhängende Inthronisation des Prinzenpaares etc. zeitnah auf ein Wochenende verlegt. In Österreich hat sich das Narrenaufwecken zum Teil etabliert, aber ein wichtigeres Brauchtum bezieht sich am 11. November auf den Hl. Martin, da wir hier den Martinitag mit "Ganslessen" und Martinifeste mit Kinderlichterzügen feiern. Insofern hat der 11.11. als Faschingsbeginn in unseren Breiten keine traditionelle Bedeutung und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch Faschingsgilden nach rheinischem Vorbild propagiert wurde. Laut Mandlkalender beginnt der Fasching in der Steiermark seit etwa 300 Jahren erst nach Dreikönig. Dieser Zeitpunkt wurde gewählt, um den Kontrast zwischen Weihnachten, Fasching und der anschließenden Fastenzeit zu verdeutlichen.

Der Höhepunkt des Faschings ist in der letzten Woche vor Aschermittwoch.

Der "Foastpfingsta", wie der Donnerstag vor dem Aschermittwoch in der Steiermark auch genannt wird - in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht wird er als der „schmotzige Donnerstag“ bezeichnet, ist die Weiberfastnacht. "Schmotzig" kommt in diesem Fall von Schmalz, weil fette Speisen im Fasching beliebt waren. (Zum Foastpfingsta und zum Sauschädelstehlen werde ich demnächst einen Artikel veröffentlichen.) In der Weiberfastnacht haben die Frauen die Hosen an, sie ist aber in der Steiermark kein gepflegter Brauch. lm Burgenland hingegen finden zum Beispiel Weiberfeste von verheirateten Frauen unter Ausschluss der Männer am Faschingsmontag schon statt.


Weiberfastnacht: Frauen übernehmen an diesem Karnevalstag die Macht. (Quelle: lausitznews.de/imago-images-bilder)



Darauf folgen die Tage des Faschingshöhepunkts über den Nelkensamstag, Tulpensonntag, Rosenmontag bis zum Fastnachtsdienstag, der auch Veilchendienstag genannt wird.


Am Faschingssonntag findet im Gasthof Bauernhofer in der Brandlucken der traditionelle Ledigenball unter dem Motto "Schmusen, schmausen & Schmäh führen" statt, heuer bereits zum 43. Mal! Die ursprüngliche Idee von Ferdinand Bauernhofer und Ernst Hofer, für die ledigen Männer der Gegend (damals hauptsächlich Landwirte, die keine Zeit zum Fortgehen hatten) die passenden Damen zu finden, ist inzwischen zu einem Riesenevent mit mehreren hundert Besuchern aus nah und fern geworden. Nachdem aufgrund der Anstecker sofort ersichtlich ist, ob man „ledig“, „ang’hängt“, „einen Bauern oder eine Bäuerin sucht“ oder „einen Partner oder eine Partnerin sucht“, fällt das Flirten gleich noch viel leichter. Jegliche Altersgruppe ist vertreten und schon viele haben bei diesem Ball den passenden „Deckel“ gefunden.


Am Rosenmontag finden zahlreiche Faschingspartys (Pyjamapartys) und Rosenmontagsbälle statt, und damit erreicht die Ballsaison ihren Höhepunkt. In Ebensee ist der Rosenmontag der inoffizielle Nationalfeiertag und wird mit dem traditionellen Fetzenzug gefeiert. In der Steiermark in Krakau (Bezirk Murau) wandern am "Damischmontag" (damischen Montag) die Faschingsrenner von Haus zu Haus, um den Winter zu vertreiben. In Gloggnitz (Niederösterreich) findet der traditionelle Faschingsumzug "Glogg-Au" statt.


