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Die Karwoche


In der Karwoche gedenken wir in besonderer Weise des Leidens, Sterbens und Todes Jesu Christi. Sie dauert von Palmsonntag mit der Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem, umfasst die stillen Tage Montag bis Mittwoch, und es folgen am Abend des Gründonnerstags das Gedächtnis an das letzte Abendmahl sowie am Karfreitag die Feier vom Leiden und Sterben Jesu. Der Karsamstag gilt als Tag der Grabesruhe Jesu Christi. Die Karwoche mündet in die Feier der Osternacht. Sie wird auch Osterwoche, Heilige Woche, Marterwoche oder Stille Woche genannt.


Der Kalvarienberg von St. Radegund bei Graz. Der Kreuzweg hat 21 kleine Kapellen. Der barocke Kalvarienberg ist weit mehr als nur ein Kreuzweg. Steht man an seinem Fuße, lässt sich beinahe die gesamte terrassenförmig errichtete Anlage mit einem Blick umfassen. In seinen 21 Kapellen mit über 30 Nischen wird die gesamte Passion Christi bis zur Auferstehung dargestellt. Meditationstexte bei allen Stationen bis hinauf zur Heiligen Stiege lassen den aufmerksamen Besucher Kraft und Hoffnung schöpfen. Bald nach der 1768 begonnenen Erbauung strömten Pilger und Wallfahrer herbei und suchten Heil und Heilung bei der in der Kalvarienbergkirche aufgestellten Statue des gegeißelten Heilands. (Foto: Kalvarienbergverein St. Radegund)




Fasten und keine Hl. Messe

Die Bezeichnung Karwoche ist ein traditioneller Begriff aus dem deutschsprachigen Raum. Die Karwoche galt – wie die gesamten Fastenzeiten vor Ostern oder Weihnachten – im Christentum als eine sogenannte geschlossene Zeit, in der öffentliche Festlichkeiten (Tanzverbot) oder Kirchliche Trauungen nicht stattfinden durften. In allen christlichen Konfessionen gelten Einschränkungen für die Karwoche. In der römisch-katholischen Kirche werden bestimmte, mit einem freudigen Festgeheimnis verbundene Sakramentalien nicht gespendet. Der Karfreitag gilt als Fast- und Abstinenztag, an dem man nur eine sättigende Mahlzeit zu sich nimmt und keine Fleischspeisen isst. Der Karfreitag und der Karsamstag sind die einzigen Tage im Kirchenjahr, an denen keine heilige Messe gefeiert wird.


Besonders am Karfreitag ist das Fasten in der Karwoche für viele gläubige Menschen ein Gebot. Meine Großmutter fastete am Karfreitag bei Wasser und Brot, und auch sonst wird der Freitag bei uns als fleischloser Tag eingehalten. (Foto: Joerg Hennig)




Kreuzverhüllung

Bereits am fünften Sonntag der Fastenzeit, dem Passionssonntag und dem Beginn der eigentlichen Passionszeit, werden die Kreuze in den Kirchen zum Zeichen der Trauer verhüllt, auch Reliquiare, kostbare Evangeliare oder Lichterkronen wurden im Mittelalter verhüllt, und zwar häufig schon ab Aschermittwoch oder von der Terz am Montag nach dem ersten Fastensonntag. Sind Triptychen und Flügelaltäre vorhanden, sind diese häufig zugeklappt und zeigen die einfacher gestaltete Rückseite der Flügel. Im Mittelalter bestanden die Velen zur Verhüllung der Kreuze meist aus weißem Leinen. Heute können sie aus Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinen bestehen. Für die Farbe ist violett vorgeschrieben; bis zur Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde das Kreuz auf dem Hochaltar am Gründonnerstag mit einem weißen Velum verhüllt.


Vom 5. Fastensonntag - also dem früheren "Passionssonntag" - an bis einschließlich Karfreitag werden die Kreuze verhüllt und sie bleiben dies bis zur Kreuzenthüllung und -verehrung in der Liturgie des Karfreitags.




Die Glocken fliegen nach Rom...

Einem jahrhundertealten Brauch gemäß schweigen in allen römisch-katholischen Kirchen aus Trauer um das Leiden und Sterben Jesu Christi vom Gloria der Messe vom letzten Abendmahl am Abend des Gründonnerstags bis zum Gloria in der Feier der Osternacht die Glocken (teilweise auch der Uhrschlag). Im Volksmund heißt es, „die Glocken fliegen nach Rom“.


Ab Gründonnerstag Abend verstummen die Kirchglocken im ganzen Land. Die Glocken sind aus christlichen Kirchen nicht wegzudenken und blicken auf eine fünftausendjährige Geschichte zurück.