Am Faschingsdienstag finden die Umzüge statt und bis Mitternacht wird gefeiert. Faschingssitzungen, Umzüge, Gardetanz, Tanzveranstaltungen und vieles mehr werden abgehalten. Musik und Verkleiden sind im Fasching nicht wegzudenken. Es dreht sich die Fasnacht natürlich alles um Spaß, Ausgelassenheit und Lebensfreude. Was vor allem alljährlich für Freude sorgt, ist die Verkleidung, das Maskieren, woran sich Große und Kleine erfreuen. Man sucht sich die verschiedensten, buntesten und lustigsten Kostüme aus und feiert eine unbeschwerte, sorgenfreie Zeit. Aufregende Spektakel in Österreich sind dabei die Faschingsumzüge mit Musik, guter Laune und ausreichend Faschingskrapfen. Besonders lustig ist es, wenn die Rollen getauscht werden, zum Beispiel Mann und Frau, oder das Gesinde in die Rolle des Herren geschlüpft, wie zu früheren Zeiten üblich. Schon im Altertum war es Sitte, einen Tag die Rollen zu tauschen. Diener wurden zu Herren und Herren mussten ihre Sklaven bedienen. Auch durften die Sklaven Witze erzählen und Kritik üben. Heute gibt es hierfür die Büttenreden, in denen mit allen und allem abgerechnet wird, was das Jahr über gestört hat: Politiker, Nachbarn, Gesellschaft.

In Graz findet heuer der 49. Faschingsumzug in der Grazer Altstadt statt: Über eine Stunde lang ziehen die Teilnehmer beim größten Faschingsumzug der Steiermark in Graz von der Herrengasse zum Hauptplatz und werden dabei auf ihrem Weg in ihren bunten Kostümen oder ausgefallen fahrenden Wagen von Klein und Groß am Straßenrand bestaunt und gefeiert. Dieser hat mit seiner knapp 50-jährigen Tradition aber nichts mit den alten Bräuchen, die am Land gepflegt werden, zu tun, sondern hat Anleihen von den Umzügen in Venedig und Köln.


Faschingsparade am Grazer Hauptplatz (Quelle: https://www.stadt-graz.at/fasching)




Faschingszeit ist Ballzeit

Die schwungvolle Ballsaison ist ebenfalls Teil des Faschings in Österreich. Die ersten Bälle finden ab dem Stephanietag (26. Dezember) statt. Das Ballgehen gehört genauso zum geselligen Feiern, wenn auch nicht unbedingt maskiert. Verkleidet je nachdem, der eine oder andere möge auch in Frack und Ballrobe, in Lederhose und Dirndl eine Verkleidung erkennen. Insbesondere Wien etablierte sich hier als die Ballstadt mit über Hunderten von Bällen. Der über die Grenzen hinaus bekannteste Ball ist vermutlich der Wiener Opernball, der zahlreiche Prominenz anzieht. Nicht minder bekannt ist auch der Life Ball, der Rosenball, der Bonbon Ball oder der Blumenball nebst den unzähligen Maturabällen, die in der Ballsaison stattfinden. Ein besonders zünftiger Ball wird in der Steiermark veranstaltet. Der Bauernbundball, bei dem die Tracht, die Lederhose und das Dirndl den Takt angeben. Und natürlich auch die Maskenbälle, sogenannte Redouten finden vielerorts statt. Maskenbälle, die in weniger festlichen Rahmen, in Gasthäusern stattfinden, nennt man übrigens "Gschnas" beziehungsweise "Faschingsgschnas".




Kulinarisches Faschingsbrauchtum

Dem Essen und Trinken im Fasching kommt eine besondere Bedeutung zu. Vor der Fastenzeit wird ordentlich geschlemmt! Es gibt üppige Speisen, Süßes und Alkoholisches. Am beliebten sind die runden, flaumigen Faschingskrapfen aus Germteig mit Marmelade oder Vanillecreme gefüllt oder die rumigen, rosa glasierten Punschkrapfen. Nach dem Lichtmesskrapfen werden die Faschingskrapfen am Faschingssamstag gebacken.


Beliebte Krapfen in der Steiermark: Faschingskrapfen, Germstrauben, Spagatkrapfen und Gebackene Mäuse (Quelle: https://www.steirische-spezialitaeten.at/)



In der Steiermark gibt es aber nicht nur süße Faschingskrapfen, sondern auch pikante Krapfen: die Massinger Krapfen! Von der Veitsch über das Mürztal bis ins Joglland und die Waldheimat sind sie bekannt. Hier spielen die Geschichten von Peter Roseggers Waldbauernbub, und hier lebt auch eine besondere Faschingstradition: In Massing, einer Ortschaft in der Gemeinde Krieglach, und auch in anderen Dörfern werden in der lustigen Jahreszeit Fleischkrapfen ausgebacken und pur oder mit Sauerkraut verspeist.

Am Krapfenkirtag in Mönichwald oder Veitsch zelebrieren die Bäuerinnen der Gegend alljährlich die enorme Krapfenvielfalt. Es gibt sie nämlich nicht nur zu Fasching, sondern auch süß und pikant zu Hochzeiten, Taufen oder zur Heuernte.


Bild links: Massinger Krapfen; Bild Mitte: Massinger Krapfen gefüllt mit ganzem Stück Geselchtem; Bild rechts: Steirerkrapfen mit Steirerkas



Verbunden mit Fasching und Karneval ist also Brauchtum rund um bestimmte Gerichte, die bevorzugt oder ausschließlich in dieser Zeit genossen werden. Kurz vor der Fastenzeit enthalten diese besonders die Zutaten, welche während der Fastenzeit verboten sind. Darauf wird für die Steiermark in dem angekündigten Artikel zum Foastpfingsta noch genauer eingegangen! Dies gilt nicht nur für Fleisch, sondern auch für Eier und Fett. Letzteres lässt sich auch aus vielen Bezeichnungen für den Faschingsdienstag ableiten: Mardi gras (franz.), Martedi grasso (ital.) oder Fettisdagen (schwed.) bedeuten allesamt "fetter Dienstag".


Fett bezieht sich einerseits auf fettreiche Speisen, bei denen besonders Schweinefleisch und Speck beliebt sind. Andererseits auf Gebäck, welches in Fett ausgebacken wird. Fettgebackenes wie Berliner, Krapfen, Schweizer Fasnachtschüechli, polnisches Karnevalsgebäck Faworki, welches überwiegend süß zubereitet wird, ist international in verschiedenen Varianten verbreitet. Auch Krapfen gibt es in Polen, dort heißen sie "Pączki". Häufig anzutreffen sind regionale Rezepte mit ebensolchen Bezeichnungen, die sich jedoch häufig in der Rezeptur ähneln. In Schweden werden am Faschingsdienstag Semlor (Brötchen) gegessen. In Schweden werden diese Brötchen normalerweise mit Schlagsahne unter der Schnittfläche des Brötchens und mit Mandelmasse in einer Mulde in der Mitte des Brötchens gegessen. In Dänemark haben die Brötchen Marmelade anstelle von Mandelpaste und manchmal auch Vanillecreme und heißen Fastelavnsbolle. In Finnland wird Mandelpaste traditionell wie in Schweden verwendet, aber heutzutage ist Marmelade genauso verbreitet. In Norwegen heißt das Gebäck „berlinerboller“ – es wird mit Vanillepudding oder Himbeermarmelade gefüllt. In Slowenien gibt es den „trojanski krof".


Krapfen weltweit (Quelle: https://www.kuchenpeter.at/krapfen-aus-aller-welt/)



Eine weitere Zutat, welche in Faschingsspeisen häufig vorkommt, sind Hülsenfrüchte, besonders Erbsen und Bohnen, die als Zeichen der Fruchtbarkeit gelten. Nach isländischer Tradition ist es üblich, am Faschingsdienstag Erbsensuppe und gesalzenes (Lamm-)Fleisch zu essen. Traditionell konsumieren die Isländer stattdessen die Bolla (Brötchen) am bolludagur („Krapfentag”), das ist unser Rosenmontag.


Verschiedene Faschingskrapfen aus ganz Europa: o.v.l.n.r.: Island, Slowenien, Norwegen;

u.v.l.n.r.: Schweden, Schweiz, Polen


Alldem wird noch gerne gefrönt, denn ab dem Aschermittwoch ist der Fasching vorbei und ab da wird nach christlichem Glauben streng gefastet.



Faschingsrufe

Am Faschingsdienstag hallen zudem die merkwürdigsten Sprüche und Rufe durchs Land ... Und fast jeder Ort hat seine eigene Begrüßungsformel. Sie alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber wir haben einige der lustigsten Faschingsrufe für euch zum Lernen gesammelt: Faschingsrufe in Österreich (und Deutschland):

  • Lei Lei! – Kärnten (vor allem in Villach): Der wohl bekannteste Faschingsruf des Landes, dessen Ursprung immer noch nicht eindeutig geklärt ist.