Als Ersatz werden Schlagbretter, Ratschen, Klappern und ähnliche Holzwerkzeuge genutzt, um die Gläubigen an die Gebets- und Gottesdienstzeiten (Angelus, Stundengebet) zu erinnern. Auch die Altarschellen werden durch solche Klappern ersetzt. Es wird weder die Orgel noch ein anderes Musikinstrument gespielt. Stattdessen wird in den Gottesdiensten a cappella gesungen. Der Verzicht auf Glockenläuten und feierliches Orgelspiel wird auch in manchen evangelischen Kirchen geübt.





Wortherkunft von "Kar"

(auch charwoche, karrwoch, karchwoche)


Mittelhochdeutsch karwoche; darin steckt mittelhochdeutsch kar „Trauer, Wehklage“, althochdeutsch kara, germanisch karō „Sorge, Kummer“, das seit dem 9. Jahrhundert belegt ist.



Karfreitag m. ‘Tag der Kreuzigung Christi, Freitag vor Ostern’, mhd. karvrītac (neben häufigerem kartac). Das Kompositum ist eine Bildung mit im Nhd. untergegangenem ahd. kara (9. Jh.), mhd. kar ‘Trauer, Wehklage’, asächs. kara ‘Sorge, Klage’, aengl. caru, cearu, engl. care ‘Sorge, Kummer’, anord. kǫr ‘Bett’, besonders ‘Krankenbett’, dichterisch ‘Kummer, Schmerz’, got. kara ‘Sorge’ (germ. *karō). Dieses gehört mit ahd. karōn (um 800), asächs. karon ‘wehklagen’, karm ‘Wehklage’, aengl. carian ‘sorgen’, cearm, cirm ‘Lärm, Geschrei’, got. (ga)karōn ‘sich kümmern’, mhd. karmen, karn ‘trauern, klagen’, mnd. karmen ‘wimmern, jammern, seufzen’ und den außergerm. Verwandten osset. zaryn (зapын) ‘Gesang’, zard (зap∂) ‘Lied, Gesang’, griech. gḗrys (γῆρυς) ‘Stimme, Ruf’, lat. garrīre ‘schwatzen, plaudern, plappern’, air. gairm ‘Ruf, Geschrei’, gāir ‘Geschrei’, gāire ‘Lachen’, kymr. gawr ‘Geschrei, Kampf’ zu einer Schallwurzel ie. *g̑ā̌r- ‘rufen, schreien’. – Karwoche f. ‘Woche vor Ostern’, mhd. karwoche. Alles von idg. *gā̆r-, V., rufen, schreien und idg. *ger- (2), V., schreien, tönen, knarren.


5. Station des Kreuzwegs: Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen. Die Kreuzwegandacht kann zu jeder Zeit gebetet werden, an Freitagen, in der Fastenzeit, in der gesamten Karwoche, besonders aber am Karfreitag zur Sterbestunde Jesu um 15 Uhr.




Bräuche und Aberglaube

In der Karwoche waren geistliche Schauspiele üblich, um Leiden, Sterben und Auferstehung Jesu dem Volk sinnfähig näher zu bringen, um es zum Mitgefühle anzuregen und zur Teilnahme mit dem Gemüte anzuregen, so formulierte der Musikwissenschaftler Josef Mantuani (1860-1933). Als Beispiele nannte er Trauermette, Fußwaschung, Grablegung, Passionssingen und Auferstehungsfeier. Seit dem 13. Jahrhundert gibt es schriftliche Überlieferungen für Passions- und Osterspiele.


In Südtirol bestanden am Mittwoch in der Karwoche Arbeitsverbote. Es war der sog. Krumme Mittwoch. Man erzählte sich, dass sich an diesem Tag Judas an einem Weinstock erhängt habe, darum sollte man Weinreben zu diesem Zeitpunkt nicht schneiden. Man sollte auch in der Karwoche Erdarbeiten unterlassen, weil der Herr ins Grab gelegt wurde. So sollte in der Karwoche niemand graben und pflügen, um Christus nicht im Grab zu beunruhigen. Vermutlich hat man früher geglaubt, dass die Totenruhe gestört sei und sich Tote so aufwecken ließen. Besonders darf man in der Osterwoche am Karfreitag und Karsamstag nicht auf dem Acker arbeiten; Gründonnerstagsarbeit ist dagegen günstig. In der Karwoche soll man die Arbeit aufs notwendigste beschränken, vor allem soll man nicht kehren; aufs Feld gefahrener Dünger hat keine Kraft!