  • Wü Mau! – Eferding, Oberösterreich: “Wü Mau” ist die Dialektversion von "wilder Mann". Und letzterer hat die Stadt laut einer Sage vor Unglück gerettet. Demnach sei Eferding von Räubern belagert gewesen. Ein tapferer Schneider habe das nicht auf sich sitzen gelassen und deshalb die Belagerer mit einer überdimensionalen Strohpuppe (dem wilden Mann) erschreckt. Kein Wunder, dass der wü Mau immer noch das Stadtwappen ziert.

  • Die bekanntesten Faschingsrufe aus Deutschland im rheinischen Karneval sind "Alaaf" oder "Helau" und begleiten den Namen der Stadt: "Kölle Alaaf!" oder "Düsseldorf Helau!"



Ursprünge und Geschichte des Faschings

Der Fasching in Österreich hat eine sehr lange Tradition. Die tiefen Wurzeln der Brauchtümer liegen vermutlich in heidnischen Bräuchen. Schon in der Antike und bei den Kelten gab es ähnliche Feierlichkeiten, um das beginnende Frühjahr einzuläuten. Mit Maskierung und Tänzen huldigte man damals den Göttern und versuchte, die bösen Geister zu vertreiben. In vielen Masken, Figuren und Bräuchen scheinen sich diese vorchristliche Riten, beispielsweise solche der keltischen Religion, erhalten zu haben, die den Wechsel vom kalten Winterhalbjahr in das warme und fruchtbare Sommerhalbjahr beinhalten. Den Winter hat man versucht zu vertreiben, indem man sich als Geister, Kobolde und unheimliche Gestalten aus der Natur verkleidete und mit Holzstöcken wild um sich schlug oder mit einer Rassel oder Ratsche Lärm machte. Dabei spielten bunten Kleider, die Maskierungen sowie laute Musik bei den Umzügen eine wichtige Rolle. Auch die alten Germanen verjagten am Ende der kalten Jahreszeit mit lautem, buntem Treiben die Wintergeister. Acuh sie setzten dazu Masken auf und machten mit Glocken und Trommeln Lärm. Deshalb ziehen noch heute in Bayern, Österreich und in der Schweiz Gestalten mit Holzmasken durch die Straßen, um den Winter zu vertreiben! Unter Einfluss des Christentums entwickelten sich mitunter daraus die verschiedensten regional unterschiedlichsten Bräuche.




Traditionelle Bräuche im Fasching

In Wien mag Fasching keine so große Rolle spielen, aber am Land sind die Bräuche umso wichtiger. In der Faschingszeit ist am Land immer etwas los. Die vielen Bälle, Gschnase, Tänze und Brauchtumsläufe geben die perfekte Gelegenheit für die Jugend zur Brautschau!

Manche dieser Bräuche wurden in das Nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO in Österreich aufgenommen.


Daher darf hier auch das Faschings-Urbrauchtum, wie Glöckler-, Perchten-, Schemenläufe, etc. nicht unerwähnt bleiben. Diese Bräuche haben sich über Jahrhunderte unverändert erhalten und werden heute noch so gepflegt.


Zum immateriellen Kulturerbe zählen in der Steiermark der Ausseer Fasching und das Murauer Faschingsrennen.



Ausseer Fasching

Beim Ausseer Fasching herrscht im Ausseerland drei Tage lang regelrecht ein Ausnahmezustand. Mit den Ausseer Faschingsgestalten – den bunt verzierten Flinserl, den lauten Trommelweibern und den winteraustreibenden Pleß – gibt es hier viel zu sehen. Der steirische Ausseer Fasching findet von Faschingssonntag bis Faschingsdienstag statt. An allen drei Tagen werden Faschingsbriefe in den Gaststätten mit Lied und Tanz vorgetragen. Dabei handelt es sich um eine spielerische Rückschau auf die Lokalpolitik und das Weltgeschehen. Seit dem 18. Jahrhundert gibt es Flinserl, Trommelweiber und die Pleß. Die Trommelweiber als Form des im Fasching häufigen Geschlechtertausches begleiten den Faschingsumzug am Sonntag. Flinserl und Pleß erscheinen am Faschingsdienstag. Die Pleß mit ihren Bienenkörben auf dem Kopf stellen den Winter dar und werden von Buben mit Schneebällen verjagt.


Die Original Ausseer Trommelweiber gibt es seit 1767. Die feschen Weiber sind natürlich allesamt Männer...


Hier dazu ein Video:

Trommelweiber im Ausseerland (Copyright: @besserlängerlen.at)


Die mit Weiber-Nachthemden und -schlafhauben verkleideten Gesellen schlagen ein typisch männliches Musikinstrument nämlich die Trommel und stillen ihren Durst mit einem ebenfalls typisch männlichen Getränk: einem Doppeltgebrannten. Die Aufnahmekriterien zum Trommelweib sind hart. Den Neulingen wird nichts geschenkt – eine scharfe Pfefferoni, ein Viertel Liter Schnaps auf ex … Überlieferungen zufolge soll die Verkleidung in den Nachtgewändern, die unglücklichen Bürgersfrauen verhöhnen, die in den Nächten ihre abtrünnigen Männer in den Gasthäusern suchten.


V.l.n.r.: Fasching in Bad Aussee. Salzkammergut. Steiermark. Handkoloriertes Glasdiapositiv, um 1905. Aus: Wolf: Verschwundene Bräuche; Mitte: Flinserl - Fasching Bad Aussee, © Österreich Werbung/H.Wiesenhofer; rechts: Ausseer Flinserl beim Verteilen ihrer Gaben



Die Flinserl mit ihren prächtigen Kostümen nach Vorbild der Commedia dell‘ Arte und ihre Begleitfigur Zocherl stellen eine spezifische Faschingsformation des Ausseerlandes dar. Die venezianische Stilelemente der Flinserl scheinen mit den Salzfuhrleuten ins Ausseerland gekommen zu sein. Ihre wertvollen Kostüme werden von Generation zu Generation weitergegeben. Die Ausseer Flinserln präsentieren sich als das absolute Gegenstück zu den Trommelweibern. Während letztere derb und bieder sind, zeigen die Flinserln Hochmut und Eleganz. Männlein wie Weiblein verbergen sich hinter Larven, sind in kostbare Gewänder gehüllt, schreiten am Faschingsdienstag manierlich einher und werden von einer kleinen Musikantengruppe begleitet, die auf Geige und Flöte artige Weisen spielt. Dabei werden sie von einer einfachen Maske, dem „Zocherl", gleichsam als Leibwächter begleitet. Er trägt an einem Stock mit Schnürl eine aufgeblasene Schweinsblase, mit der er das fürwitzig herandrängende gemeine Volk auf Respektabstand hält.


Flinserl in Aussee (Copyright: www.rubrafoto.co.at)


Ganz gelingt es einem Ausseer Flinserl aber doch nicht, kühle venezianische Distanz zu wahren, vor allem wenn die Kinder „Nuß, Nuß!" rufen und die tänzelnden Flinserln ihre Gabensäcke öffnen müssen. – Bevor die Kinder aber etwas bekommen, müssen sie einen der von alters her überlieferten Faschingsverse fehlerfrei aufsagen!



Pleß mit Bienenkorb und nassem Fetzen.


Auch die Pleß ziehen durch Aussee, sie repräsentieren den Winter. In alte Kleidung gehüllt (meist weiße Overalls) mit einem umgestülpten Bienenkorb am Kopf und einen Stock in der Hand, an dem ein nasser Fetzen befestigt ist, ziehen sie durch die Gassen.




Murauer Faschingrennen

Seit 2011 gehört auch das steirische Murauer Faschingrennen zum Weltkulturerbe. Dieser kräftezehrende Brauch findet alle zwei bis fünf Jahre am "Damischmontag" statt. Ab 5.00 Uhr früh ziehen die Faschingsrennern voller Verkleidung als aufwendiger Maskenzug von Hof zu Hof und Haus zu Haus. Das Wort "damisch" hat nichts mit "Dame" zu tun, sondern geht auf germ.*þem- zurück, das seinerseits mit lat. tēmētum rauschgetränk, tēmulentus berauscht, ai. tāmyati ‘wird betäubt’ auf eine idg. wz.*tem- ‘geistig benommen, betäubt’ zurückführt.* "Damisch bedeutet sowiel wie betäubt, benommen, schwindlig weiters dumm, töricht, beschränkt und hier verrückt und unvernünftig. Das Wort ist auch mit dämlich verwandt.