Hammer und Nagel durften am Karfreitag nicht verwendet werden. Gleichzeitig hieß es auch, dass manche Bauern ihre Tiere vor Seuchen schützten, indem sie drei Nägel in die Stalltür schlugen. Gleiches hoffte man zu erreichen, indem man vor Sonnenaufgang etwas Erde aus dem Garten über das Futter der Tiere streute. Und wer ein hartgesottenes Karfreitags-Ei am Ostersonntag dreimal über das Dach warf, schützte sein Haus angeblich gegen Blitzschlag. Wer am Karfreitag kehrt, bekommt viele Mücken ins Haus. Am Karfreitag soll man kein frisches Hemd anziehen. Ein Bad in fließendem Wasser in der Karfreitagsnacht soll das Reißen vertreiben, noch vor wenigen Jahren sollen deswegen im Erzgebirge Männer in besagter Nacht in einem kleinen, über Felsen rauschenden Bach gebadet haben, obgleich rund herum alles mit Schnee und Eis bedeckt war. Ein Bad aus dem um Mitternacht des Karfreitags geschöpften Wasser läßt schwächliche Kinder gedeihen (Schlesien). Ohne Angabe der Tageszeit liegen folgende Angaben vor: Wer sich im Wunderwasser des Karfreitags badet, bleibt im folgenden Jahr von Krätze verschont und ist auch sonst an Leib und Seele fröhlich. Wenn man am Karfreitag früh die Nägel an Händen und Füßen abschneidet, diese in ein Lümplein bindet und das an einem Kirschbaum aufhängt, so hat man das ganze Jahr kein Zahnweh. Andererseits soll man sich am Freitag die Nägel und auch die Haare nicht schneiden. Um das Geflügel gegen Raub zu sichern, rupft man am Karfreitag früh allem Federvieh je drei Federn aus und trägt sie in eine Nachbargemeinde. Dadurch wird das Geflügel im selbigen Jahre vor Raubzeug geschützt.


Drei Nägel in die Stalltür geschlagen, soll die Tiere vor Seuchen schützen; drei Palmkatzerl am Palmsonntag auf nüchternen Magen halten das ganze Jahr lang gesund; wer am Gründonnerstag oder am Karfreitag frühmorgens einen Apfel nüchtern isst, der bleibt das ganze Jahr vor Krankheit geschützt.



Wer am Ostermorgen, am Gründonnerstag, am Karfreitag, an Weihnachten oder an Pfingsten frühmorgens einen Apfel nüchtern isst, der bleibt das ganze Jahr vor Krankheit (besonders Fieber, Zahnweh) geschützt. Die Heringsseele (Luftblase), am Karfreitag gegessen, hilft gegen Impotenz. Am Karfreitag ist das Backen wegen Hexengefahr verboten. Die Karfreitagnacht gilt als besondere Hexennacht. Nur in Schlesien ist an diesem Tag gut backen. Dieses Brot hält sich nach rheinischem Aberglauben ein ganzes Jahr; nach dem Glauben der Deutschamerikaner ist Karfreitagsbrot gut für Wunden. In Österreich darf man in der ersten Woche von Ostern den Sauerteig nicht über Nacht stehen lassen, sonst kommt der Theodor und das Brot missrät. Wer in der Karwoche seine Betten frisch bezieht, beschwört Krankheiten herauf. In Schlesien braucht man am Karfreitage nur mit einer Hacke an die Bettstelle zu schlagen, so verschwinden die Wanzen. Wer verhindern möchte, daß der Teufel zu Besuch kommt, sollte ein Kreuz mit Kreide unter sein Bett malen. Wer sein Feld düngt, bringt das ganze Dorf in Gefahr, natürlich nur in der Karwoche. Ähnliche Bräuche gab es am Karsamstag. Gegen Blitzschlag sollten die in der Osternacht geweihten Kohlen helfen, die bei großen Unwettern ins offene Feuer geworfen wurden. Diese Kohlen wurden den Tieren in zerriebener Form unter das Futter gemischt, um Krankheiten von ihnen fernzuhalten. Am Karfreitag werden die Bienekörbe mit Schrotmehl umstreut, das bringt Glück. in Ungarn gilt, dass Bienekörbe, die am Karfreitag geputzt werden, reichlichen Honigertrag bringen. An Mariä Verkündigung werden die toten Bienen gesammelt, am Karfreitag vor Sonnenaufgang an jeder Ecke des Gartens vergraben, dann fliegen die Bienen beim Schwärmen nicht weg. Das geweihte Wasser sollte man während des Glockenläutens in der Auferstehungsfeier an die Obstbäume schütten, damit sie reiche Ernte tragen. Gartenblumen, die am Gründonnerstag oder Karfreitag gesät wurden, erhalten schöne Farben oder werden gefüllt. Auch Ableger nimmt man am Gründonnerstag von den Blüten.


Eine ganz besondere Bedeutung kam den Osterfeuern zu. Die dabei angebrannten Holzstöcke steckte der Bauer in die Felder, um Unheil zu bannen. Die Weihkorbdecken mit dem IHS-Symbol (Jesus, Heiland, Seligmacher) sollte man nur selten waschen – segensreiche Kräfte könnten aus dem Gewebe gehen. Bei der Fleischweihe sollte man das Deckerl ein wenig zur Seite geben, damit der Weihrauch in das Fleisch eindringt.




Quellen



Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 1, Herausgegeben von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard Hoffmann-Krayer mit einem Vorwort von Christoph Daxelmüller (1987)


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