Das Murauer Faschingsrennen zählt zu den ältesten Bräuchen in der Region. Die Herkunft des Faschingsbrauches ist umstritten, dieser steht jedoch im kulturgeschichtlichen Zusammenhang mit frühen Vegetation- und Fruchtbarkeitskulten, wo mit Lärm und Tanz der Einzug des Frühlings und das Erwachen der Natur eingeleitet werden.


Vom Ablauf her geht es folgendermaßen zu: Der kräfteraubende und aufwändige Umzug- und Heischebrauch wird alle zwei bis fünf Jahre meist am Faschingsmontag in mehreren Orten im Bezirk Murau ausgeübt. Die Teilnehmer bewegen sich auf Fahrzeugen oder zu Fuß von Hof zu Hof und müssen Hindernisse bewältigen: entweder eine gespannte Kette (Speng) überwinden oder die Herausforderung zum Zweikampf annehmen. Insgesamt werden bis zu 30 Kilometer zurückgelegt. Um 19 Uhr beim Abendläuten müssen die Gruppen bei der Kirche sein, wo ein Abschluss-Kranzl gelaufen wird.

An der Spitze läuft der „Wegauskehrer“ – ein ganz in Rot gekleideter Bursche mit roter Spitzkappe und einem langen Besen in der Hand, begleitet vom sogenannten „Hühnergreifer“ im Federkleid mit Habichtskopf, der am Hof nach Bettelgaben insbesondere Eiern Ausschau haltet. Darauf folgen die „Schellfaschinge“ in weißen Hemden, kurzen Lederhosen darunter weiße langen Unterhosen und grüne Stutzen. Sie tragen bunte Spitzkappen, einen Schellengürtel und Stöcke mit bunten Bändern in der Hand. Einige der Läufer, die sogenannten „Glockfaschinge“ tragen anstatt des Schellenkranzes und des bunten Spitzhutes Kuhglocken und einen Steirerhut. Die Glock- und Schellfaschinge tanzen vor jedem Hof ein „Kranzl“ und treiben mit ihrem Lärm den Winter aus.




Nun tritt die zweite maskierte Truppe, die „Rossgruppe“ in Erscheinung. Sie besteht aus dem „Roß“, unter dem sich zwei Burschen verstecken, dem Roßknecht, dem Roßschmied und dem Schinter. Jedem Haus wir das „Faschings-Ross“ zum Verkauf angeboten.

Nach Abschluss der harten Verhandlungen um den Preis des Schimmels, fällt das „Roß“ tot um. Der Käufer muss sowohl den Roßschmied bezahlen, der zuvor das Pferd beschlagen hatte, zusätzlich verlangt auch der „Schinter“ seinen Lohn. Beim nächsten Bauernhof wird das Pferd erneut zum Kauf angeboten.

Zum Schluss erscheint das Brautpaar, ein Bräutigam im Anzug und ein als Braut verkleideter Mann, eine „Vettl“. Diese laden zur „Schinterhochzeit“ ein. Bei diesem Fest feiert man ausgelassen, ist lustig und fröhlich und hofft, dass das Glück auch in diesem Jahr beistehen möge.


Lange Rede – kurzer Sinn! Hier ein Video vom Faschingrenner 2017 in Ranten, Emberg -Hochleitner (Bilder sagen mehr als 1000 Worte)!



Ein weiterer Bestandteil des Faschingrennen ist die Bärenjagd, die alle fünf Jahre veranstaltet wird. Zwei Mal am Damischmontag wird sie für Zuseher aufgeführt. Die Geschichte geht so: Der Bär reißt ein Kalb und wird daraufhin vom Wilderer erlegt. Dummerweise beobachtet der Jäger die ganze Szene und bringt den Wilderer vor Gericht – sehr zum Unmut des Bauern, der den Wilderer gegen den Jäger verteidigt. Zuletzt kommt es zu einer heiteren Gerichtsverhandlung ist die Folge, die den Zuschauern so manche Lachträne in die Augen treibt. Aufrechterhalten wird der Brauch im Fasching von Männern, insbesondere unverheirateter Burschen.


Bärenjagd mit anschließendem Prozess, Hochzeitslader und Zweikampf in Pöllau am Greim

(Fotos: https://www.markus-beren.com/)


Blouziag'n

Einer der ältesten Bräuche im Alpenraum ist das Blochziehen. Ihm liegt ein Fruchtbarkeitskult zu Grunde. Namensgebend ist das Bloch, ein langer, entrindeter und entästeter Baumstamm. Dieser steht für einen Pflug (man beachte dabei die Ähnlichkeit der beiden Wörter Blou Bloch in Mundart und plough Pflug auf Englisch sowohl schriftlich als auch die Aussprache betreffend!), der die Erde der Äcker für die Aussaat aufreißt und damit eine reiche Ernte beschwört. Ein Akt der besondere Fruchtbarkeit verheißen soll und den Frühlingsbeginn einläutet. Hierzu empfehle ich auch den Artikel zum Aufräummontag, wo am selben Tag in England der 'Plough Day' stattfindet.


Blouziag'n in Grafendorf bei Hartberg um 1950 (Quelle: Museum für Geschichte)


Daraus entwickelte sich der beliebte Faßnachtsbrauch in der Ost- und Weststeiermark. Dabei gilt, wenn im Dorf das ganze Jahr über keine Frau geheiratet hat, muss eine Braut aus dem Wald geholt werden, die einen Junggesellen aus dem Ort ehelicht. Ursprünglich fand dieser Brauch auch nur in jenen Jahren statt, in denen es im Vorjahr keine Hochzeit gegeben hat. Dabei zogen die „sitzen gebliebenen“ Burschen und Mädchen den festlich geschmückten Baumstamm die sogenannte „Bloch- oder Waldbraut“ durch die Straßen des Dorfes. Auf dem Stamm saß der „Bräutigam“ in Frack und Zylinder. Andere Varianten sind, dass ein verkleidetes, falsches Brautpaar neben dem Bloch herschreitet, oder dem Zug wird von einer Hochzeitskutsche mit Brautleuten und Wägen, die die Geistlichkeit und die Dorfgerichtsbarkeit chauffieren, gefolgt.


Der Urteilsspruch für die Blochzieherinnen lautet:

„Weil wir nicht getreten in das Ehejoch, darum müssen wir ziehen das schwere Bloch!“

Heutzutage genügt oft der Wille zum Ziehen, meist sind es Vereine, die diesen Brauch veranstalten, und das Ziehen des schweren Blochs übernimmt dabei meist ein Traktor. In der Mitte des Stammes steckt ein bunt geschmücktes Fichtenbäumchen, der sogenannte Lebensbaum.


Blochziehen in Peggau-Deutschfeistritz



Auch im Umland von Graz wurde ein Bloch an einen Schlitten oder Wagen gebunden und von den ledigen Frauen durch das Dorf gezogen. Die Burschen halfen mit, da dies die baldige Hochzeit bedeuten sollte. In Kärnten im Gailtal wurden die Frauen von peitschenknallenden Männern angetrieben. Aus Innsbruck ist aus dem Jahr 1460 überliefert, dass Frauen ein Bloch oder einen Pflug durch die Straßen ziehen dies galt als Strafe für das Ledigbleiben. Somit gehört das Blochziehen zu den Rügebräuchen.


Blochziehen in St. Kathrein am Offenegg in den 1970er Jahren und in Sörg, Kärnten


In der Steiermark ist das Blochziehen sonst noch im Joglland bekannt sowie in einigen burgenländischen Gemeinden hierbei decken sich die Gebiete zum Teil mit also mit jenen des Einzugsgebiets der Budlmutter und der Luz. Auch in der Weststeiermark und im Almenland wird der Brauch ausgeübt. In Kärnten ist das Blochziehen ebenfalls ein lebendiger Brauch.


Blochziehen in Fiss 1921 (Quelle: https://www.blochziehen.at/de/geschichte)

Auch im Ötztal in Tirol wird dieser beliebte Brauch des Blochziehens ausgeübt. Besonders bekannt dabei das Blochziehen in Fiss, welches 2011 ebenfalls in das Nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO in Österreich aufgenommen wurde.




G'schallamandl und der Hüter der Waldbraut

Ein weiteres Maskenpaar hat früher jedes Blochziehen begleitet: eine Strohmaske und eine mit immergrünem Reisig verhüllte Gestalt. Heute sind diese Figuren in manchen Orten schon in Vergessenheit geraten, doch sind gerade sie wichtige Symbolgestalten im Fasching: die dürre Maske, aus Maisstroh hergestellt, verkörpert den Winter, die grüne Reisiggestalt stellte das Frühjahr, die wieder erwachende Natur dar. Dieser Gegensatz ist Inhalt vieler Faschingsbräuche.


Im Burgenland in Pinkafeld werden G'schallamandl aus Kukuruzstroh auch als Krippenfiguren angefertigt. Diese erinnern an die Birghid-Stroh-Puppen aus Irland und die Biddy Boys, die am Vorabend von St. Birghid (1. Februar) durch die Gegend ziehen. Die Biddy Boys sind eine Gruppe von Männern, die sich mit Strohhüten und Frauenkleidern verkleiden und mit einer Strohpuppe oder Brideog von Haus zu Haus gehen. Sie fordern Zutritt und unterhalten die Bewohner mit Musik und Gesang und fordern dann eine Belohnung. Die Details variieren von einem Teil des Landes zum anderen. Details zum St. Birghid's Day sind im Beitrag zu Mariä Lichtmess zu finden.



Je nach Landschaft heißt die Strohmaske im Oststeirischen „G’schallamandl“, nach den getrockneten Schalen bzw. Hüllblättern der Maiskolben, in der Weststeiermark „Laschi“. Die Reisigmaske wird als "Waldteufel", als "Hüter der Waldbraut" oder einfach als "der Grüne“ bezeichnet.


G’schalermandl, Figur aus dem Blochziehen, Foto: UMJ/ Nicolas Lackner (Quelle: https://www.museum-joanneum.at/blog/fasching-in-der-steiermark/)



Fasching verbrennen

Zu Mitternacht hat all das narrische Treiben sein Ende, und zuletzt muss der Fasching begraben oder verbrannt werden.

Am Faschingsdienstag um Punkt 24:00 Uhr endet der Fasching und mit ihm die Zeit des Schlemmens und Trinkens, des ausgelassenen Feierns und des Tanzens. Kostümierung und anonyme Ungezwungenheit sind nun nicht mehr legitim. Der Zusammenhang zwischen Fasching und Fastenzeit wurde schon in sehr früher Zeit hergestellt – es war der Kirchenvater Augustinus, der ein Zwei-Staaten-Modell entwarf: einen Gottesstaat (civitas dei) und einen Staat des Teufels (civitas diaboli), der im Fasching Ausdruck findet. In der Fastenzeit hingegen nähere sich die Menschheit mit Beten und Buße wieder dem Gottesstaat an, so die Überzeugung. Des Weiteren birgt die Faschings- und Fastenzeit eine Zeit des Übergangs, bei der eine Zeit in die andere übergeht – der Winter wird zum Frühling. Mancherorts wird am Aschermittwoch der Fasching, eine kostümierte Strohpuppe, die alle „Laster“ der vorangegangenen Tage in sich vereint, in einem parodierten Begräbnis zu Grabe getragen. In manchen Gemeinden ist es Tradition, den personifizierten Fasching zu köpfen, zu erschießen, zu verbrennen, zu begraben oder ihn auf einem Fluss auszusetzen Besonders gebräuchlich ist das Faschingverbrennen in Oberösterreich.

Mit dem Fasching-Verbrennen wird am Aschermittwoch im Salzkammergut ein markanter Schlusspunkt unter die närrischen Tage gesetzt. Eine überdimensionale Fetzenpuppe ging dabei am Ebenseer Traunufer in Rauch und Flammen auf. Neben dem Prinzenpaar und dem Faschingsrat nahmen hunderte Zuschauer Abschied von der närrischen Zeit.

Zuallerletzt geht es dann noch zum traditionellen Geldtascherlwaschen, wobei die konditionsstärksten Faschingsfreunde ihre nach den Faschingstagen zumeist leere Geldbörserl einer Generalreinigung unterziehen. Aber auch in der Kaiserstadt Bad Ischl verabschiedet man sich am Aschermittwoch vom Fasching. Eine Faschingspuppe wird dazu mit großem Zeremoniell zu Grabe getragen, angezündet und anschließend in der Traun versenkt.

Tradionelles Faschingverbrennen am Traunufer






Quellen:

Helga Maria Wolf: Verschwundene Bräuche – Das Buch der untergehenden Rituale, 2015.

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